Zum Inhalt springen

ADB:Schulenburg, Friedrich Wilhelm Graf von der

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schulenburg-Kehnert, Friedrich Wilhelm Graf von der“ von Paul Bailleu in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 742–743, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schulenburg,_Friedrich_Wilhelm_Graf_von_der&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 10:45 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 34 (1892), S. 742–743 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Friedrich Wilhelm von der Schulenburg-Kehnert in der Wikipedia
Friedrich Wilhelm von der Schulenburg-Kehnert in Wikidata
GND-Nummer 118611275
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|34|742|743|Schulenburg-Kehnert, Friedrich Wilhelm Graf von der|Paul Bailleu|ADB:Schulenburg, Friedrich Wilhelm Graf von der}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118611275}}    

Schulenburg *): Friedrich Wilhelm Graf von der S.-Kehnert, geboren am 22. November 1742 zu Kehnert im Magdeburgischen, besuchte die Schule zu Kloster Berge und die Ritterakademie zu Brandenburg, trat 1760 in das Kürassierregiment von Manstein ein und betheiligte sich an den letzten Feldzügen des siebenjährigen Krieges, nahm jedoch bald nach Beendigung desselben infolge der erhaltenen Verwundungen seinen Abschied. Im J. 1767 Landrath des Kreises Salzwedel, 1769 Vicedirector und nach kurzer Zeit Präsident der Kriegs- und Domänenkammer zu Magdeburg, wurde er, erst 28 Jahre alt, von König Friedrich II. am 12. Februar 1771 zum Wirklichen Geheimen Etats- und Kriegs- und dirigirenden Minister ernannt und mit der Verwaltung von Magdeburg, Halberstadt und der westlichen Landestheile (einschließlich Neufchâtel), sowie mit der Leitung des Forst-, Berg- und Hüttendepartements und des Bankwesens beauftragt. Während des Baierischen Erbfolgekriegs verwaltete er als Kriegsminister die Kassen und besorgte die Verpflegung für das Heer. 1782 wurde er Chef der Seehandlung. Nachdem König Friedrich der Große, der ihn und seine Thätigkeit sehr hoch schätzte, ihm bereits 1784 den schwarzen Adlerorden verliehen hatte, wurde er von dessen Nachfolger König Friedrich Wilhelm II. am 2. October 1786 in den Grafenstand erhoben, bald darauf aber (December 1786) nach seinem eigenen Wunsch aus allen Aemtern entlassen und auf seine Güter beurlaubt. Bei dem drohenden Krieg mit Oesterreich im Mai 1790 zurückberufen, übernahm er wieder die Verpflegung der Armee und als Minister im Generaldirectorium die Departements Magdeburg und Halberstadt, sowie die Direction der Bank, der Seehandlung und der Stempelsachen. Am 5. November 1790 erfolgte seine Ernennung zum Generallieutenant der Cavallerie und zum dirigirenden Präsidenten des Ober-Kriegscollegiums; am 1. Mai 1791 trat er mit Alvensleben zusammen in das Cabinetsministerium, d. h. in das Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten ein. Bei dem Umschwung der preußischen Politik, der sich in dieser Zeit vollzog, entbehrte seine Haltung der Bestimmtheit und Entschiedenheit, insofern er der Annäherung an Oesterreich innerlich abgeneigt war, ohne doch seiner von der Politik des Königs abweichenden Anschauung entschlossen Ausdruck zu geben. Er begleitete im Sommer 1792 König Friedrich [743] Wilhelm II. an den Rhein, betheiligte sich lebhaft an den zwischen den Verbündeten in Mainz gepflogenen Unterhandlungen, kehrte jedoch, unzufrieden mit dem Gang der Dinge, namentlich mit der Nachgiebigkeit des Königs gegen die französischen Emigranten, schon im Herbst wieder nach Berlin zurück und erbat und erhielt im Februar 1793 seine Entlassung aus dem Cabinetsministerium. Doch behielt er die Leitung der Verpflegung der Armee und war auch an den militärisch-politischen Verhandlungen während des Krieges mit Frankreich (z. B. in Kirchheimbolanden, 20. Juni 1794) betheiligt, bis er im J. 1795 sich abermals auf seine Güter zurückzog, von wo aus er indessen noch das Bank-, Lotterie- und Medicinalwesen leitete. König Friedrich Wilhelm III. zog ihn wieder mehr in den Staatsdienst und ernannte ihn 1798 zum Chef der neu eingerichteten General-Controlle der Finanzen und der Ober-Rechenkammer, 1800 zum General-Postmeister und übertrug ihm die Aufsicht über den königlichen Tresor. Im J. 1802 mit der Organisation der sogenannten Indemnitäts-Provinzen beauftragt, wurde er häufig nach Berlin zu entscheidenden politischen Berathungen hinzugezogen. Er nahm Theil an der Berathung über die französischen Allianzanträge in Halberstadt (22. August 1805), sowie an der Conferenz nach dem Durchmarsch der Franzosen durch Ansbach (Berlin, 7. October); er war auch nach der Schlacht von Austerlitz für Aufrechthaltung des Potsdamer Vertrags, veranlaßte jedoch hauptsächlich die rasche Demobilisirung der preußischen Armee, welche zur bedingungslosen Annahme des Pariser Vertrags vom 15. Februar 1806 nöthigte. Im Sommer 1806 organisirte er die Verwaltung des neu erworbenen Kurfürstenthums Hannover. Bei Ausbruch des Krieges von 1806 an Möllendorff’s Stelle zum interimistischen Gouverneur von Berlin ernannt, erließ er nach der Schlacht von Jena und Auerstädt die Proclamation, deren Worte „jetzt ist Ruhe die erste Bürgerpflicht“ ihm eine unglückliche Berühmtheit verschafft haben. Er folgte dem Hofe nach Königsberg und Memel, lehnte aber den ihm übertragenen Vorsitz der Immediat-Friedens-Vollziehungs-Commission ab, worauf er am 6. August 1807 aller seiner Stellungen enthoben wurde. Da seine Besitzungen in dem neuen Königreich Westfalen lagen, so ließ er sich bestimmen, in den westfälischen Staatsdienst zu treten und wurde am 5. Mai 1808 zum Divisionsgeneral und Mitglied des Staatsraths ernannt. Er zog sich indessen bald gänzlich auf seine Güter in Kehnert zurück, wo er am 7. April 1815 starb. S. war drei Mal vermählt (1766 v. Borstel, 1768 v. Klitzing, 1773 v. Arnstedt); sein einziger Sohn Werner Friedrich Achaz, geb. am 17. April 1778, starb ohne Nachkommen am 5. August 1804.

Cosmar-Klaproth, Der preußische Staatsrath. – Danneil, Das Geschlecht der von der Schulenburg. – Hardenberg’s Denkwürdigkeiten. – Acten des Geh. Staatsarchivs zu Berlin.

[742] *) Zu Bd. XXXII, S. 664.