ADB:Nissl, Franz der Ältere
Franz N. der Jüngere, der bei ihm in Fügen lernte, dann aber in Innsbruck seine Ausbildung vollendete und um 1830 in Augsburg thätig war, wo er auch einen Preis erhielt, setzte Richtung und Thätigteit seines Verwandten in so [705] treuer Nachfolge fort, daß die in Tirol sehr zahlreichen Werke beider nicht leicht auseinander zu halten sind und in der Litteratur häufig zwischen ihnen nicht unterschieden wird. Ich bin daher ebenfalls nicht im Stande, ihr Schaffen strenge zu sondern, und setze blos hierher, was mir von ihnen gemeinschaftlich bekannt ist. In Rinn bei Innsbruck die geschnitzten Bilder der Juden, welche das Christenkind (1462) geschlachtet haben sollen, grasse Zerrbilder; ein schönes großes Altarrelief bei den Franciscanern in Rattenberg, die Passion in der Stiftskirche zu Viecht bei Schwaz um 1750, in Neustift im Stubbaithale eine Pietà und die schönen Beichtstühle in der Kirche des Dorfes Brixen im Brixenthal (1793), in jener von Fügen verschiedene Arbeiten des Aelteren, vier bemalte Heiligenbüsten in jener von Niederdorf im Pusterthal, von demselben einige Bildnisse in einer Capelle bei S. Martin im Unter-Gsieß. Ebenfalls vom Aelteren ist ein Crucifix in der Kirche von Brixlegg, Anderes in Ahrn, sein Selbstporträt im Landesmuseum in Innsbruck. Auch im Salzburgischen ist der Meister durch verschiedene Arbeiten vertreten, ein großes Kreuzbild befindet sich in der Himmelfahrtskirche im Taufersthal in Tirol, zu Münster im Unterinnthal die Statuen des Hochaltars etc. Die biographischen Verhältnisse der interessanten Künstler sind noch beinahe ununtersucht.
Nissl: Franz N. der Aeltere, Holzschnitzer, gehörte jener in Tirol und den übrigen Alpenländern so zahlreichen Classe von Naturtalenten an, welche autodidaktisch zu einer außerordentlichen Gewandtheit im Bearbeiten des Holzes mit dem Schnitzmesser gelangten und dann in ihrer weiteren Entwickelung eine Stilrichtung repräsentiren, die zwischen dem jeweiligen Zeitcharakter der Kunst, – bei N. also dem Barockstil, – und einem energischen Naturalismus die Mitte halten. Er ist in Fügen im Zillerthal 1731 geboren, wo er auch 1805 starb. Er fertigte zahllose Einzelfiguren von Heiligen, Crucifixe, auch große, altarbildähnliche Reliefs, welche häufig mit Farben „gefaßt“ sind, stets mit großer Lebenswahrheit und Charakteristik, aber zuweilen auch von rücksichtsloser Realistik, welche sich um alle Gesetze der Schönheit sehr wenig bekümmert. Sein Vetter,- Tirolisches Künstlerlexikon, Innsbruck 1830, S. 173 f. – Tinkhauser, Die Diöcese Brixen II, S. 65, 666; I, S. 395, 501, 503. – Austria-Kalender, Wien 1845, S. 185. – Oesterr.-Ungar. Kunstchronik 1879, S. 156. – Mittheil. d. Centr.-Comm. I, S. 203. - Pillwein, Salzb. Künstlerlex. S. 178 f. – Innsbrucker Kunstausstellung 1879. Katalog Nr. 97, 109 bis 114. – Weber’s Tirol, Weidmanns Tirol a. a. O.