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ADB:Marbeck, Pilgram

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Artikel „Marbeck, Pilgram“ von Ludwig Keller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 290–291, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Marbeck,_Pilgram&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 10:26 Uhr UTC)
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Marbeck: Pilgram M. gehört während der dreißiger und vierziger Jahre des 16. Jahrhunderts zu den vornehmsten Führern des oberdeutschen Anabaptismus. Er ist in mehrfachem Betracht eine bedeutende Persönlichkeit, welche genügende Beachtung noch nicht gefunden hat. M. stammt aus Tyrol, wahrscheinlich [291] aus der Nähe von Schwatz. Er bekleidete in den dortigen Bergwerken die Stelle eines Ingenieurs und war besonders im Bauhandwerk ein erfahrener Mann. Von dort wegen seiner religiösen Anschauungen vertrieben, floh er mit Weib und Kind unter Zurücklassung seiner Habe, die von der österreichischen Regierung confiscirt ward, nach Augsburg, wo er ein Unterkommen zu finden hoffte. Er scheint bereits im Innthal mit den dort von der Schweiz her (Chur, St. Gallen, Schwyz) frühzeitig fußfassenden Ideen der „Nachfolge Christi“ bekannt geworden zu sein; in Augsburg schloß er sich ebenso wie andere seiner vertriebenen Landsleute der Partei Hans Denck’s an (1527, Bd. V, S. 53, 796, XVI, 797). Als er dort keinen Wirkungskreis fand, wandte er sich über Ulm nach Straßburg, welches in jenem Jahr als Asyl aller Verfolgten gelten konnte. Hier erhielt er auf Grund seiner bautechnischen Kenntnisse und Fähigkeiten die Stelle eines Bergrichters. Er baute hier den werthvollen Flußkanal, welcher die Hölzer der Berggegenden nach Straßburg brachte. Er verhehlte auch dort seine Ueberzeugung nicht, aber seine Talente und sein ehrenhafter Charakter gaben ihm eine starke Stütze. Auch seine religiösen Gegner in Straßburg gaben ihm das Zeugniß, daß er „von Gott viel herrlicher Gaben empfangen habe, auch in vielen Stücken einen guten, tapferen Eifer besitze.“ Selbst sein erbittertster Feind, Martin Bucer, gesteht zu, daß M. und sein Weib eines „feinen unsträflichen Wandels seien“. Auch aus Straßburg ward er indessen bei den ausbrechenden Religionsverfolgungen, an deren Spitze sich Bucer gestellt hatte, vertrieben; er eilte nach Ulm, wo er Gönner besaß, unter Andern an der Freifrau von Pappenheim. Auch war M. mit Schwenkfeld nahe befreundet, welch’ letzterer eine Zeit lang intime Beziehungen zu den Täufern unterhielt. In den J. 1535–1545 scheint M. sich als Flüchtling bald in Mähren, bald in Schwaben aufgehalten zu haben. Sein Todesjahr ist unbekannt. Seine letzten Jahre wurden getrübt durch einen Conflict mit Schwenkfeld. M. war auch als Schriftsteller thätig. –

Röhrich, Zeitschr. f. hist. Theol. 1860. – Keller, Ein Apostel der Wiedertäufer (Hans Denck. 1882; Cornelius, Münst. Aufruhr, Bd. 2. – Walch, Decas fabularum humani generis. Argent. 1606. – Schwenkfeld’s Epistolar. – Ein Manuscript der Wolfenb. Bibl. Ms. 45. 9 enthält mehrere Briefe, die auf ihn bezüglich sind. – Schwenkfeld, C., Ueber das neue Büchlein der Taufbrüder, im J. 1542 ausgangen, Judicium, Act. I (S. 1. e. a.).