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ADB:Ludwig der Springer

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Artikel „Ludwig der Springer“ von Karl Robert Wenck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 589–590, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ludwig_der_Springer&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 06:33 Uhr UTC)
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Band 19 (1884), S. 589–590 (Quelle).
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Ludwig der Springer, ein thüringischer Graf, † 1123, Sohn des Vorhergehenden. Der Beiname „Saltator“ findet sich erst im 15. Jahrhundert, als Zusatz einer späteren Handschrift der Erfurter Annalen. Erst Jahrzehnte nach dem angeblichen Todesjahr seines Vaters (1055 vel citra, Annal. Reinhardsbr.) wird L. von gleichzeitigen Quellen erwähnt, und zwar erscheint er zuerst 1076 und 1080 als Anhänger Heinrichs IV. Nach der unglücklichen Schlacht bei Flarchheim rettete er den König auf geheimen Wegen nach Hessen. Ludwigs Veste, die Wartburg, welche damals zuerst genannt wird, war von den beiderseitigen Feinden besetzt. Da L. von dem sächsischen Geschichtsschreiber Bruno, der dies erzählt, nicht als Graf bezeichnet wird, bald nachher aber diesen Titel führt, so läßt sich vermuthen, daß Heinrich IV. ihn zur Belohnung seiner Dienste zur gräflichen Würde erhoben hat. Indessen L. blieb der Partei des Königs nicht treu. 1085 finden wir ihn in intimster Verbindung mit den entschiedensten Gegnern Heinrichs. Damals berief er zur Begründung des Klosters Reinhardsbrunn Mönche aus Hirschau, dem Mittelpunkt der gregorianischen Bestrebungen in Süddeutschland. An die Spitze seiner Stiftung stellte er unter Beirath des Bischofs Harrand von Halberstadt, der von Heinrich nicht anerkannt wurde, den Hirschauer Giselbert, der vor dem König hatte aus Hasungen entweichen müssen und auch in Reinhardsbrunn von dem Hasse desselben verfolgt wurde. Reinhardsbrunn wurde mit reichen Besitzungen ausgestattet und dem Papste unmittelbar unterstellt. Es blieb die Lieblingsstiftung der Dynastie. Ihre Entstehung hat die spätere Reinhardsbrunner Tradition (der Historien) in Zusammenhang gebracht mit der Ermordung des Pfalzgrafen Friedrich, welche sie L. dem Springer zuschreibt. Die Wittwe des Ermordeten, die schöne und reiche Adelheid, wurde die Gattin Ludwig’s, dieser Umstand und die Neigung der klösterlichen Geschichtsschreiber, von der plötzlichen Reue eines Bösewichts und dadurch veranlaßter Klosterstiftung zu erzählen, bewirkte, daß erst die Anstiftung der Mordthat, dann die That selbst L. zur Last gelegt wurde. Eben im Jahre 1085 (5. Febr.), im Jahre der Stiftung von Reinhardsbrunn ist Pfalzgraf Friedrich ermordet worden, die spätere Reinhardsbrunner Tradition schiebt die That um 23 Jahre zurück und verlegt dann in die Zwischenzeit die Gefangenschaft Ludwigs auf dem Giebichenstein und den Sprung in die Saale. Die Vermählung Ludwigs mit der Pfalzgräfin Adelheid hat sein Besitzthum bedeutend vermehrt, sie ist eine der zahlreichen glücklichen Heirathen, durch welche die Machtstellung des Hauses gehoben wurde. Stützpunkte derselben waren jetzt vornehmlich die Wartburg im [590] Westen und die Neuenburg (bei Freiburg an der Unstrut) im Osten. Briefe Walrams von Naumburg an L., die nicht vor 1094 geschrieben sein können, zeigen, daß L. dauernd auf Seiten der Opposition gegen den Kaiser verharrte, ungefähr 1099 treffen wir ihn in einer zahlreichen Versammlung vornehmlich sächsischer Fürsten, die ohne Zweifel nicht zu dem harmlosen Zweck der Einweihung des Klosters Lippoldsberga, sondern zur Besprechung eines Anschlags wider den Kaiser zusammengekommen waren (Giesecke, Die Hirschauer während des Investiturstreits, 1883, S. 114). Zu Heinrich V. stand er natürlich anfangs in den besten Beziehungen. Als aber die veränderte Politik des Kaisers und sein gewaltsames Eingreifen in die Orlamünder Erbschaftsfrage die Fürsten Ostsachsens und Thüringens 1112 zum Aufstand veranlaßte, da hatte L. auch persönliche Motive genug, sich den Gegnern des Kaisers anzuschließen. Aber Heinrich warf die Empörung blitzschnell nieder. Bei Wärnstädt unweit Quedlinburg erlitt L. mit andern sächsischen Großen im Februar 1113 eine vollständige Niederlage, einen Monat später ergab er sich dem Kaiser. Gegen Auslieferung der Wartburg, seiner wichtigsten Feste, gab ihn zwar Heinrich frei, aber auf der Höhe seiner Macht, während der glänzenden Feier seiner Vermählung mit Mathilde von England (Januar 1114), ließ er ihn plötzlich verhaften und in Fesseln werfen. Zwei und drei Viertel Jahr – bis in den Spätherbst 1116 – sollte er in Gefangenschaft schmachten, aber die widerrechtliche Festnehmung Ludwigs rief eine neue sächsische Fürstenverschwörung hervor. Der Kaiser vermochte nicht sie zu bewältigen. Gegen Auslieferung des von Ludwigs Söhnen gefangenen kaiserlichen Hauptmanns Heinrich mit dem Haupte wurde L. mit andern gefangenen sächsischen Großen im October oder November 1116 freigelassen, nachdem er für friedliches Verhalten Bürgschaft geleistet hatte. Jetzt beendete[WS 1] er auch die Streitigkeiten mit seinem Stiefsohn, Pfalzgraf Friedrich von Putelendorf, der Hilfe beim Kaiser gesucht hatte. Trefflich hatte L. die Schwierigkeiten des Kaiserthums unter den letzten Saliern zur Mehrung seiner Macht zu nutzen gewußt. Die erhöhte Bedeutung, welche ihr die Quellen beilegen und die bald folgende Erhebung seines Sohnes zur landgräflichen Würde lehren dies unverkennbar. Ludwigs Politik, die früher ziellos schwankend erschien, zeigt sich nach Ausmerzung der gefälschten Kaiserurkunden durchaus consequent und in Uebereinstimmung mit der ältesten Reinhardsbrunner Tradition, welche berichtet, daß L. einen beständigen Krieg gegen die Inhaber der Reichsgüter in Thüringen geführt habe, bis er sich schließlich mit dem Kaiser ausgesöhnt und zum Zeichen dessen die Burg Eckardsberga erhalten habe. Wann diese Aussöhnung stattgefunden hat, ist nicht mit Bestimmtheit anzugeben, Ende 1119 treffen wir ihn noch in Verbindung mit Adalbert von Mainz, dem eifrigsten Gegner des Kaisers, seine Söhne erscheinen sofort (am 8. Mai 1123) am Hofe Heinrichs. Am Ende seiner Tage, im Jahre 1123, begab sich L. in das Kloster Reinhardsbrunn, um dort bald (6. Mai? 1123) zu sterben.

Knochenhauer, Gesch. Thüringens.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: beeendete