ADB:Lehmann, Johann Georg (Geodät)
[142] Werbern, und obwol ihn ein Edelmann der Umgegend vorläufig in Schutz nahm, so mußte er doch später gezwungen der Fahne folgen. Da er eine gute Hand schrieb, wurde er bald zum Compagnieschreiber befördert, und als sein Regiment nach Dresden verlegt ward, erlaubte man ihm sogar die dortige Kriegsschule zu besuchen. Hauptmann Backenberg, deren Chef, erkannte das graphische Talent des jungen Mannes und veranlaßte, daß derselbe in das Regiment des Generals v. Langenau [WS 1] als Sergeant aufgenommen wurde. Offizier konnte er jedoch aus Mangel an Mitteln zur Equipirung nicht werden, und so erhielt er, um sich ganz der Topographie widmen zu können, 1793 seinen Abschied. Er vermaß nunmehr mit einem von ihm verbesserten Meßtische die sächsischen Gebirgsgegenden und verfiel bei dieser Veranlassung auf seine berühmte Methode der Situationszeichnung. Dadurch machte er sich in weiteren Kreisen bekannt; man machte ihn zuerst zum Straßenaufseher des Wittenberger Kreises und alsdann zum Lieutenant und Lehrer an der sächsischen Ritterakademie. Im Feldzuge von 1806 zeichnete er sich mehrfach aus. Als im Jahre darauf Sachsen an Frankreichs Seite seinen früheren Verbündeten bekämpfen mußte, wurde der jetzige Kapitän L. bei den Belagerungen von Danzig und Graudenz verwendet, eine Thätigkeit, welche seine Gesundheit völlig untergrub. 1809 vermochte er zwar noch den Grundriß der neu erworbenen Stadt Warschau anzufertigen, allein schon ein Jahr später mußte er zunehmender Kränklichkeit halber nach Dresden zurückberufen werden, wo er zum Major und Plankammer-Inspector ernannt ward. Lange Leiden gingen seinem frühen Tode voran. Man hat von ihm außer einigen Plänen, worunter derjenige von Dresden (ibid. 1801) hervorragt, und außer einigen kriegswissenschaftlichen Aufsätzen (z. B. über die Schlacht bei Friedland) ein großes Werk, „Die Lehre vom Situationszeichnen“, welches allerdings erst nach des Verfassers Tode von seinem Freunde, Professor G. A. Fischer, herausgegeben worden ist (2 Bde., 1812–16). Die charakteristischen Grundzüge seines Systemes sind aber bereits in der 1799 herausgekommenen Schrift „Darstellung einer neuen Theorie zur Bezeichnung der schiefen Flächen“ enthalten. Diese wichtige, noch heute allseitig anerkannte, Theorie der Bergzeichnung verwendet im wesentlichen den Satz, daß die Helligkeit einer von vertikalen Strahlen getroffenen Ebene dem Cosinus des Winkels proportional ist, welchen sie mit der Horizontalebene bildet, daß also eine Fläche mit um so schwärzerer Schattirung zu versehen ist, je steiler ihr Abfall sich gestaltet. Jede Böschung wird demgemäß durch weiße und schwarze abwechselnde Striche dargestellt, und zwar werden die letzteren mit zunehmender Steilheit immer dicker, die ersteren im gleichen Maße dünner und dünner.
Lehmann: Johann Georg L., Geodät und Topograph, geboren den 11. Mai 1765 in der Johannismühle bei Baruth (Niederlausitz), † den 6. September 1811 zu Dresden. Als Mühlknappe dienend, fiel L. in die Hände von- Brockhaus’ Conversationslexikon. – v. Bauernfeind, Elemente der Vermessungskunde, 2. Bd., Stuttgart 1879, S. 523 ff.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ wohl der Vater von Friedrich Karl Gustav Freiherr von Langenau