ADB:Milde, Hans Feodor von
Franz Hauser und Staudigl zum Sänger ausbilden ließ. Selbst ein erster theatralischer Versuch als Czar in Lortzing’s „Czar und Zimmermann“, den er im Herbste des Jahres 1846 auf dem Potsdamer Theater machte, geschah ohne Vorwissen seines Vaters und führte eine Entfremdung zwischen Vater und Sohn herbei, die erst durch seine Gattin, die Sängerin Rosalie Agthe, wieder ausgeglichen wurde. Durch Franz Lißzt, der M. in Wien auf einem Beethovenfest singen gehört hatte, wurde dieser veranlaßt in Weimar ein Probegastspiel zu unternehmen. In der Rolle des Lord Ashton trat er zum ersten Mal am 23. Mai 1848 auf der Bühne der freundlichen Ilmstadt, die seitdem die Stätte seiner ruhmvollen Thätigkeit werden sollte, auf. Das Gastspiel führte zum Engagement. Lißzt fand bei seinen in Weimar veranstalteten Aufführungen classischer Meisterwerke an M. eine vorzügliche Stütze und wußte ihn auch für die Sache Richard Wagner’s zu begeistern. Bei der ersten Aufführung des „Tannhäuser“ in Weimar im J. 1849 sang M. den Wolfram, während Rosalie Agthe, seine spätere Gattin, in der Rolle der Elisabeth sehr gefiel. Als Lißzt für den Goethetag des Jahres 1850 die Uraufführung des „Lohengrin“ durchgesetzt hatte, wurde M. mit der Durchführung der Rolle des Telramund und Frl. Agthe mit der der Elsa betraut. Durch den Ruf der Wagner-Lißzt’schen Aufführungen ließ sich der damals in Berlin lebende Componist und Dichter Peter Cornelius bestimmen, nach Weimar überzusiedeln, wo er die Jahre von 1853 bis 1859 verbrachte. Er trat zu dem Milde’schen Ehepaar in nahe Beziehungen, deren Innigkeit noch heute seine an sie gerichteten Briefe und Gedichte bezeugen. Cornelius vertraute dem Freunde die Titelrolle seines „Cid“ bei der ersten Aufführung dieser Oper in Weimar an, die im J. 1865 stattfand. Besondere Bewunderung erregte M. mit seinem Hans Sachs in Wagner’s „Meistersingern“, eine Rolle, die er seit der ersten Aufführung in Weimar im J. 1869 zu seinen besten Partien zählte. Auch war es ihm vergönnt, bei dem Gastspiel des Vogl’schen Ehepaares im J. 1874 in Weimar [401] als Kurneval in Wagner’s „Tristan und Isolde“ aufzutreten. Mit der Zeit verlegte er sich mehr und mehr auf den Concertgesang. In den fünfziger bis in die siebziger Jahre hinein galt er als einer der besten Vertreter desselben in Deutschland. In späteren Jahren wandte sich M. mit Erfolg auch der schauspielerischen Thätigkeit zu. Sein Thurmwächter Lynceus im zweiten Theile des Goethe’schen „Faust“ wurde allgemein als eine oratorische Glanzleistung bezeichnet. Das herannahende Alter nöthigte M., seine Thätigkeit als Sänger und Darsteller aufzugeben. Am 15. Juni 1884 verabschiedete er sich als Herzog in Donizetti’s „Lucrezia Borgia“ für immer von der Stätte seiner langjährigen Wirksamkeit. Fortan widmete er sich dem Ertheilen von Gesangsunterricht. Er starb hochgeehrt zu Weimar am 10. December 1899. Seine Gattin, Rosa v. M., folgte ihm am 25. Januar 1906 im Tode nach.
Milde: Hans Feodor von M., Sänger, wurde am 13. April 1821 in Petronell bei Wien geboren. Da sein Vater Administrator für die Besitzungen des Fürsten Batthyany war, verlebte er seine erste Jugend auf dem Lande. Später wurde er zur Erziehung dem Kloster Heiligenkreuz bei Wien übergeben, wo er sich nicht nur für seine Gymnasialstudien vorbereiten, sondern auch seine musikalische Begabung entwickeln konnte, da er ungefähr seit seinem elften Jahre als Oratoriensänger in den in der Klosterkirche veranstalteten Concerten auftrat. Auf den Wunsch seines Vaters hin mußte er sich nach Absolvirung des Gymnasiums in Wien dem Studium der Jurisprudenz widmen, aber obgleich er es wenigstens zu einem juristischen Examen brachte, so gewann doch die Neigung zur Musik so sehr bei ihm die Oberhand, daß er sich hinter dem Rücken seines Vaters durch- Illustrirte Zeitung, Leipzig 1857, Nr. 705, S. 13, 14. – Briefe in Poesie und Prosa von Peter Cornelius an Feodor und Rosa von Milde, hsg. und eingeleitet von Natalie von Milde. Weimar 1901. – Münchener Neueste Nachrichten v. 13. Decbr. 1899 Nr. 573 Vorabendblatt S. 3. – 1901. Neuer Theater-Almanach. Hsg. von der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger, 12. Jahrg. Berlin 1901, S. 135–137. – Ludwig Eisenberg’s Großes Biogr. Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrh. Leipzig 1903, S. 676, 677. – Die Musik. Berlin und Leipzig 1905, 1906. V, 2, S. 292.