Zum Inhalt springen

ADB:Schlossberger, Julius Eugen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schloßberger, Julius Eugen“ von Bernhard Lepsius in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 531–533, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schlossberger,_Julius_Eugen&oldid=- (Version vom 28. November 2024, 09:15 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Schlör, Simon
Band 31 (1890), S. 531–533 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Julius Eugen Schloßberger in der Wikipedia
Julius Eugen Schloßberger in Wikidata
GND-Nummer 118608363
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|31|531|533|Schloßberger, Julius Eugen|Bernhard Lepsius|ADB:Schlossberger, Julius Eugen}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118608363}}    

Schloßberger: Julius Eugen S., Professor der Chemie in Tübingen, wurde am 31. Mai 1819 in Stuttgart geboren. Schon als Student veröffentlichte er die von der medicinischen Facultät in Tübingen gekrönte Preisschrift: „Vergleichende chemische Untersuchungen über das Fleisch verschiedener Thiere“; mit 21 Jahren wird er daselbst zum Dr. med. et chir. promovirt und bekleidet in den Jahren 1841–42 die Stelle eines Assistenzarztes am Katharinenhospital in Stuttgart. Dieser Zeit verdankt eine wichtige Arbeit über den Harngries in den Bellini’schen Röhren, ein Beitrag zur Lehre von den chemischen und physiologisch-pathologischen Vorgängen im Harnsystem der Neugeborenen, ihre Entstehung, die erste von zahlreichen Abhandlungen, welche in dem Archiv für physiologische Heilkunde, sowie in den Annalen der Chemie und Pharmacie in den Jahren 1842–59 von ihm veröffentlicht worden sind. Nachdem S. den Grafen Solm-Hoogstraaten auf einer Reise nach Südfrankreich als Leibarzt begleitet hatte, begab er sich zu seiner weiteren Ausbildung nach Wien, Paris und Gießen. Der Einfluß Liebig’s bestimmte ihn, sich vorzugsweise der physiologischen Chemie zuzuwenden. Aus seiner Gießener Zeit stammt eine zusammenfassende Darstellung der damaligen Anschauungen „Ueber die Bildung und die Bedeutung des Fettes im thierischen Haushalte, eine historisch-kritische Skizze aus der neuesten chemischen Physiologie und Pathologie“ (Arch. 3), sowie eine kritische Darstellung der Kenntnisse des Rhabarbers, an welche sich eine eingehende analytische Untersuchung, die sämmtliche Bestandtheile desselben umfaßt, und eine Erörterung anschließt, über die Ursache der Heilkraft des Rhabarbers. Im J. 1845 geht S. als erster Assistent an das chemische Laboratorium von Gregory in Edinburg. Die Erkenntniß der Wichtigkeit des Stickstoffs in der pflanzlichen und thierischen Nahrung veranlaßt ihn hier auf Grund zahlreicher Analysen eine Nutritionsscala aufzustellen, in welcher er die wichtigsten Nahrungsmittel nach ihrem absoluten Gehalt an Nährstoff ordnet, berechnet aus dem Stickstoffgehalt der Trockensubstanzen, wobei er denjenigen der Frauenmilch gleich 100 setzt (Arch. 1846, V, 17). Noch verweilt er einige Zeit auf den Hochschulen von Utrecht und Berlin und kehrt dann in seine Heimath [532] zurück, um bis zu seinem Tode am 9. Juli 1860 als Professor der Chemie in Tübingen eine erspießliche Lehrthätigkeit zu entfalten.

Von größeren Schriften, welche S. hier verfaßt, sind zu nennen: „Zur Orientirung in der Frage von den Ersatzmitteln des Getreidemehls besonders in der Brodbereitung“, Stuttgart 1847. Er übernimmt die zu jener Zeit schwierige Aufgabe, das erste „Lehrbuch der organischen Chemie“ zu schreiben (Stuttgart 1850), welches bis zu seinem Tode fünf Auflagen erlebte. In den Jahren 1855–57 gab er den „Ersten Versuch einer allgemeinen und vergleichenden Thierchemie“ heraus (1. Bd., Leipzig und Heidelberg, 8°). Auch liebte er es, wie er es bereits in Gießen gethan, einzelne Capitel der chemischen Physiologie zusammenzufassen und kritisch zu beleuchten, so: „Die Lehre von der Beziehung des Athmens zur Blutumwandlung, mit besonderer Rücksicht auf die jüngste mechanische Respirationstheorie“ (Arch. 1845, V, 261); „Ueber den gegenwärtigen Stand unserer Kenntniß von den Giften, welche sich in den thierischen Nahrungsmitteln entwickeln können“ (Naturf. Vers. 1852, Wiesbaden) u. s. w. Die meisten seiner sonstigen zahlreichen Abhandlungen gehören ebenfalls der physiologischen Chemie an: „Analyse des Muskelfleischs eines Alligators“; „Ueber die Natur der Hefe“; „Analyse der Milch eines Bocks“; „Chemische Beiträge zur Kenntniß der Schwämme“ (Ann. 1844); „Ueber die düngende Kraft der Schwämme nach einem von der Natur gelieferten Experiment“; „Ueber einige aus dem Caseïn erhaltene Substanzen“; „Ueber die Zusammensetzung des Fibrins“ (Ann. 1846); „Ueber die Bildung von Vivianit im thierischen Organismus, hervorgerufen durch eiserne Nägel in einem Straußenmagen“ 1847; „Kreatin ein Bestandtheil des menschlichen Muskels“ 1848; „Unters. eines Venensteins“; „Chemische Unters. des erweichten Kinderschädels“ 1849; „Ueber die physiologische Wirkung analog constituirter Materien“ (des Methyl- und Amylalkohols, sowie der Baldrian- und Buttersäure im Vergleich zum Aethylalkohol bezw. zur Essigsäure) 1850; „Ueber krystallis. Kalkphosphat in Harnröhrensteinen“ 1851; „Ueber das Verhalten verschiedener Pflanzen speciell zu Salzlösungen“ 1852; „Gehirn der Neugeborenen“; „Ueber die Reaction der Milch“; „Unters. der sogen. Hexenmilch“ 1853; „Hippursäure in den Hautschuppen bei Ichthyose“; „Ueber die Beschaffenheit der Hirnsubstanz“ 1854; „Zur Kenntniß des Fötuslebens“ 1855 u. 1857; „Das Sauerwerden der Milch in den Milchdrüsen“ 1855; „Zur Kenntniß der Muschelschalen, des Byffus und der Chitinfrage“; „Ueber Krystalle in den Malpighi’schen Gefäßen der Raupen“; „Concremente in dem Bojanus’schen Organ“ 1856; „Das Blut der Cephalopoden“ 1857; „Analyse der Galle von Phython tigris“; „Ueber Fibroïn und die Substanz des Badeschwammes“; „Menschliche Milch von enormem Fettgehalt“; „Analyse der Galle des Welses“ 1858; „Die Galle des Känguruh“; „Das Fibroïn der Spinnfäden“ 1859. Aber auch auf rein chemischem Gebiete sind einige interessante Abhandlungen zu erwähnen: So ist er der Entdecker eines wichtigen Lösungsmittels für Seide; er zeigt, daß eine Lösung von Nickeloxydulammoniak in ähnlicher Weise im Stande ist, die Seide aufzulösen, wie man mit Hülfe des Schweizer’schen Reagens die Baumwolle auflösen kann; während aber das letztere Reagens beide Stoffe löst, so wirkt das erstere nur auf die Seide. Er stellt fest, daß die Cellulose zwar chemisch unverändert, aber völlig structurlos aus der Schweizer’schen Lösung abgeschieden wird (Ann. 1858). Er stellt die Kleesäure durch die Oxydation von Alkohol mittels Platinchlorids dar (1859) und beweist in Gemeinschaft mit R. Fresenius, daß die von Dupasquier vermuthete Verbindung von Eisen mit Wasserstoff ebensowenig existirt, wie der Wismuthwasserstoff und der Schwefelarsenwasserstoff Meurer’s (Ann. 1844). Endlich ist noch eine Arbeit aus der theoretischen Chemie zu erwähnen, [533] über die Constitution der Imide (1853), in welcher er Anschauungen entwickelt, wie sie Kolbe in ähnlicher Weise aufgestellt hat.