Zum Inhalt springen

ADB:Schmidt, Karl

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schmidt, Karl“ von Richard Hoche in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 770, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schmidt,_Karl&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 11:28 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Schmidt, Julius
Nächster>>>
Salomon, Gotthold
Band 31 (1890), S. 770 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand September 2013, suchen)
Karl Schmidt in Wikidata
GND-Nummer 117541826
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|31|770|770|Schmidt, Karl|Richard Hoche|ADB:Schmidt, Karl}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117541826}}    

Schmidt: Karl S., der „anthropologische Pädagog“ des 19. Jahrhunderts, wurde am 7. Juli 1819 in Osternienburg in Anhalt als Sohn eines Bauern geboren, kam nach dem Besuche der dortigen Dorfschule erst 1834 auf das Gymnasium in Köthen und bezog 1841 die Universität Halle, um Theologie zu studiren. Von Anfang an wandte er sich mit Vorliebe philosophischen Studien zu und wurde ein eifriger Hegelianer, die theologischen Studien betrieb er ohne rechten Antheil: „Der Kampf gegen Satzungen und Formelwesen soll die Aufgabe meines Lebens sein.“ 1844 ging er nach Berlin und beschäftigte sich hier vornehmlich mit Schleiermacher, der ihn über die „Hegelei“ hinausführte. 1845 wurde er Hülfslehrer am Gymnasium in Köthen, 1846 trotz seines Gegensatzes zum Bekenntnisse der Kirche (die von ihm aufgeworfene Frage: „Luther oder wir?“ beantwortete er mit einem stolzen „Wir!“) Pfarradjunct in Edderitz. Bereits 1850 schied er jedoch wieder aus dem geistlichen Stande, dem er innerlich immer fremd geblieben war, und übernahm wieder eine Lehrerstelle am Gymnasium in Köthen, die er bis 1863 beibehielt. Das Amt ließ ihm Zeit zu umfassenden pädagogischen Studien und schriftstellerischen Leistungen: 1854 erschien das „Buch der Erziehung“, 1856 „Briefe an eine Mutter über Leibes- und Geisteserziehung ihrer Kinder“, 1857 die „Gymnasialpädagogik“, 1860 die „Geschichte der Erziehung und des Unterrichts, 1862 die vierbändige „Geschichte der Pädagogik“, welche seinen Namen in weiten Kreisen bekannt gemacht hat. Auch gab er eine Zeitschrift, „Die Erziehung der Gegenwart“, heraus. Die Grundanschauung seiner Pädagogik ist die, daß die Unterlage des Unterrichts und der Erziehung nicht bloß die Psychologie, sondern die Anthropologie sein müsse, die Pädagogik soll nur „angewandte Anthropologie“ sein; „Den Menschen erkennt nur, wer die Natur im Menschen und den Menschen in der Natur erkennt.“ Mit derartigen einer zwar radicalen, aber doch ziemlich dürftigen materialistischen Weltanschauung entsprechenden Schlagworten fand S. bei einem großen Theile der Volksschullehrer, welcher sich gleich S. im Gegensatze zur Kirche fühlte, lebhaften Anklang; auf den „Deutschen Lehrerversammlungen“ war er eine hochangesehene und führende Persönlichkeit, zumal die Gabe der freien Rede ihm in ungewöhnlichem Maaße zu Gebote stand. Einer wissenschaftlichen Prüfung halten seine Theorieen, die ihn folgerecht dahin führten, in der Phrenologie die Grundlage der Pädagogik der Zukunft zu erblicken, nicht Stand. – Im J. 1863 wurde S. als Seminardirector und Schulrath für das Volksschulwesen nach Gotha berufen, veröffentlichte alsbald eine „Geschichte der Volksschule und des Lehrerseminars im Herzogthum Gotha“ und eine Schrift „Zur Reform der Lehrerseminare und der Volksschule“, beides 1863, starb aber bereits am 8. November 1864. Nach seinem Tode erschien noch 1865 „Zur Erziehung und Religion“ und die „Anthropologie“. Die „Geschichte der Pädagogik“ hat noch mehrere Auflagen erlebt, welche sein begeisterter Verehrer Wichard Lange in Hamburg bis 1884 besorgte.

W. Lange im IV. Bande der Gesch. der Pädag., 3. Aufl., S. 1088–1140, wo die Anschauungen Schmidt’s sehr eingehend dargelegt sind. – W. Lange’s Nachruf im Hamburger Schulblatt 1864, Nr. 354.