ADB:Sautter, Johann von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Sautter, Johann von“ von Carl Leisewitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 423–425, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sautter,_Johann_von&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 02:48 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Sautier, Heinrich
Nächster>>>
Savigny, Carl von
Band 30 (1890), S. 423–425 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand November 2015, suchen)
Johann von Sautter in Wikidata
GND-Nummer 117021083
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|30|423|425|Sautter, Johann von|Carl Leisewitz|ADB:Sautter, Johann von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117021083}}    

Sautter: Johann v. S., Director der kgl. württembergischen Centralstellen für Landwirthschaft, Gewerbe und Handel, Ritter hoher württbg. Orden, † am 3. November 1855 zu Stuttgart. Als der einzige Sohn des Zunftmeisters und Gerichtsbeisitzers Sautter zu Scharndorf in W. am 19. Januar 1807 geboren, war er bis zum 14. Lebensjahre hinsichtlich seiner Erziehung zunächst auf das elterliche Haus und auf die in seinem Geburtsorte existirende Lateinschule angewiesen. Nach dem Abgange von letzterer fand er jedoch bald eine belehrende und anregende Beschäftigung bei dem Stadtschultheißen in Scharndorf und entwickelte hier solchen Eifer und so reges Interesse für die Aufgaben der Communalverwaltung, daß ihm schon 1827 die Function eines Pfandcommissärs für den dortigen Gemeindebezirk überwiesen werden konnte. In dieser Stellung bewährte er sich ebenso sehr durch Fleiß und Berufstreue, wie durch Umsicht und Gerechtigkeitssinn; allein er wurde sich auch der Fähigkeiten zur Lösung weiterer Aufgaben bewußt und fühlte großes Verlangen, sich juristisch gründlich auszubilden. In dieser Absicht bezog er zu Ostern 1830 die Universität Tübingen und widmete sich dort mit großer Energie nicht allein den rechts- und staatswissenschaftlichen Studien, sondern auch den für die Hebung seiner allgemeinen Bildung besonders wichtigen humanistischen Lehrdisciplinen. Durch seine von unermüdlichem Fleiße und reger Fassungskraft gestützten Bemühungen gelang es ihm schon im J. 1833, die Fachprüfung an der juristischen Facultät zu absolviren und im Jahre darauf auch die bezüglichen Staatsprüfungen zu bestehen. So hatte er eine gesicherte Basis für den von ihm ersehnten Beruf gewonnen und war durch seine Studien ebenso mit lebendigem Sinn für Wissenschaftlichkeit, wie mit Scharfblick und Urtheilsreife ausgestattet worden. Nachdem er sich im J. 1835 als Rechtsconsulent zu Ludwigsburg niedergelassen und während der beiden folgenden Jahre zugleich als Collegialhülfsarbeiter bei der dortigen Kreisregierung functionirt hatte, wurde ihm gegen Ende 1837 die Stelle eines Secretärs beim Ministerium des Innern in Stuttgart zugetheilt. Hier erwarb er sich durch seine erfolgreiche Thätigkeit auf verschiedenen Gebieten bald solche Anerkennung, daß er schon 1840 zum Regierungsrath befördert und als solcher bald darauf zum Mitgliede der Centralstelle des landwirthschaftlichen Vereins ernannt wurde. Nachdem er sodann seit 1844 noch mit anderweitigen Functionen im Ministerium betraut und dadurch zugleich veranlaßt worden war, sich mit den Angelegenheiten der Industrie und des Handels, sowie mit den bezüglichen Verwaltungsaufgaben vertraut zu machen, wurde ihm 1847 die Direction der Centralstelle [424] des landw. Vereins und ein Jahr später auch das gleiche Amt bei der neugegründeten Centralstelle für Gewerbe und Handel übertragen. Obschon ihm damit ein sehr ausgedehnter Wirkungskreis eröffnet war, der ihn zur Mitwirkung an schwierigen aber aussichtsvollen Aufgaben auf sehr verschiedenen Gebieten nöthigte, so fügte er sich auch noch der ihm 1848 zugegangenen Aufforderung, ein Mandat vom Amte Ludwigsburg für die Ständeversammlung zu übernehmen. Bei dieser Vertretung bewahrte er ebenso viel Sinn für die Förderung des allgemeinen Wohles, wie objectives Verständniß für Fürstenrechte, so daß ihm in Anerkennung seiner königstreuen Gesinnung u. s. w. hohe Auszeichnungen von seinem Landesherrn verliehen wurden.

In richtiger Erkenntniß der großen Verantwortung, welche er mit den neuen Aemtern übernommen hatte, trachtete er vor allen Dingen darnach, die bei den betreffenden Erwerbszweigen herrschenden Erfordernisse gründlich zu ermitteln und deren Verwirklichung dadurch zu erleichtern, daß er auf Beseitigung der Erwerbsbeschränkungen, auf Verbreitung nützlicher Kenntnisse und auf Belebung des Gemeinsinns mit den ihm zu Gebote stehenden öffentlichen Mitteln unter dem Beistande einsichtsvoller und einflußreicher Männer jener Berufskreise hinzuwirken suchte. Als Vorstand der Centralstelle für Landwirthschaft förderte er nach Möglichkeit die Interessen der landw. Akademie zu Hohenheim, sorgte für das Gedeihen und die Hebung der Ackerbauschulen, führte Lehrcurse für Geometer zur Unterweisung in landw. Meliorations- und Culturaufgaben, für Schmiede und Wagner zur Vervollkommnung landwirtschaitlicher Geräthe, für Baumwärter zur Belehrung in der Obstbaumzucht ein und wandte der Verbesserung der landw. Fachpresse, sowie der Verbreitung populärer landw. Schriften seine Sorgfalt zu. Ein besonderes Verdienst erwarb er sich durch den größtentheils von ihm auf Grund umfassender geschichtlichen, rechtlichen, statistischen und ökonomischen Specialstudien ausgearbeiteten Entwurf eines Landesculturgesetzes, welcher als wichtigste Grundlage für alle neueren Reformen in der Agrarverfassung Württembergs bis heute gegolten hat und auch außerhalb der Grenzen jenes Staates Anerkennung finden sollte.

Auf dem Gebiete der gewerblichen Thätigkeit nahm vorzugsweise das in Rückgang gerathene Kleingewerbe sein Interesse in Anspruch und mit großem Verständniß für die Pflege dieser Erwerbszweige wandte er eine Reihe der wirksamsten Maßregeln an, um dem Handwerkerstande aufzuhelfen. In dieser Absicht sorgte er für die Hebung und Vermehrung der gewerblichen Schulen, für Belehrung der in den Gewerben thätigen Kräfte durch Einführung von Wanderlehrern, durch Errichtung von Musterlagern, durch Verbreitung gewerblicher Schriften und Zeichnungen, sowie durch Erleichterung des Besuchs ausländischer Werkstätten und Industrie-Ausstellungen. Seine Bemühungen waren ferner darauf gerichtet, der ganzen heimischen Industrie die Wohlthaten des Zollvereins zu sichern und ihrer freien Entfaltung durch Anbahnung einer Reform der Gewerbeordnung Vorschub zu leisten. Zu diesem Behufe verfaßte er eine in der Deutschen Vierteljahrsschrift von 1854 erschienene Denkschrift, worin „die Gesichtspunkte für eine Reform der Gewerbeverfassung Württembergs“ im Sinne einer Festhaltung und Veredlung der corporativen Verfassung unter Aufhebung aller Zunftschranken entwickelt waren.

Hatte er durch solche, vielfach vom schönsten Erfolge gekrönte Bestrebungen schon gerechten Anspruch auf Anerkennung und Hochschätzung in seinem engeren Vaterlande gewonnen, so erwarb er sich auch durch seine humane und wohlwollende Gesinnungsweise, durch die Biederkeit, Bescheidenheit und Uneigennützigkeit seines Charakters große Achtung und Liebe bei Allen, die mit ihm einen amtlichen oder geselligen Verkehr zu führen hatten. Nachdem er seit 1849 fast alljährlich Instructionsreisen [425] in fremde Districte zur Wahrung der Interessen seines Berufes unternommen hatte, begab er sich auch im Spätsommer 1855 nach Paris zum Besuche der dort abgehaltenen internationalen Industrieausstellung. Bei dieser Gelegenheit zog er sich eine Verschlimmerung seines schon länger getragenen Gichtleidens zu und verfiel nach kurzer Zeit in eine schwere Fieberkrankheit, welche bald einen tödtlichen Ausgang nahm.

Schwäbische Chronik (Beiblatt zum schwäbischen Merkur) Jahrg. 1856, Nr. 10.