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ADB:Redtenbacher, Joseph

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Artikel „Redtenbacher, Joseph“ von Albert Ladenburg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 542–543, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Redtenbacher,_Joseph&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 07:10 Uhr UTC)
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Redtenbacher: Joseph R., Chemiker, geb. am 12. März 1810 zu Kirchdorf in Oberösterreich, † am 5. März 1870 in Wien. Sein Vater war Kaufmann und war bemüht, seinen drei Söhnen Joseph, Wilhelm und Ludwig eine sorgfältige Erziehung zu geben. Die erste Ausbildung erhielt Joseph im Stiftsgymnasium zu Kremsmünster. Von dort ging er zum Studium der Medicin nach Wien. Hier aber beschäftigte er sich hauptsächlich mit Botanik, angezogen durch Mohs, der im Jahre 1828 seine berühmten botanischen Vorlesungen eröffnete. Auch seine Dissertation („De Caricibus“ Mai 1834) behandelt ein botanisches Thema. Bald nachdem er zum Doctor der Medicin promovirt worden, wählte ihn Jacquin, der in jener Zeit die Professuren für Botanik und Chemie bekleidete, zum Assistenten und zwar natürlich für das Fach der Botanik. Allein der damals so mächtige Freiherr von Stift bestimmte, daß er Assistent der chemischen Abtheilung werde. In dieser Stelle verblieb er nahezu fünf Jahre, bewarb sich aber in der Zwischenzeit um mehrere Professuren. Im Januar 1839 erhielt er eine Lehrkanzel an der chirurgischen Vorbereitungsanstalt in Salzburg, trat aber diese Stellung nicht an, da er gleichzeitig ein Stipendium zu einer 1½jährigen Reise ins Ausland erhielt. Er benutzte dies, ging zunächst zu Heinrich Rose nach Berlin, um sich in der Mineralanalyse auszubilden, dann zu Liebig nach Gießen, wo er sich in der organischen Chemie zu vervollkommnen suchte. Von dort machte er mit einigen in Gießen gewonnenen Freunden eine Reise durch Deutschland nach Frankreich und England und kehrte dann in seine Heimath zurück, wo er inzwischen zum Professor der Chemie in Prag ernannt worden war. Dort wirkte er bis zum Jahr 1849, und ging von dort als Nachfolger Pleischel’s nach Wien. Hier setzte er nach langen fruchtlosen Bemühungen endlich die Erbauung eines großartigen chemischen Institutes durch, das nach seinen und des berühmten Architekten Ferstel’s Plänen im J. 1869 begonnen wurde, dessen Vollendung er aber nicht mehr erlebte. Unter den allerdings [543] nicht sehr zahlreichen Untersuchungen Redtenbacher’s seien hier nur die hervorragenderen erwähnt. Dahin gehört eine mit Liebig gemeinschaftlich ausgeführte Arbeit über das Atomgewicht des Kohlenstoffs aus dem Jahr 1841. Sie fanden dabei freilich eine zu hohe Zahl: 75,85 (für 0=100). Seine erste Arbeit in Prag hatte die Zersetzungsproducte des Glycerins durch die Wärme zum Gegenstand und kann wol als seine bedeutendste Leistung angesehen werden. Er hat hierbei das Acrolein und die Acrylsäure entdeckt, ihre Zusammensetzungen festgestellt und ihre Beziehungen richtig erkannt, indem er sie mit Aldehyd und Essigsäure in Parallele stellt. Dann folgen Untersuchungen über das Cholesterin und das Taurin, von denen namentlich die letztere wichtig ist, da sie erst zur richtigen Formel des Taurins führte, während die früheren Forscher über diesen Gegenstand den Schwefelgehalt desselben übersehen hatten. Schließlich sei noch eine kurze Mittheilung über die Gährung des Glycerins durch Hefe erwähnt, welche von ihm entdeckt wurde. Alle diese Arbeiten sind in Prag entstanden, mit seiner Uebersiedlung nach Wien hört seine wissenschaftliche Schaffenskraft fast vollständig auf, nur eine kleine Abhandlung über die Trennung von Rubidium und Cäsium mit Hülfe ihrer Alaune, nach neueren Untersuchungen die beste aller Trennungen dieser Metalle ist aus dieser langen letzten Periode seines Lebens zu erwähnen. Größere litterarische Arbeiten hat R. nicht hinterlassen, doch sei hier betont, daß er als ein vorzüglicher Redner und Lehrer galt.

Schrötter, Nekrolog Redtenbacher’s in den Schriften der Akademie der Wissenschaften zu Wien.