ADB:Schosser, Johannes

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Artikel „Schosser, Johannes“ von Georg Ellinger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 389–390, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schosser,_Johannes&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 15:21 Uhr UTC)
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Schosser: Johannes S., neulateinischer Dichter, genannt Aemilianus nach seinem Heimathsort (das heutige Amalienruh im Hennebergschen?), wo er am 11. Oct. 1534 geboren wurde und wo sein Vater Prediger war. Er besuchte beinahe fünf Jahre lang die Universität Königsberg, bis ihm die auf derselben ausgebrochenen Streitigkeiten den Aufenthalt verleideten. Hierauf leitete er eine Zeit lang die Schule zu Schmalkalden und begab sich dann 1559 nach Wittenberg, wo er sich die Magisterwürde erwarb. Nach kurzem Verweilen in seiner Heimath, wo er ebenfalls als Lehrer gewirkt zu haben scheint, wurde er 1560 als Professor an die Universität Frankfurt a. O. berufen. Bis zu seinem Tode hat er Frankfurt nur einmal wieder auf längere Zeit verlassen, nämlich zu einer Reise nach Italien in den Jahren 1564 und 1565. Seine pädagogischen und wissenschaftlichen Verdienste fanden in Frankfurt ebenso vielen Beifall wie seine persönliche Tüchtigkeit ihm allgemeine Anerkennung gewann; aber sein Einkommen entsprach nicht dem Ansehen, das er genoß: er lebte in dürftigen Verhältnissen, wenn auch der Kurfürst und die Universität es an Unterstützungen nicht fehlen ließen. Mit fast allen namhaften Mitgliedern des Wittenberger Poetenkreises, namentlich mit seinem Lehrer Georg Sabinus, war er befreundet und stand mit ihnen in regem Briefverkehr. Er starb am 3. Juli 1585.

Seine in elf Büchern gesammelten Gedichte werden durch fünf Bücher Elegieen eröffnet, die im wesentlichen Gelegenheitsgedichte enthalten. Vereinzelt werden hier auch persönliche Empfindungen des Dichters laut, er beklagt die rauhe und der Dichtung ungünstige Zeit, in welcher er lebt; er weiß nicht, welches Land er aufsuchen soll, da überall Streit und Verwirrung herrschten und vergleicht sich mit dem Schiffer, der mit Sturm und Wetter kämpft und nirgends Land erblickt. Wie Hutten fordert er seine Muse auf, indem er ihr den Weg beschreibt, zu einem Freunde zu gehen und ihm Aufträge zu überbringen. An die Einkleidungen der Gelegenheitsgedichte des Sabinus (vgl. A. D. B. XXX, 109) wird man erinnert, wenn die Göttin der Heilkunst auf einem dem Apollo geweihten Berge einem ihrer Jünger erscheint und ihn antreibt in fremde Lande zu ziehen. Auch in den Hochzeitsgedichten kehren ähnliche Einkleidungen wieder; andere sind mehr episch gehalten, und in einem Gedichte zur Hochzeit der Tochter Joachim’s II. und des Herzogs Julius von Braunschweig wird die Geschichte von den Weibern zu Weinsberg mit antikem Aufputz recht weitschweifig erzählt.

Schosser’s Buch über die Wappen berühmter Männer, in welchem die hervorragendsten Männer der damaligen Zeit, z. B. Luther, Erasmus, Melanchthon [390] u. A. im Hinblick auf ihr Wappen kurz charakterisirt werden, gehört zu den Modegattungen der neulateinischen Dichtung, denen wir kein Interesse mehr entgegenbringen; ebenso wenig enthalten seine Hendekasyllaben und Epigramme irgend etwas Eigenartiges. Auch von seinen epischen Gedichten ziehen uns die beiden biblischen Epen: „Die Geschichte Pharaos“ und „Die Opferung Isaaks“ nicht an, namentlich das erste ist ein sehr trockenes Machwerk, während in dem zweiten wenigstens hin und wieder Versuche zur selbständigen Ausgestaltung des Stoffes gemacht worden sind. Mit größerer Theilnahme verweilen wir auf seiner „Marchias“, einem Epos, welches die Anfänge des hohenzollerschen Fürstenhauses behandelt. In einer Elegie (III, 4) hatte S. beklagt, daß in Deutschland der Sänger fehle, welcher die Gestalten der Vorzeit zu neuem Leben erwecken könne. Mit seinem in Distichen abgefaßten Gedicht suchte er diesem Mangel zum Theil abzuhelfen, und es läßt sich diesem Epos wenigstens in seiner ersten Hälfte, in welcher die hohenzollersche Stammsage behandelt wird, eine gewisse Bedeutung nicht absprechen. Die Geschichte des Ferfridus, der, aus Italien durch den Papst vertrieben, zu Heinrich IV. flieht, diesen im Kampf gegen seine Feinde unterstützt und sich nun in Deutschland eine neue Heimath gründet, wird ansprechend erzählt. Die antiken Flitter sind nicht immer geschickt aufgeheftet; so berührt es uns eigenthümlich, wenn der aus Italien Entflohene in Deutschland zuerst von einem Flußgott begrüßt wird. Aber Einzelnes, wie die Schilderung der Schlacht bei Mölsen, ist nicht ohne höheren Schwung, und schön ist folgende Scene: Ferfridus entschläft auf seiner neugewonnenen Burg Zollern in kummervollen Gedanken an die verlorene Heimath, da erscheint ihm im Traume Ascanius und verheißt seinem Geschlecht eine ruhmvolle Zukunft. Ferfridus erwacht und sieht über sich die klaren Sterne. Da kniet er nieder und fleht in inbrünstigem Gebet zu Gott, daß der Traum zur Wahrheit werden möge. – Diesem glücklichen Anfange entspricht aber nicht die Fortsetzung; die Geschichte des hohenzollerschen Hauses wird zunächst bis zu Friedrich I. fortgeführt, worauf dann Leben und Thaten der einzelnen Burggrafen bis auf die Zeit des Dichters kurz und trocken beschrieben werden. Diese Theile sind von geringem poetischen Werth; mit dem Tode des Stammvaters ist das dichterische Interesse erlahmt.

Die einzelnen Ausgaben verzeichnet Goedeke, II², 110. In der Ausgabe von 1598 auch eine Auswahl aus dem Briefwechsel Schosser’s in drei Büchern. – Vgl. Melchior Adam, Vitae Germanorum Philosophorum, Ausg. v. 1663, S. 319 ff.