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ADB:Schrepfer, Johann Georg

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Artikel „Schrepfer, Johann Georg“ von Gustav Wustmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 490–491, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schrepfer,_Johann_Georg&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 06:11 Uhr UTC)
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Schrepfer: Johann Georg S., geboren 1730 (?) in Nürnberg, † am 8. October 1774 in Leipzig. Schrepfer’s Leben wirft ein helles Licht in die dumpfen trüben Tiefen des Mysticismus, der, in grellem Gegensatze zu den Fortschritten der Aufklärung, im 18. Jahrhundert aus dem Zusammenwirken von Aberglauben, sittlichem Drang und religiöser Empfindung entstand. In einer Zeit des Ueberganges, wo man sich über den Zusammenfall des Alten klar war, ohne doch die neuen Bahnen, die Philosophie und Litteratur einschlugen, deutlich zu erkennen, geschweige denn sie zuversichtlich zu betreten, suchten Geist und Gemüth theils auf philosophischer Grundlage, theils aus pietistisch-mystischen Anschauungen heraus die Läuterung der Menschenseele und womöglich die Anbahnung einer unmittelbaren oder durch die Geisterwelt vermittelten Gemeinschaft mit Gott zu erreichen. In engem Zusammenhang mit diesem Streben steht die Entwicklung und Verbreitung der beiden wichtigsten Logenrichtungen, von denen die schottische Loge (die „stricte Observanz“, auch Tempelherrenloge genannt) sich auf die Erforschung der Mittel zur Erlangung der „höchsten Erkenntniß“ beschränkte, während die Rosenkreuzerei mit Magie und Geisterspuk zu dem bezeichneten Ziele zu gelangen suchte. Für diese Richtung, die weniger verbreitete, war S. thätig, im Dienste der Jesuiten – wie wahrscheinlich gemacht worden ist –, ihnen mußte ja diese Beförderung der Verdummung und Knechtschaft der Geister erwünscht sein. Schon in seiner bewegten Jugend war S. vermuthlich in die Geheimnisse der Maurerei eingeweiht worden. Aber erst als er in Leipzig (wo er im August 1761 als „Weinschenk“ Bürger wurde, im September 1761 sich mit einer Schneiderstochter Johanna Katharina Herr verheirathete und seitdem einen Weinschank auf dem Böttchergäßchen betrieb) 1769 die beliebte Weißleder’sche Kaffeewirthschaft an der Ecke der Klostergasse und des Barfußgäßchens übernommen hatte, trat er selbständig im Gegensatze zu dem damaligen Leipziger Maurerthum auf und warb für seine Richtung Anhänger, die sich an regelmäßigen Abenden zu magischen Unterhaltungen in Schrepfer’s Kaffeewirthschaft zusammenfanden. Durch seine Redegewandtheit, sein kühnes, oft anmaßendes Auftreten, das keinen Widerspruch aufkommen ließ, durch ungewöhnliche und desto eindrucksvollere Geisterbeschwörungen, durch allerhand Neuerungen, die er einführte – so gestattete er auch Frauen die Theilnahme an seiner Loge – wußte er sich nicht nur die einmal Geworbenen treu zu erhalten, sondern vermehrte auch die Zahl seiner Anhänger, ja es gelang ihm sogar, Mitglieder der alten Leipziger Loge auf seine Seite herüberzuziehen. Der Streit, in den er dadurch mit dieser Loge gerieth, die Unannehmlichkeiten, die er vor Gericht deswegen zu erdulden hatte, schwächten sein Ansehen nicht, infolge einer Bestrafung durch den Herzog von Curland kam er vielmehr mit diesem und einer Reihe hochgestellter Beamten des Dresdner Hofes in Berührung, die er mit ungewöhnlichem Geschick für seine Sache zu interessiren verstand. So war er in geheimem Einverständniß mit dem Grafen Brühl und dem berüchtigten Hofprediger Stark, einem Jesuitenzögling, und der Minister v. Wurmb ließ sich dazu herbei, einen geheimen Vertrag mit ihm einzugehen, dessen Ziel offenbar war, die Protection des Kurfürsten und der hohen Staatsbeamten für Schrepfer’s Maurerei, also für die Beförderung des Jesuitismus zu erkaufen. Dieser Plan war zu kühn, als daß er hätte gelingen können. Die Gesellschaft Jesu zog die Hand von ihrem Schützling ab, der sächsische Hof löste jede Verbindung mit ihm, und S., der bei seiner andauernden auswärtigen Thätigkeit auch das volle Vertrauen der alten Leipziger Anhänger verloren hatte, gab sich, von allen Seiten in die Enge getrieben, selbst den Tod, um sich von der Unruhe des Zweifels und von der Gefahr zu befreien, in die ihn die bevorstehende Aufdeckung seines Treibens bringen [491] mußte; er erschoß sich am Morgen des 8. October 1774 im Leipziger Rosenthale.

Eugen Sierke, Schwärmer und Schwindler des 18. Jahrhunderts, S. 288 bis 332, Leipzig 1874.