ADB:Pernstein, Johann X. Freiherr von

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Artikel „Pernstein, Johann X. Freiherr von“ von Adolf Schinzl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 388–390, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pernstein,_Johann_X._Freiherr_von&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 01:21 Uhr UTC)
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Pernstein: Johann X., Freiherr v. P., kaiserl. und königl. Feldzeugmeister, geboren wahrscheinlich zu Böhmen in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts, gefallen bei Raab in Ungarn am 29. September 1597, war der Sohn des 1587 verstorbenen Großkanzlers von Böhmen und Oberststallmeisters dreier Kaiser, Wratislaw II., Freiherrn v. P., welcher als hilfreicher Gönner seiner Untergebenen, sowie als Förderer von Kunst und Wissen in großem Ansehen stand und des von ihm betriebenen Aufwandes wegen „der Prachtliebende“ genannt wurde. Johann v. P. werden dagegen viele, namentlich mathematische Kenntnisse, dann die Eigenschaften des persönlichen Muthes, der Gesinnungstüchtigkeit, [389] Thatenlust als auch des Strebens nach einem in Kampf und Gefahr zu erreichenden hohen Ziele nachgerühmt. Dieses suchte er in kaiserlichen Kriegsdiensten, in welchen er 1591 unter seinem Meister und Vorbilde Alexander Farnese von Parma bei der Bekämpfung des Aufstandes in den Niederlanden eine Abtheilung spanischer Truppen befehligte. Schon damals wurde er dem Kaiser als sehr entschlossen und in jedweder Beziehung verwendbar bezeichnet, worauf ihn dieser nebst Salentin v. Isenburg und dem Grafen von der Lippe zu Gesandten ernannte, welche mit den Niederländern ein Abkommen zu vermitteln hatten. Als dieses Unternehmen aber ohne den gewünschten Erfolg blieb, da trat P. wieder in den Kriegsdienst und befand sich 1593 auf dem Zuge nach der Oise unter Mansfeld stets in den vordersten Reihen. Später wurde ihm die selbständige Wegnahme des Schlosses Neuville übertragen. Mit nur zwei deutschen Regimentern, zwei päpstlichen Schwadronen und zwei Kanonen ohne Munition wagte es P., die Aufforderung zur Uebergabe zu stellen. Auch an den nächsten zwei Feldzügen soll er so ausgezeichneten Antheil genommen haben, daß der provisorische General-Gubernator der Niederlande, der mannhafte Graf Fuentes, sich P. zum Begleiter und Nebenmanne erkor, als er im October 1595 sein Volk zum Hauptsturme gegen die vor Cambrai gelegte Bresche führte. Bei dieser auf neueren Forschungen beruhenden Angabe muß aber angenommen werden, es seien die Mittheilungen irrig, welche P. im J. 1595 bei der Einnahme der Veste Kochern (Kobern) und beim Siege von Gran am 4. August thätig erklären. Gewiß ist dagegen Pernstein’s voranleuchtendes Verhalten 1596 bei Keresztes (lateinisch Agria) am 23. und 24. October, welcher Ort längere Zeit hindurch von der Geschichtschreibung mit Agram verwechselt wurde. Dort hat er als Feldzeugmeister und nach damaligem Gebrauche Director aller Geschütze und Kriegsmaschinen mit vieler Einsicht und Kriegserfahrung gewirkt und zum günstigen Ausgange des ersten Tages wesentlich beigetragen. Noch hervortretender war aber seine Thatkraft und Unerschrockenheit am zweiten Tage bei dem mißglückten Versuche, die durch Beutegier vollkommen in Unordnung gerathenen Schaaren im Verein mit Palffy und dem Markgrafen von Burgau zu sammeln und den neuerlichen Angriff der Türken abzuwehren. Eine besondere Erinnerung knüpft sich ferner an seine Thätigkeit im Feldzuge 1597, während welchem er bei Dotis am 19. Mai die ihm in den Niederlanden bekannt gewordenen Petarden in Anwendung brachte, der Erste auf der Sturmleiter stand und den Pascha sammt dessen Angehörigen zu Gefangenen machte. Seit dieser Zeit sollen auch die Petarden „Pernstein’sche Maschinen“ genannt worden sein; nach anderen Angaben verfertigte jedoch diese Vorrichtungen zum Sprengen von Thoren der kaiserliche Feldzeugmeister und Arsenaldirector zu Wien Johann Albert Freiherr von Sprinzenstein und kamen dieselben erst 1598 bei der Eroberung von Raab in Anwendung. An diesem Kampfe hatte aber P. keinen Antheil mehr; er fiel getroffen von einer 30 pfündigen Stückkugel schon den 29. September 1597 bei Raab gelegentlich seiner täglichen Visitirung der Belagerungsarbeiten und wurde sein Ableben im ganzen Lande tief betrauert. Denn mit P. erlosch für die nächste Zeit der alles fördernde Unternehmungssinn im Heere und verloren war der Einfluß, den er selbst in den bedenklichsten Lagen auf das Ausharren seiner Schaaren zu nehmen wußte. Ja, es wurde sogar die Belagerung von Raab aufgegeben, welche zur Sicherung von Wien und der kaiserlichen Erbstaaten unternommen worden war und in P., dem scharfsinnigen und kühnen Streiter gegen die Türkenbedrängnisse, ihren eifrigsten Vertreter hatte.

Schweigerd, Oesterreichs Helden und Heerführer. 1. Th. Leipzig 1852. – Wolny, Taschenb. f. d. Gesch. Mährens etc. Brünn 1826. – Hormayr, [390] Taschenb. f. d. vaterl. Gesch. Wien 1827. – Ersch u. Gruber, Allg. Encyklopädie etc. 3. Sect. 17. Th. Leipzig 1842.