Zum Inhalt springen

ADB:Polledro, Giovanni

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Polledro, Giovanni Battista“ von Moritz Fürstenau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 392–393, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Polledro,_Giovanni&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 09:58 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 26 (1888), S. 392–393 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Giovanni Battista Polledro in der Wikipedia
Giovanni Battista Polledro in Wikidata
GND-Nummer 103781315
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|26|392|393|Polledro, Giovanni Battista|Moritz Fürstenau|ADB:Polledro, Giovanni}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=103781315}}    

Polledro: Giovanni Battista P., berühmter Violinspieler, war geboren zu Casalmonferato alla Piova bei Turin am 10. Juni 1781. Sein Vater, ein Kaufmann, bestimmte ihn ursprünglich für den Handelsstand, doch entschied er sich bei dem sich früh zeigenden musikalischen Talente des Knaben bald, ihn der Tonkunst, insbesondere dem Violinspiele zu widmen. Polledro’s erste Lehrer waren der geschickte Geiger Mauro Calderara und der Concertmeister Gaetano Vai zu Asti, später nahm er Unterricht bei einem gewissen Paris in Turin. Im Alter von 14 Jahren machte er seine erste Kunstreise durch Oberitalien, auf welcher er das Interesse des berühmten Pugnani erregte, der ihm während sechs Monaten Unterricht ertheilte und dem Orchester des königlichen Theaters in Turin einverleibte. 1804 wurde er als erster Violinist an der Kirche St. Maria Maggiore in Bergamo angestellt. Die Kriegsunruhen zwangen ihn bald, Italien zu verlassen und eine größere Kunstreise anzutreten, die ihn bis nach Rußland führte, wo er in Moskau fünf Jahre in Engagement beim Fürsten Tatischtscheff stand. 1816 kam er zum zweiten Male nach Dresden und wurde dort als Concertmeister bei der königlichen Capelle angestellt. Diesen Posten bekleidete er bis 1822, worauf er als Generaldirector der königlichen Instrumentalmusik nach Turin ging. 1844 wurde er von einem Nervenschlag getroffen, infolge dessen er nach neunjährigen Leiden am 15. August 1853 in seiner Vaterstadt verschied. Von seinen Compositionen sind einige Concerte (op. 6, 7, 10), mehrere Hefte Variationen (op. 3, 5, 8), drei Trios (op. 2, 4, 9) und Duette (op. 11), sowie Etuden für Violine gedruckt worden, die jedoch so gut wie verschollen sind. Die „Allgemeine musikalische Zeitung“ vom Jahre 1807 beurtheilt sein Violinspiel wie folgt: „Herr P. zeigte sich als ein wirklich großer Violinspieler, der den Ruf, der ihm vorherging, vollkommen rechtfertigte. Sein Spiel ist in der That groß zu nennen. Er verachtet alle kleinlichen, dem Concerte nicht angemessenen Verzierungen und verbindet Empfindung mit Kunstfertigkeit. Das Staccato scheint indessen aus seinem Spiele ganz verbannt zu sein. Seine Compositionen sind eben nicht tief eindringend. P. ist der letzte Schüler Pugnani’s, und wenn es wahr ist, daß der Meister in seinen Schülern fortlebe, so muß es den älteren Verehrern der Kunst einen doppelten Genuß gewähren, Pugnani und P. zugleich zu hören. Er spielte zweimal mit einem Erfolge, dessen sich hier, außer Mozart, kein Tonkünstler rühmen kann. Der Zauber seines Tones, die höchste Reinheit, die großen riesenmäßigen Schwierigkeiten, welche er lächelnd gleich einem Kinderspiel überwand, und dabei auch sein zarter, feiner delicater Vortrag mußten entzücken.“ „Wir halten Herrn P. unter allen italienischen Violinisten, die nach Viotti zu [393] uns gekommen sind, durchaus für den vorzüglichsten. Seine Compositionen und sein ganzes Wesen, noch weit mehr aber sein Spiel, zeugen von ungewöhnlichem Geist, Talent, feiner Ausbildung und Geschmack überhaupt, alles dieses in trefflicher Schule und mit großem Fleiß auf seine Kunst, aber auch ganz im Sinne seiner Nation gewendet. Sonach ist das Ernste und Gehaltene der besten deutschen Violinisten so wenig, als das Glänzende und Ausgearbeitete der besten französischen sein Vorzug: wohl aber hinreißende Leichtigkeit und Fertigkeit, Anmuth und Zierlichkeit, Heiterkeit und Laune. Und was die Künstlichkeit seines Spieles betrifft, so haben wir besonders in Sprüngen und vollgriffigen Sätzen so viel Sicherheit, Reinheit, Leichtigkeit und Galanterie noch nirgends gefunden.“

Wasielewski, Die Violine und ihre Meister. 2. Aufl. Leipzig 1883. S. 156 flg.