Zum Inhalt springen

ADB:Raimann, Johann Nepomuk Ritter von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Raimann, Johann Nepomuk Ritter von“ von Julius Pagel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 178–179, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Raimann,_Johann_Nepomuk_Ritter_von&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 21:09 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 27 (1888), S. 178–179 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Nepomuk von Raimann in der Wikipedia
Johann Nepomuk von Raimann in Wikidata
GND-Nummer 116325208
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|27|178|179|Raimann, Johann Nepomuk Ritter von|Julius Pagel|ADB:Raimann, Johann Nepomuk Ritter von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116325208}}    

Raimann: Johann Nepomuk Ritter v. R., Arzt, ist am 20. Mai 1780 zu Freiwaldau in Oesterreich-Schlesien geboren. Er studirte in Prag und Wien, erlangte an letztgenannter Universität 1804 den Grad eines Doctors der Medicin, wurde 1805 provisorisch zum Lehrer der allgemeinen Pathologie und Therapie zu Krakau ernannt und erhielt dieses Lehramt definitiv als ordentlicher Professor der genannten Fächer, sowie der Arzneimittellehre 1807. Nach der Abtretung Westgaliziens wurde er 1810 als Professor der allg. Pathol. und Arzneimittellehre an die med.-chir. Josephs-Akademie zu Wien versetzt, zugleich mit dem Titel und Range eines k. k. Raths und Feldstabsarztes, und 1814 mit der Stellung als Professor und Director der inneren Klinik für die niedere Kategorie der Wundärzte an der Universität betraut. Während dieser Zeit beschäftigte er sich auch vielfach schriftstellerisch. Er gab eine Anleitung zum klinischen Unterricht (Wien 1815) und ein Handbuch der speciellen medicinischen Pathologie und Therapie (Ebend. 1816 in 2 Bänden) heraus, welches mehrere Auflagen erlebte, auch ins Lateinische und Italienische übersetzt wurde. Als Nachfolger des 1818 verstorbenen Valentin v. Hildenbrand übernahm er provisorisch dessen Lehramt, sowie die Direction des allgemeinen Kranken- und Findelhauses in Wien, deren Leitung ihm 1820 definitiv übertragen wurde, zugleich mit der Ernennung zum niederösterreichischen wirklichen Regierungsrath. 1821 wurde ihm auf seinen Wunsch wegen Ueberlastung mit amtlichen Geschäften ein Vicedirector an die Seite gestellt. 1826 wurde er in den Adelstand erhoben, 1829 nach Niederlegung des Directorats des allgem. Krankenhauses zum Leibarzt des Kaisers mit einem Gehalt von 6000 Gulden, 1833 zum Rector der Universität, 1835 von Kaiser Ferdinand zum Wirklichen Hofrath, 1836 zu dessen Leibarzt, 1837 als Nachfolger seines Schwiegervaters, des Leibarztes und Freiherrn Andreas Joseph v. Stifft, zum ersten Director und Präses der med. Facultät zu Wien ernannt. Letztere Würde bekleidete er bis zu seinem freiwilligen Rücktritt 1847, nachdem er 1844 noch das med. Referat bei der Studien-Hofcommission übernommen hatte. Sein Tod erfolgte am 8. März 1847. R. war ein gewissenhafter Lehrer, pflichttreuer Beamter und von biederem Charakter. Um die [179] Verwaltung der ihm unterstellten Anstalt hat er sich hoch verdient gemacht. Auf seinen Antrag wurde ein neues Bad im Krankenhause erbaut, dessen Kosten sich auf 60 000 Gulden beliefen. Ferner wurden unter seiner Direction die Vermögensverhältnisse der 3 vereinigten Anstalten, nämlich des eigentlichen Krankenhauses, des Gebärinstituts und der Irrenabtheilung geordnet, ihre Eigenthumsrechte festgestellt und die ihnen zukommenden Localitäten bestimmt, die Temperatur der Krankenzimmer nach dem Thermometer geregelt, die Gehälter der Aerzte erhöht und andere wichtige innerliche und äußerliche Verbesserungen und Neuerungen eingeführt. Als Arzt verdient R. durch seine strenge Befolgung der exspectativen Heilmethode, wonach er sich ebensosehr von einer vielgeschäftigen Polypharmacie wie von den thörichten Speculationen der Homöopathen fern hielt, durch sein reges Interesse für die Fortschritte der Wissenschaft volle Anerkennung. Besondere Erfolge erzielte R. in der Behandlung des Typhus, gegen den er schon kalte Waschungen empfahl und anwandte. Auf seine Veranlassung stellten die Anstaltsärzte Versuche mit einzelnen Arzneistoffen, wie z. B. mit Viola odorata, welches damals als Brechmittel sehr gepriesen wurde, sowie mit Crotonöl (auf Empfehlung des britischen Oberwundarztes Conwell) an. In schriftstellerischer Beziehung ist Raimann’s Antheil an der 1820 zu Stande gekommenen Pharmacopoea Austriaca, sowie die von ihm bis 1841 geführte Hauptredaction der 1811 gegründeten „Med. Jahrbücher des Oesterr. Kaiserstaates“ zu erwähnen.

Vgl. Biographisches Lexikon hervorragender Aerzte etc., herausgegeben von A. Hirsch Bd. IV S. 662. – Th. Puschmann, die Medicin in Wien während der letzten hundert Jahre, Wien 1884 S. 140–143.