ADB:Schaller, Ernst Johann
Friedrich Preller. Auf Ausflügen in die Umgegenden seiner Heimath und auf Reisen in Tirol und Baiern malte er vorwiegend Landschaftsstudien und erwarb sich zugleich eine tüchtige Vorbildung für die Thiermalerei, wozu ihn angeborenes Talent und ein auf kräftige Lebenswahrheit gerichtetes Streben besonders befähigten. Er entsagte diesen Darstellungsgebieten, als er von München, wo er einen längeren Aufenthalt genommen, nach Weimar zurückgekehrt war und in vertrauten Verkehr mit Buonaventura Genelli trat. Der geniale Meister erweckte in ihm den Sinn für monumentale Compositionen und den durch die Antike vorgezeichneten Idealismus in der Kunst. Mit Genelli hat S. in seinen Werken die sinnlich blühende Schönheit der menschlichen Erscheinung gemein und die rhythmische Gliederung der Raumflächen.
Schaller: Ernst Johannes S., Historien- und Thiermaler, der Sohn eines Beamten, ist im J. 1841 zu Wasungen an der Werra in Thüringen geboren. In Meiningen erzogen, genoß er seine erste künstlerische Ausbildung in Weimar bei dem durch sein Odysseewerk bekanntenUm sein vielseitiges Talent, seine technischen Kenntnisse und Erfahrungen zu verwerthen, begab sich S. im Herbste 1867 nach Berlin, wo bei dem raschen Wachsthum an öffentlichen und Privatbauten die Vorliebe für die künstlerische Ausstattung der Räume sich gesteigert und ausgebreitet hatte. Er fand hier zahlreiche Aufträge, die auf seine poetische Erfindungsgabe anregend wirkten und sein schnellfertiges Gestaltungsvermögen in den Dienst der decorativen Malerei stellten. Was er thatkräftig auf diesem Gebiete geschaffen, ist von außerordentlicher Schönheit und der Wiederschein eines heiteren und sinnreichen Phantasielebens. – Als eine seiner ersten Arbeiten malte er, wohl unter dem nachwirkenden Einflusse Genelli’s, im Musiksaale des von Orth erbauten, damaligen Strousberg’schen Palais in der Wilhelmstraße, einen schön bewegten Bacchuszug.
Bald nahm auch die technische Hochschule und das in jener Zeit gegründete deutsche Gewerbemuseum, aus welchem später das Kunstgewerbemuseum hervorging, seine Thätigkeit als Lehrer in Anspruch. Indem er die Schüler bei seinen eigenen Arbeiten als Gehilfen heranzog, sorgte er zugleich für tüchtigen Nachwuchs. In seinem Freunde und Collegen Moriz Meurer fand sodann S. den geeignetsten Künstler für den rein ornamentalen Theil der Arbeiten, während er selbst das Figürliche übernahm. Mit vereinten Kräften führten nun Beide die [560] decorativen und halb ornamentalen Malereien auf den Wänden des Treppenhauses im Handelsministerium zu Berlin, Voßstraße, aus, schmückten die Kuppel der Capelle der Centralkadettenanstalt zu Lichterfelde und die Saaldecke im Verwaltungsgebäude der Hamburger Bahn in Berlin. Später trennte sich S. von Meurer und malte selbständig mit seinen Schülern vier große figurenreiche Bilder, die Gaben der Elemente zum kostbaren Schmuck des Lebens darstellend, im Saale der Goldschmiedearbeiter des Berliner Kunstgewerbemuseums sowie die reizvollen Decorationen im Grand-Hotel am Alexanderplatze. Bei allen diesen Schöpfungen hielt Schaller’s rüstige Arbeitskraft gleichen Schritt mit der Regsamkeit seiner Phantasie.
Das Hauptwerk seines Lebens, in welchem er seine Begabung für die monumentale Malerei großen Stils leuchten ließ, sind die 1879–80 in Kaseinfarben auf die Mauerwand ausgeführten Gemälde zur Prometheussage im Schlesischen Provinzialmuseum zu Breslau, von sorgfältiger Durchführung und im Gesammtton einheitlich und zu ruhiger Harmonie gestimmt. Seine Gestalten sind weniger individualisirte als typische Erscheinungen, angepaßt dem monumentalen Charakter des Ganzen, das man als den Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens bezeichnen darf. Zur Feier des Einzuges Kaiser Wilhelm’s I. nach dessen Genesung im December 1878 malte S. für die Ausschmückung des Pariser Platzes mächtige Velarien, die man als Meisterwerke allgemein bewunderte. – Die symbolischen Wand- und Deckengemälde im Concertsaale des neuen Gewandhauses zu Leipzig (1884–85) und die für das Schloß Hummelshain bei Altenburg waren im wesentlichen seine letztzen bedeutenderen Werke.
In seinen späteren Lebensjahren suchte S. an verschiedenen Orten vergeblich Heilung von einem schweren Magenleiden; er verlor allmählich seine Schaffenslust und Widerstandskraft; damit auch seine sonst so heitere Lebensanschauung und die in gesunden Jahren so fesselnde Schönheit seiner Erscheinung. Verzweifelnd griff er zum Morphium, dessen Genuß sein Leiden scheinbar für den Augenblick milderte, doch seine Gesundheit völlig vernichtete. Er starb am 25. Juni 1887 zu Coburg.
- Vgl. Vossische Zeitung, 6. Juli 1887. – Kunstchronik Nr. 40, 1887.