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ADB:Ring, tom

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Artikel „Ring, tom“ von Franz Weinitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 630–631, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ring,_tom&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 08:04 Uhr UTC)
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Ring: tom (zum) R., westfälische Künstlerfamilie, heimisch und thätig in Münster. Der Ahnherr derselben ist Ludger t. R. der Aeltere, geb. 1496, † 1547. In die Zunft wurde er 1521 als Maler aufgenommen, sein Namenszeichen ist ein durch einen Ring geschlungenes L. Ueberliefert ist von ihm, daß er zur Zeit der Wiedertäuferherrschaft der neuen Lehre anhing, wie ihm denn wohl auch mit Recht die beiden Bildnisse des Wiedertäuferkönigs Johann und seiner Gemahlin (aus dem Jahre 1535; unbezeichnet) in der Galerie zu Schwerin zugesprochen werden. Von den wenigen erhaltenen und beglaubigten Werken Ludger’s verdient besonders die Weihtafel des Rutger von Dobbe, jetzt im Domarchiv zu Münster, hervorgehoben zu werden. Dargestellt ist Gottvater von himmlischen Heerschaaren umgeben, als strafender Richter, unten zu beiden Seiten Christus und Maria als Fürbitter, im Hintergrunde der Stifter (a. d. J. 1538, bezeichnet). Trotz mancher Eckigkeit und Härte in den Körpern und Gewändern sowie einer durch Unbilden neuerer Zeit verschlimmerten nüchternen Farbengebung besitzt dieses Bild als Ganzes viele Vorzüge und mit Recht wird der großartige Ernst in demselben besonders gerühmt. Am gleichen Orte wird ein Gemälde aufbewahrt, welches uns Christus mit der Weltkugel in der Hand zwischen den beiden Johannes zeigt (a. d. J. 1537, unbezeichnet). Noch alterthümlicher in Auffassung und Malweise als das vorhergenannte, erscheint es zweifelhaft, ob es Ludger d. Ae. zuerkannt werden darf. Ein gut erhaltenes, sauber ausgeführtes, sehr ansprechendes Bildniß eines jüngeren Mannes besitzt die Gemäldegalerie der kgl. Museen zu Berlin; es ist bezeichnet und dürfte in die Zeit von 1540–1547 zu setzen sein.

Hermann t. R., der Sohn des vorigen, wurde geboren 1521 und starb 1597. Sein Namenszeichen ist eine Verbindung der Buchstaben H und M (Maler), in der Mitte ein Ring. Von ihm ist eine größere Anzahl Bilder vorhanden. Ich nenne: sein Eigenbildniß a. d. J. 1544 (Besitzer Hr. von zur Mühlen in Münster), sowie ein zweites Selbstbildniß aus späterer Zeit (Hr. v. Heereman daselbst). Das dazu gehörige Gegenstück, die Gattin des Malers, ist höchst wahrscheinlich das im Wallraf-Richartz-Museum in Köln im Katalog unter Nr. 408 aufgeführte Frauenbildniß eines unbekannten Meisters. Ferner mehrere Kirchenbilder und zwei Gedenktafeln, welche er dem Andenken seiner Eltern sowie seiner eigenen Familie gewidmet hat (a. d. J. 1548 und 1592) und welche durch die Unterschriften auch werthvolles urkundliches Material liefern. Ein Gemälde, welches früher dem Vater, in neuerer Zeit ihm zugesprochen wird, ist die „Auferweckung des Lazarus“ (a. d. J. 1546, unbezeichnet) im Domarchiv zu Münster. Dasselbe ist gleich vorzüglich in der Anordnung der Gruppen, in der Farbengebung und Ausführung; durch das ganze Bild geht der frische Zug der Renaissance. Als eines der besten Werke Hermann’s wird uns seine [631] „Muttergottes mit dem Kinde“ (bezeichnet, aber ohne Jahreszahl), welche sich in Privatbesitz in Miltenberg befindet, geschildert. In Münster und Umgebung sind noch mehrere beglaubigte Gemälde des Meisters in persönlichem und öffentlichem Besitze (Westf. Kunstv. z. Münster), wodurch es möglich wird, über seine Kunstthätigkeit und Entwicklung eine gesicherte Kenntniß zu erlangen.

Des vorigen Bruder Ludger (der Jüngere) erscheint fast ausschließlich als Bildnißmaler thätig. Geboren um 1530, ging er später nach Braunschweig, wo er 1561 Bürger wurde und 1583/84 starb. Viele Mitglieder des westfälischen Adels und des braunschweiger Patriciats sind von seiner Hand der Nachwelt im Bilde festgehalten worden und erfreuen den Beschauer durch die künstlerisch-feine Behandlung; zwei derartige Bildnisse besitzt Hr. von zur Mühlen in Münster; zwei ähnliche sind in v. Pawel’schem Besitz in Osnabrück; zwei weitere befinden sich in der städtischen Sammlung zu Braunschweig. Ein eigenartiges Gemälde besitzt von ihm die Gemäldegalerie zu Berlin: Ein großes, sorgsam ausgeführtes, in den Farben allerdings kaltes, Küchenstück; im Hintergrunde in einem Gemache spielt sich der Vorgang bei der Hochzeit von Kana ab (1562 bez.). Im Vorrath der Galerie befindet sich ferner ein kleines Bildniß eines Geistlichen (a. d. J. 1568; bezeichnet), welches jedoch von geringerem künstlerischen Werthe ist. Endlich sei noch erwähnt, daß der Kunstverein in Münster von Ludger d. J. das Bildniß des Humanisten Chemnitz (a. d. J. 1569; bezeichnet) in Besitz hat.

Die eben behandelten drei Maler sind es, welche dem Namen t. R. eine achtbare Stellung in der deutschen Kunstgeschichte des 16. Jahrhunderts sichern. Aber noch andere Mitglieder der Familie werden als Maler genannt; so Heribert (geb. um 1524?), auch ein Bruder Hermann’s, welchem er als Gehülfe zur Hand ging; selbständige Werke sind von ihm nicht bekannt. Von Hermann’s Söhnen wurden Ludger (geb. 1554) und Nicolaus (geb. 1564) gleichfalls Maler. Von ersterem weiß man nichts weiter, von N. sind mehrere Tafeln mit religiösen Darstellungen im Besitz der Ludgerikirche, sowie in dem eines Privatmannes in Münster. Ein dritter Sohn, wie der Vater Hermann benannt (geb. 1566), wurde Goldschmied. Durch die zwei ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhundert lassen sich die Spuren der Enkel des alten Ludger t. R. verfolgen, dann hören weitere Nachrichten über Mitglieder der Familie auf.

Obgleich sich in letzterer Zeit die Kunstforschung mit den oben genannten Malern eingehender beschäftigt hat, so ist dieselbe doch noch nicht zu einem Abschluß gelangt. Die Schwierigkeiten sind nicht gering. Ein großes Hemmniß für die Forschung ist der schlechte Zustand und die ungünstige Aufbewahrung der im öffentlichen und kirchlichen Besitz zu Münster befindlichen t. Ring’schen Gemälde. Immerhin ist die kunstgeschichtliche Stellung der drei Maler im wesentlichen festzustellen. Im Gegensatz zu Ludger d. Ae., bei welchem niederrheinischer und flämischer Einfluß wenigstens noch für das Jahr 1538 nachzuweisen ist, sind seine beiden Söhne der neuen Kunstweise ganz zugethan. Ob Dürer’s und Holbein’s Vorbild auf sie bestimmend eingewirkt haben, dies zu ergründen sei künftiger Forschung anheimgegeben. Einen besonderen Werth würde es haben, wenn sich urkundlich feststellen ließe, wem der Ruhm der Urheberschaft der „Auferweckung des Lazarus“ gebührt, dem Vater oder dem Sohne.

Nordhoff, Die to Rings und die späteren Maler Westfalens (Archiv f. kirchl. Kunst, herausg. von Th. Prüfer, Berlin. IX. 1855. Nr. 10. S. 73 ff., s. hier auch die bezügliche Litteratur). – Eigene Forschungen des Unterzeichneten.