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ADB:Müslin, David

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Artikel „Müslin, David“ von Bernhard Riggenbach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 101, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%BCslin,_David&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 02:30 Uhr UTC)
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Müslin: David M., ausgezeichneter reformirter Prediger, geb. 19. Nov. 1747, † 23. Nov. 1821. Dieser letzte männliche Nachkomme des Reformators Wolfgang Musculus hat, zu Bern geboren und in bürgerlicher Einfachheit erzogen, die Schweiz nie, seinen Heimathkanton nur vorübergehend verlassen. Was er von einer sehr mangelhaften theologischen Schule nicht empfangen, das ersetzte er während seiner Vicariatszeit durch fleißiges Privatstudium. Nachdem er einige Jahre Landpfarrer gewesen, wurde er 1782 an das Münster zu Bern berufen und hier hat er nahezu 40 Jahre lang mit dem gleichen Erfolge, vor nie abnehmender Zuhörermenge gepredigt, daneben von 1792 an eine von ihm ins Leben gerufene höhere Töchterschule geleitet und seit 1809 als Kirchenrath auch am Kirchenregimente sich betheiligt. Als patriotischer Prophet trat M. namentlich in seinen berühmten Bettagspredigten nicht nur den Mißbräuchen des Volkslebens, sondern auch den Schwachheiten der verschiedenen Regierungsformen, die er erlebte, mit großartiger Unerschrockenheit entgegen. Zur Zeit der herrschenden Aristokratie suchte er durch einen praktischen Religionsunterricht in der höhern Lehranstalt für die Söhne der regimentsfähigen Familien, dem sogen. „Institut für die politische Jugend“, den zukünftigen Herren von Bern gesündere als die ererbten Anschauungen einzupflanzen. In den Tagen der Helvetik scheute er sich nicht, die „untheilbare Republik“ als „unheilbare“ zu bezeichnen und während der Mediationsperiode den entschiedensten Abscheu gegen den vergötterten Napoleon an den Tag zu legen. Neben seinen Amtsgeschäften betheiligte er sich mit weitem Blick an den philanthropischen Bestrebungen; seine „Bittschrift der Armen an die Gesetzgeber Helvetiens“ eröffnete neue Gesichtspunkte und verdient noch heute beachtet zu werden. Dem theologischen Nachwuchs der bernischen Landeskirche diente er in anspruchslosester Weise durch Privatunterricht in Homiletik und Katechetik. Seine Erholung, deren er bei melancholischer Gemüthsart besonders bedurfte, bestand im Familienleben und im freundschaftlichen Gedankenaustausche mit Männern wie Lavater, Heß, Reinhard und Jung-Stilling. Treffend hat ihn der Letztere einen „Prediger für die Nachwelt“ genannt. Zwar wußten auch die Zeitgenossen seine durchdachten, klaren, von ebenso genauer Kenntniß des menschlichen Herzens als warmer Begeisterung für Gottes Rathschluß zeugenden Predigten hoch zu schätzen. Eine volle Würdigung der (in acht Bänden gesammelten) Kanzelreden Müslin’s und ihrer Bedeutung für die Geschichte der christlichen Predigt verdanken wir jedoch erst Rothe (Tholucks’s litt. Anzeiger 1835 und Gesch. der Predigt, ed. Trümpelmann, S. 458 ff.). Seither empfehlen die meisten Lehrer der praktischen Theologie das Studium der Müslin’schen Predigten als homiletisches Bildungsmittel ersten Rangs. Mit besonderer Wärme hat dies Tobias Beck gethan.

Vgl. Berner Taschenbuch 1853, S. 271 und 1872 S. 1–94.