Zum Inhalt springen

ADB:Lutz, Markus

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Lutz, Markus“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 713–715, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lutz,_Markus&oldid=- (Version vom 17. November 2024, 12:33 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Lutz, Johann Georg
Band 19 (1884), S. 713–715 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Markus Lutz in der Wikipedia
Markus Lutz in Wikidata
GND-Nummer 104265191
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|19|713|715|Lutz, Markus|Albert Schumann|ADB:Lutz, Markus}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=104265191}}    

Lutz: Markus L., schweizerischer Historiker und Topograph, geb. den 9. Juli 1772 in Basel, † den 19. Octbr. 1835 in Läufelfingen (Baselland), der Sohn eines Gerichtsweibels, durchlief seit dem 6. Altersjahre die verschiedenen Classen der Münsterschule und des Gymnasiums, wurde zu Ostern 1788 zu den philosophischen Vorlesungen („lectiones publicae“) an der Universität zugelassen und widmete sich nach Erlangung des Magistergrades seit 1792 der Theologie. Die von Frankreich her eindringenden Freiheitsideen zogen ihn jedoch bald von seinen Fachstudien ab, so daß er sich der Pädagogik zuwandte und zwei Jahre als Lehrer im Kanton Bern thätig war. Auf die Bitten seiner Eltern kehrte er 1795 nach Basel zurück, nahm die Theologie wieder auf und bestand das Kandidatenexamen. Das erste geistliche Amt, welches er bekleidete, war ein Vicariat in Rothenflue (Baselland). Hier konnte er zu Anfang des J. 1798 die revolutionäre Erhebung des Landvolkes gegen die Basler Regierung in der Nähe beobachten, und ein von ihm gewagter Versuch, betrunkene Bauern von der Plünderung des Weinkellers im Schlosse Farnsburg abzuhalten, brachte ihn sogar in persönliche Gefahr. Am 24. Juni desselben Jahres zum Pfarrer in Läufelfingen am Hauenstein gewählt und am 7. Juli in sein Amt eingeführt, hielt er zwei Tage darauf Hochzeit und verbrachte fortan die ihm noch beschiedene Lebenszeit, über 37 Jahre, als Seelsorger in dieser Gemeinde. Er erlebte hier die Einführung der neuen schweizerischen Verfassung von 1803, die Anerkennung der Neutralität seines Vaterlandes (1815) und die seit 1830 beginnenden politischen Wirren, welche mit der Trennung von Landschaft und Stadt endeten. Obwohl ein geborener Bürger der letzteren, harrte er doch auf seinem Posten aus; freilich wurden zweimal feindselige Angriffe auf seine Wohnung unternommen, bei denen er kaum vor thätlicher Mißhandlung bewahrt blieb. Seine sonst dauerhafte Gesundheit erlitt erst in der letzten Zeit seines Lebens eine Erschütterung, sodaß er im Frühlinge seines Todesjahrs einen Vicar zu seiner Erleichterung ins Haus nehmen mußte. Von seiner Gattin bis zum letzten Augenblicke treu gepflegt, starb er, wenig über 63 Jahre alt, an der Brustwassersucht. Durch letztwillige Verfügung bestimmte er 500 Franken alter Währung zum Besten armer Witwen, unter die alljährlich am Johannistage die Zinsen dieses Kapitals vertheilt werden. – L. war ein Freund geselligen Verkehrs und unternahm häufige Wanderungen innerhalb der schweizerischen Grenzen, theils um Bekannte aufzusuchen, theils um sein geschichtliches und topographisches Wissen zu vermehren. Sein Pfarrhaus diente eine Reihe von Jahren begüterten Baslern als [714] Sommerfrische, und auch der entthronte Schwedenkönig Gustav IV. kehrte am 18. Octbr. 1811 als Gast hier ein. Die Muße, welche ihm sein geistliches Amt gewährte, benutzte er zur Abfassung zahlreicher Schriften, welche sich der Mehrzahl nach auf Basel und die Nachbarschaft, zum Theil aber auch auf die gesammte Schweiz beziehen. Ein nicht ganz vollständiges Verzeichniß derselben enthält der N. Nekr. (s. u.). Von der ersteren Art sind die hauptsächlichsten: „Das vorderösterreichische Frickthal im histor.-topographischer Hinsicht“ (1801); „Aargauische Denkwürdigkeiten aus den Zeiten der Vergangenheit und Gegenwart“, 1. Heft (1804); „Neue Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel, oder Fragmente zur Geschichte, Topographie, Statistik und Kultur dieses schweizerischen Freystandes“, 3 Abtheil. (1805–16), eine Fortsetzung des von Daniel Bruckner um die Mitte des vorigen Jahrhunderts herausgegebenen Werkes: „Versuch einer Beschreibung historischer und natürlicher Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel“; „Chronik von Basel“ (1809); „Lehrbuch der schweizer. Erdbeschreibung“ (1812; 2. Aufl. 1817); „Geschichte des Ursprungs und der Entwickelung der kirchlichen Reformation zu Basel im Anfange des 16. Jahrhunderts“ (1814); „Baslerisches Bürger-Buch. Nach alphabetischer Ordnung mit eingestreuten historischen Notizen und lithographirten Wappen-Tafeln“ (1819); „Geschichte der Universität Basel. Von ihrer Gründung bis zu ihrer neuesten Umgestaltung“ (1826); „Rauracis. Ein Taschenbuch für 1826–1831“ (Basel); „Kurze Beschreibung und Geschichte des Kantons Basel“ (1829; 2. verm. Aufl. 1834). Von allgemein schweizerischen Werken hat L. verfaßt: „Nekrolog denkwürdiger Schweizer aus dem 18. Jahrhundert“ (1812); „Geographisch-statistisches Handlexikon der Schweiz für Reisende und Geschäftsmänner“, 2 Abth. und 1 Bd. Nachträge (1822; 2. Ausgabe unter dem Titel: „Vollständige Beschreibung des Schweizerlandes, oder geographisch-statistisches Hand-Lexikon über alle in gesammter Eidgenossenschaft befindliche Kantone“ etc., 4 Thle. und 1 Supplementbd., 1827–35; neu herausgegeben von A. v. Sprecher. 2 Thle. 1856); „Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und Wirken interessanter Männer unserer Zeit, welche sich als Regenten, Feldherren, Staatsbeamte, Gelehrte und Künstler in der Schweiz ausgezeichnet haben“ (1826). Ferner setzte er Leonhard Meister’s „Helvetische Geschichte während der zwei letzten Jahrtausende“, in deren fünftem Bande fort, welcher auch den besonderen Titel trägt: „Geschichte Helvetiens seit dem Frieden von Tilsit bis zur Beschwörung des neuen Bundes“, 2 Abthlgn. (1815). – Obgleich es den von L. verfaßten Schriften zuweilen an Durcharbeitung des Stoffes und an kritischer Behandlung fehlt, so sind sie doch zum Theil auch heute noch brauchbar. Scharfe Beurtheilungen dieserhalb hat er schon zu Lebzeiten erfahren müssen. Ueber das Maß des Erlaubten hinaus geht ein anonymes, von Alois Gügler, Professor in Luzern, herrührendes Libell: „Chemische Analyse und Synthese des Markus Lutz von Läufelfingen, ein alchymistischer Versuch von einem Mystiker des 19. Jahrhunderts“ (Luzern 1816). – Ein anderes Verdienst von L. besteht in der Sammlung einer umfangreichen schweizerischen Bibliothek, welche er während eines Vierteljahrhunderts zusammengebracht und 1826 der Lesegesellschaft in Basel für 100 Louisd’or käuflich überlassen hat. Reich an Handschriften und seltenen Drucksachen, sollte sie nach seinem Wunsche der allgemeinen Benutzung zugänglich sein, und diesem Zwecke dient sie, seitdem ansehnlich vermehrt, als „Vaterländische Bibliothek“ auch jetzt noch.

Meusel, G. T. – N. Nekr., 1835, S. 1274 ff. – (H. Buser), Heimathkunde. Beschreibende und geschichtl. Darstellung der Gemeinde Läufelfingen, Liestal 1865. S. 143 f. u. 147 (Mit lithogr. Bildnisse von Lutz). – Egb. Fr. v. Mülinen, Prodromus einer schweizer. Historiographie. Bern 1874. S. 54. – Außerdem handschriftliche Aufzeichnungen, welchen die bei [715] der Beerdigung am 21. Octbr. 1835 verlesenen Personalien, ein Artikel in der Basler Zeitung von 1834, Nr. 185, 187, 192, 194 u. 197, sowie Erinnerungen von Zeitgenossen zu Grunde liegen. – Ueber „Die Lutzische Bibliothek“ vgl. Baslerische Mittheilungen zur Förderung des Gemeinwohls. 1. Jahrg. Basel 1826. Nr. 14. S. 318–325.