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ADB:Lette, Adolf

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Artikel „Lette, Wilhelm Adolf“ von Carl Leisewitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 459–460, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lette,_Adolf&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 20:39 Uhr UTC)
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Lette: Dr. Wilhelm Adolf L., Präsident des königl. preußischen Revisionscollegiums für Landescultursachen, † in Berlin am 3. Decbr. 1868. – Als Sohn eines geachteten Landwirths am 10. Mai 1799 zu Kienitz in der Neumark geboren, kam er früh nach Berlin, um seine Schulbildung an dem dortigen Gymnasium zum Grauen Kloster zu erlangen. Nach Absolvirung desselben widmete er sich seit Herbst 1816 dem Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten zu Heidelberg, Göttingen und Berlin, dehnte jedoch nebenher seine Studien auch auf die Staatswissenschaften und auf die Hegel’sche Philosophie aus. In Folge seiner Betheiligung am Wartburgfeste gerieth er noch als Candidat der richterlichen Laufbahn in die sog. demagogischen Untersuchungen, wurde auch zu einer kleinen Gefängnißstrafe, sowie zur Ausschließung vom Staatsdienste verurtheilt; aber schon bald wieder von diesem Banne befreit, erhielt er mit Rücksicht auf die inzwischen von ihm gelieferten tüchtigen selbständigen Arbeiten im Januar 1821 den Dienst eines Auscultators am Gerichte zu Frankfurt a. d. O. – Nach kurzer Amtsthätigkeit in dieser und einer ähnlichen Stellung in Landsberg wurde er 1825 bei der Generalcommission zu Soldin angestellt, 1834 nach Stargard versetzt und 1835 zum Oberlandesgerichtsrath in Posen ernannt. Hier zeichnete er sich bald durch hervorragende juristische Befähigung, durch große Umsicht und Energie, sowie durch volles Verständniß für die Aufgaben des politischen und socialen Lebens aus, so das er bereits 1840 zum Dirigenten der volks- und landwirthschaftlichen Abtheilung [460] an der Regierung zu Frankfurt a. d. O. befördert und im April 1843 als vortragender Rath in das Ministerium des Innern berufen wurde. Als Jurist und Verwaltungsbeamter gleich tüchtig, entfaltete er an dieser Stelle eine bedeutende Thatkraft und arbeitete mit vielem Eifer an der Vervollkommnung der Wirthschafts- und Agrarpolitik, wie an der Erschließung der Quellen des Nationalwohlstandes. Unter seiner Mitwirkung kam 1845 die Errichtung des Revisionscollegiums für Landescultursachen zu Stande, dessen Präsidium ihm von vornherein reservirt war. Hiermit that sich ihm ein umfangreicher und dankbarer Wirkungskreis auf, welcher seinem rastlosen Streben für das öffentliche Wohl und seiner unermüdeten Arbeitskraft großen Spielraum gab. Von der hohen Bedeutung einer gerechten und weisen Landescultur-Gesetzgebung durchdrungen, war er unablässig auf deren weitere Ausbildung bedacht, um die Landwirthschaft in Preußen zu heben, die bäuerlichen Verhältnisse zu ordnen und einen allgemeineren volkswirthschaftlichen Aufschwung anzubahnen. Neben dieser Hauptaufgabe widmete er aber auch seine Kraft gerne der Förderung anderweitiger Aufgaben eines höheren Culturlebens, und es war ihm vergönnt, in mannigfaltiger Weise auf den Gebieten der legislatorischen und verwaltenden, der richterlichen und schriftstellerischen Thätigkeit mit segensreichem Erfolge zu wirken. Einer solchen Tendenz gemäß wandte er der Begründung, Einrichtung und Leitung verschiedener gemeinnütziger Vereine, z. B. des Centralvereins für das Wohl der arbeitenden Classen, des Berliner Handwerkervereins, des Vereins zur Förderung der Erwerbsthätigkeit des weiblichen Geschlechtes, des Congresses deutscher Volkswirthe, der Pestalozzistiftung u. a. m. seine rege Mitwirkung zu. Das Jahr 1848 sah ihn als Mitbegründer und Leiter des constitutionellen Clubs in Berlin; demnächst mit einem Mandat zur deutschen Nationalversammlung betraut, schloß er sich der sogen. Casinopartei an und war besonders im volkswirthschaftlichen Ausschuß thätig. Die parlamentarische Function fesselte ihn noch für eine längere Reihe von Jahren, da er in mehreren auf einander folgenden Sessionen verschiedene Wahlbezirke im Abgeordnetenhause zu vertreten hatte. Auch hier gesellte er sich zu den Führern der liberalen Partei, trat den reactionären Tendenzen, welche in den fünfziger Jahren herrschten, entgegen und wurde zum Ruhme seiner Partei der Schöpfer mancher gediegenen und wichtigen Gesetzentwürfe. Unter seinen schriftstellerischen Leistungen sind besonders zu nennen: „Beleuchtung der preuß. Eherechtsreform“, 1842, ferner „Die ländliche Gemeinde und Polizeiverfassung in Preußens östlichen und mittleren Provinzen“, 1848, „Die Gesetzgebung über Benutzung der Privatflüsse zur Bewässerung von Grundstücken“, 1850, und „Die Landesculturgesetzgebung des preuß. Staates“, 3 Bde., 1853–54, welche letztere zwar im Verein mit Rönne von ihm bearbeitet, doch sein Hauptwerk war. In dem Geiste dieser Gesetzgebung kam auch sein hoher Gerechtigkeitssinn und sein Streben nach strenger Geltendmachung des Rechtes zum Ausdruck; und wie ihm diese Prinzipien bei seiner richterlichen Thätigkeit zur Richtschnur geworden waren, so wurde er auf allen anderen Gebieten seines Wirkens von einer höchst edlen Gesinnung, von dem wohlwollenden Verlangen, seinen Mitmenschen zu dienen, und von einem nie verstummenden Pflichtgefühle geleitet. Im J. 1867 wiederum mit einem Mandate für den Norddeutschen Reichstag bedacht, ergriff er nochmals mit lebhafter Befriedigung die Gelegenheit zu parlamentarischem Wirken, doch war ihm nur noch kurze Frist vergönnt; er erkrankte im Vorsommer 1868 an einem schweren Leiden, welches seine Arbeitskraft schon mehrere Wochen vor dem Tode lähmen sollte.

Vgl. Landw. Centralblatt für Deutschland, Jahrg. 1868, 2. Bd. und Brockhaus’ Convers.-Lex., 9. Bd.