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ADB:Lehmann, Johann Georg (pfälzischer Historiker)

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Artikel „Lehmann, Johann Georg“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 145–147, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lehmann,_Johann_Georg_(pf%C3%A4lzischer_Historiker)&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 06:37 Uhr UTC)
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Band 18 (1883), S. 145–147 (Quelle).
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Lehmann: Johann Georg L., pfälzischer Geschichtsforscher. Der Geburtsort dieses verdienstvollen Mannes ist Dürkheim a. d. Haardt in der baier. Rheinpfalz, wo er den 24. December 1797 als Sohn des dortigen reformirten Pfarrers Joh. Wilh. L. geboren ward. Nachdem er die humanistische Anstalt (Collége) seiner Vaterstadt besucht, bezog er 1814, um Theologie zu studiren, die Universität Heidelberg, wo er der freisinnigen Richtung der Professoren Schwarz, Daub und Paulus sich anschloß, der er auch zeitlebens unverbrüchlich treu blieb, obschon mit den dreißiger Jahren die politische und in deren Gefolge auch die kirchliche Reaction sich über ganz Deutschland und besonders über die Pfalz verbreitete. Neben seinem Fachstudium gab er sich schon in Heidelberg mit Vorliebe dem der Alterthumswissenschaften hin, welche später so stark hervortrat. Im J. 1822 erhielt er seine erste Anstellung als Pfarrverweser zu Ellerstadt, wo er auch sein Erstlingswerk „Geschichte des Klosters Limburg“ verfaßte, wurde dann 1824 Pfarrer zu Altleiningen, 1828 zu Weisenheim am Berg, sodann 1840 zu Kerzenheim und endlich 1846 durch königliche Cabinetsordre zu Nußdorf bei Landau, eine Stelle, auf welcher er auch sein Leben beschloß und 30 Jahre lang als Geistlicher in Segen wirkte und ein ehrendes Gedächtniß seines Namens auf lange hinaus sich gestiftet hat. Aber mit dem pfarramtlichen Wirken war seine Thätigkeit nicht abgeschlossen. Was ihm einen Ruf verschaffte weit über die Grenzen der Pfalz, das war seine Bedeutung [146] als Geschichtsforscher und zwar hatten sich seine geschichtlichen Studien fast ausschließlich seiner Heimath, der Pfalz am Rhein, zugewendet. Nachdem er, seine Kraft gleichsam übend und prüfend, die Geschichte des Leininger, Dürkheimer und Neustadter Thales, sowie verschiedener Städte und Klöster verfaßt, schrieb er sein Hauptwerk „Urkundliche Geschichte der Burgen und Bergschlösser der bayrischen Pfalz“, 1857–66, 5 Bde., 8°, über welches Buch er selbst sagt, daß er dazu 20 Jahre mit bedeutenden Kosten die Materialien in vielen Archiven gesammelt habe und daß es ein Werk sei, wie wol keine deutsche Provinz eines gleichen sich werde rühmen können. Denn durch seine Forschungen ist die Geschichte der Pfalz aus dem Dunkel der Vergangenheit ins helle Licht getreten, und es zeigte sich, welch’ ein reiches Leben auf dem pfälzischen Boden ehemals sich entfaltet hatte. Allerdings hat man und nicht ohne Berechtigung, seinen historischen Schilderungen den Vorwurf gemacht, daß sie hier und da trocken und nüchtern, und, weil doch zunächst für seine näheren Landsleute bestimmt, nicht populär genug geschrieben seien, aber dafür wird derjenige, welcher tiefer eingeht, hinreichend entschädigt durch die anziehende Fülle geschichtlichen Materials, das sich anderswo vielfach verwerthen läßt. Auch wird nirgends die kundige Hand der geschickten Zusammenstellung vermißt werden. Gründliche Forschung und fachgetreue Darstellung, diese zwei Haupteigenschaften eines Geschichtsforschers, besaß L. in hohem Grade und er wurde dabei unterstützt durch den seltenen Fleiß, mit dem er die Hülfswissenschaften der Geschichte anbaute. In der Alterthums-, Wappen-, Siegel- und Münzkunde war er vollständig Sach- und Fachkenner, in der Diplomatik, d. i. im Lesen und Erklären alter Urkunden war er anerkannter Meister und nicht selten kamen die Heidelberger Professoren Häusser und Gervinus, sowie andere zu dem einfachen Pfarrer von Nußdorf, um sich in dieser Hinsicht bei ihm Rath und Aufschluß zu erholen. Die ausgezeichneten Verdienste des Mannes wurden denn auch vielfach von außen anerkannt und gewürdigt. Er wurde zum Mitgliede mehrerer gelehrten Gesellschaften, so auch der Akademie der Wissenschaften zu München ernannt und erhielt Orden und Auszeichnungen jeder Art. Aber was seine Verdienste noch mehr hervorhebt, ist, daß sich in L. mit dem hervorragenden Gelehrten der gerade, echt deutsche Biedermann verband, der im Umgange einfach, herzlich und gemüthlich war. Dabei war er ein treuer Anhänger der unirten, d. h. der vereinigten reformirten und lutherischen Kirche der Pfalz. Von anderen seiner geschichtlichen Arbeiten verzeichnen wir, für die übrigen auf die unten stehenden Quellen verweisend, die nachfolgenden: „Geschichte der Herren und Grafen von Falkenstein am Donnersberge“ (geschrieben 1843 und 1872 erschienen als dritte Mittheilung d. histor. Vereins der Pfalz); „Geschichte des Stifts zum heil. Philipp von Cell in der Pfalz“, 1845, eine wissenschaftliche Monographie, die dem Verfasser seitens seiner theologischen Amtsgenossen viele Unannehmlichkeiten bereitete, weil man ihn und zwar wider besseres Wissen deswegen der Liebäugelei mit dem Katholicismus beschuldigte; „Geschichte der freien Reichsstadt Landau“, 1851; „Geschichte der Stadt Kaiserslautern“, 1853; „Urkundliche Geschichte der Grafschaft Hanau-Lichtenberg“, 1862–63; „Geschichte der Grafen von Zweibrücken“ 1864; „Geschichte der Grafen von Sponheim“, 1869. Seine Schrift „Dreizehn Burgen des Unter-Elsasses und Bad Niederbronn“, Straßb. 1878, bearbeitet nach ähnlichen Grundsätzen wie sein Hauptwerk über die pfälzischen Burgen wurde auf elsässische Staatskosten gedruckt. Seine große und werthvolle Urkundensammlung, enthaltend eine sehr bedeutende Anzahl merkwürdiger, zum Theil sehr alter Urkunden der deutschen Kaiser, der Bischöfe von Speyer, der pfälzischen Kurfürsten und zweibrückischen Herzoge, der pfälzischen Städte, Edlen [147] und Klöster, darunter namentlich ein ganzes Urkundenarchiv des ehemaligen Klosters St. Lambrecht in der Pfalz, ist nach seinem Tode von der Universität Heidelberg käuflich erworben und ein großer Theil der übrigen Sammlungen, worunter besonders Münzen aus der karolingischen Zeit, in das Eigenthum des Alterthumsvereins zu Mannheim übergegangen. L. starb den 5. August 1876.

Nach persönlichen und Familien-Mittheilungen; vgl. außerdem Giesebrecht, Nekrolog auf Lehmann in der öffentlichen Sitzung der k. Akademie d. Wiss. zu München vom 28. März 1877, S. 79–81. Hautz, Gesch. der Universität Heidelberg, I. 118, 179, 440; II. 8, 9, 112, 114, 115. Union (evangel.-protest. Kirchenblatt der Pfalz), 1876, S. 210–211. Kaiserslauterer Zeitung, 1877, Nr. 201–203. Pfälz. Kurier (Polit. Zeitung), 1877, Nr. 24, 41, 51.