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ADB:Otto (Erzbischof von Magdeburg)

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Artikel „Otto (Erzbischof von Magdeburg)“ von Karl Janicke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 702–703, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Otto_(Erzbischof_von_Magdeburg)&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 03:04 Uhr UTC)
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Otto, Erzbischof von Magdeburg (1328–1361), Sohn des Landgrafen Otto von Hessen, war 1304 geboren. Nach dem Tode des Electus Heidenreich von Erpiz hatte das Domcapitel seinen Propst Heinrich von Stolberg zu dessen Nachfolger erwählt. Aber der Landgraf von Hessen, welcher sich damals am päpstlichen Hofe in Avignon aufhielt, wußte Papst Johannes XXII. zu bestimmen, das erledigte Erzstift seinem Sohne zu verleihen. Klerus und Bürgerschaft von Magdeburg waren aus Gründen der Zweckmäßigkeit mit dieser Entscheidung zufrieden, und Heinrich von Stolberg, der keine Aussicht hatte, seine Wahl zur Anerkennung zu bringen, verzichtete freiwillig auf das Erzstift. Der neue Erzbischof fand sein Stift in einer trostlosen Lage. Die Zwistigkeiten und Fehden zwischen Erzbischof Burchard und der Stadt Magdeburg, welche schließlich mit der Ermordung des Ersteren (1325) endeten und in die auch das Domcapitel, das ganze Erzstift und die benachbarten Territorialherren gezogen waren, hatten das Land, namentlich aber die Stadt Magdeburg selbst, in die größte Bedrängniß gebracht. Die Güter und Schlösser des Erzstifts waren in diesen unruhigen, kriegerischen Zeiten zum größten Theil verpfändet und in andere Hände übergegangen; und was dem neuen Erzbischof davon noch blieb, mußte er, um die Kosten der Erwerbung der erzbischöflichen Würde zu bezahlen, gleichfalls verpfänden, so daß ihm nur noch seine Residenz in der Stadt gehörte. Im Laufe der Zeit gelang es ihm jedoch, die meisten der verpfändeten und entfremdeten Güter wieder zu erwerben. Auf der Stadt Magdeburg lastete noch schwer Acht und Bann, die über sie wegen Ermordung des Erzbischofs Burchard verhängt waren. Dazu kamen innere Gährungen: die Zünfte und gemeine Bürgerschaft strebten nach der Theilnahme am städtischen Regiment und nahmen eine drohende Haltung gegen die herrschenden Classen an. Im J. 1330 kam es zu einem offenen Aufstande. Die aus der gemeinen Bürgerschaft rotteten sich zusammen und drohten die Verkaufsläden und Waarenlager der reichen Gewandschneider und Kramer in Brand zu stecken, während diese den Aufrührern gewaffnet entgegen traten. Der Kampf begann bereits, da erschien der Erzbischof, und ihm gelang es, die streitenden Parteien zu einer friedlichen Verhandlung umzustimmen. Am 8. Mai wurde ein Vertrag abgeschlossen, welcher die bisherige städtische Verfassung in wesentlichen Punkten umgestaltete und den Innungen die lange erstrebte Stellung im Rathe zugestand. Danach wählten die fünf großen Innungen (Gewandschneider, Kramer, Kürschner, Leinwandschneider, Lohgerber mit den Schustern) fünf Mitglieder des Raths und ebensoviel die „gemeinen“ Innungen (Fleischhauer alten und neuen Scharrns, Lakenmacher, Schmiede, Bäcker und Brauer, welche zusammen eine Innung bildeten, ebenso die Goldschmiede, Schilderer und Schneider); alle zehn zusammen wählten aus der gemeinen, nichtzünftigen Bürgerschaft noch zwei Rathmänner, und diese [703] zwölf bildeten den Rath. Ferner wurde bestimmt, daß Jeder, der ein städtisches Amt verwaltete, innerhalb eines Jahres zweimal Rechenschaft ablegen sollte; endlich sollten die Rathmänner, welche das Unglück der Stadt verschuldet hätten, vom Rathe ausgeschlossen sein. Diese letztere Bestimmung zielte auf diejenigen Mitglieder des Rathes, welche den Mord Erzbischof Burchards hatten geschehen lassen. Erst ein Jahr später erhielt die Stadt Absolution von dem über sie verhängten Banne durch eine Bulle Papst Johanns XXII. unter sehr drückenden Bedingungen: in dem Raume des Rathhauses, wo der Bischof getödtet war, sollte die Stadt eine Capelle erbauen und fünf Altäre im Dom errichten und die dabei anzustellenden Geistlichen besolden; neunzehn bei der Ermordung Erbischof Burchards besonders gravirte Rathsmitglieder sollten von der Absolution ausgeschlossen werden, die Stadt soll jedem neuen Erzbischof den Huldigungseid schwören, die am Morde Burchards mehr oder weniger Betheiligten sammt ihren Söhnen und Enkeln dürfen ferner keine geistlichen Beneficien besitzen. Der Stadt erwuchsen durch diese Absolution ganz bedeutende Kosten, zu deren Bestreitung man, was seit langer Zeit nicht geschehen war, ein Schoß erheben mußte. Die völlige Freisprechung vom Bann erfolgte übrigens erst 1349, nachdem die Matthäuscapelle im Rathhause erbaut und die verlangten fünf Altäre in der Domkirche errichtet und die Einkünfte der dabei anzustellenden Geistlichen festgestellt waren. Durch diese Verhältnisse war zugleich dem Erzbischofe eine Handhabe gegeben, dem Drange des Rathes und der Bürgerschaft nach größerer Unabhängigkeit von der Landesherrschaft entgegen zu treten. Die Huldigung der Stadt erfolgte am 26. April 1333.

Die mehrfachen Fehden Erzbischof Otto’s mit benachbarten Fürsten, den Herzögen Otto dem Milden und Magnus dem Frommen von Braunschweig und dem Markgrafen Friedrich von Meißen, hatten zum größten Theil wohl in dem Bestreben ihren Grund, die dem Erzstift früher entzogenen Schlösser und Besitzungen wieder zu gewinnen und das erzstiftische Territorium zu erweitern. Aus derselben Tendenz ist auch seine entschiedene Theilnahme für den falschen Waldemar zu erklären. Andere Fehden richteten sich gegen den räuberischen Adel des eigenen Landes und der Nachbarschaft. Zur Aufrechterhaltung des Landfriedens schloß er mit den benachbarten weltlichen und geistlichen Fürsten Bündnisse ab, die freilich nicht die erhoffte Wirkung hatten. Um dem Erzstift ähnliche Zustände zu ersparen, wie er sie bei Antritt seiner Regierung vorfand, verfügte er kurz vor seinem Tode (30. April 1361), daß die festen Plätze des Erzstifts bis zur Wahl seines Nachfolgers vier Domherrn, vier vom Stiftsadel und ebenso viel Bürgern überantwortet werden und nicht in andere Hände übergehen sollten. Otto gehörte zu den hervorragenderen Magdeburgischen Kirchenfürsten, ein gleichzeitiger Chronist nennt ihn einen gewaltigen und männlichen Fürsten. Zugleich wird aber auch berichtet, daß er trotz bedeutender Einnahmen, die ihm durch die infolge des großen Sterbens von 1350 erledigten Lehne zugefallen waren, doch gegen Ende seiner Regierung wieder eine Menge von Schlössern und Festen verpfändet hatte und daß er nicht einmal so viel an Gelde besaß, daß man ihn davon zu Grabe bringen konnte.

Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium in den Monum. Germ. histor. SS. XIV, S. 433 ff. – Magdeburger Schöppenchronik (= Deutsche Städtechroniken Bd. VII), S. 199 ff. – Sagittarius, Historia ducatus Magdeburg. bei Boysen, Histor. Magazin III, S. 136 ff. – v. Dreyhaupt, Saal-Creys I, S. 64 ff. – Lentz, Diplom. Stifts- und Landes-Historie von Magdeburg. S. 316 ff.