Zum Inhalt springen

ADB:Sieber, Ludwig

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Sieber, Ludwig“ von August Bernoulli in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 179–180, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sieber,_Ludwig&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 19:48 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Sieber, Franz Wilhelm
Nächster>>>
Siebert, August
Band 34 (1892), S. 179–180 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand November 2014, suchen)
Ludwig Sieber in Wikidata
GND-Nummer 101785321
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|34|179|180|Sieber, Ludwig|August Bernoulli|ADB:Sieber, Ludwig}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=101785321}}    

Sieber: Ludwig S., geboren am 17. März 1833 in Aarau, † am 21. October 1891 in Basel. S. verlor schon in früher Jugend seinen Vater, und dieses hatte seine Uebersiedlung nach Basel, der Heimath seiner Mutter, zur Folge. Nachdem er hier die Schulen mit Auszeichnung durchlaufen, studirte er classische und germanistische Philologie, zuerst in Basel, dann in Göttingen und zuletzt in Berlin. Nach Basel zurückgekehrt, war er lange Jahre hindurch als Lehrer am städtischen Gymnasium thätig, bis er 1871 zum Oberbibliothekar der Universitätsbibliothek ernannt wurde. Dieses letztere Amt aber versah er volle 20 Jahre hindurch, bis zu seinem am 21. October 1891 erfolgten Tode.

In der litterarischen Welt ist S. wohl am ehesten bekannt durch die Herausgabe von Wilhelm Wackernagel’s Poetik, welche er als dessen begeisterter Schüler mit großer Pietät und Umsicht besorgte. Einige Vorträge, die er als Mitglied der Historischen Gesellschaft zu Basel hielt, sind in den „Beiträgen zur vaterländischen Geschichte“ erschienen. Außerdem aber benützte er jeden festlichen Anlaß, um aus den Schätzen der ihm anvertrauten Bibliothek irgend ein werthvolles kleineres Schriftstück, wie z. B. das Testament des Erasmus, oder das Informatorium der Carthäuserbibliothek, in sorgfältiger und geschmackvoll ausgestatteter Ausgabe zu veröffentlichen. Die Schriftstellerei war jedoch für ihn durchaus nur Nebensache; denn seine hervorragende Bedeutung liegt wesentlich in seiner Amtsführung als Bibliothekar, und hierin leistete er wirklich Großes. Als er 1871 sein Amt antrat, da galt es zunächst, eine kurz vorher erst in Angriff genommene Reorganisation der ganzen Bibliothekverwaltung ernstlich durchzuführen, und dieser Aufgabe lag S. mit unermüdlicher Beharrlichkeit ob. Zugleich aber blieb er fortwährend bemüht, die Bibliothek auch in weiteren Kreisen zur Geltung zu bringen und ein allseitiges Interesse für dieselbe zu wecken. So ließ er z. B. keinen Anlaß unbenützt, wo er durch eine Ausstellung ihrer Schätze, oder Vorzeigung einzelner Seltenheiten ihr neue Freunde gewinnen konnte. Die Zahl dieser Prachtstücke vermehrte er selber durch manchen glücklichen Fund, so z. B. durch die Entdeckung des ältesten Stadtplanes von Paris, von 1552, von welchem bis jetzt nirgends ein zweites Exemplar gefunden wurde. Seine vielfachen Bemühungen, die Bibliothek in jeder Hinsicht zu heben und vorwärts zu bringen, blieben denn auch nicht ohne Erfolg; denn unter seiner Verwaltung nahm nicht nur die Benützung derselben eine früher nie geahnte Ausdehnung, sondern es flossen ihr von mancher Seite sowohl namhafte Geldspenden als auch reichliche Schenkungen an werthvollen Büchern zu, so daß ihr jetziger Bücherbestand ein ungleich größerer ist als noch vor 20 Jahren. Diesen ihren beträchtlichen Aufschwung verdankt die Basler Universitätsbibliothek zum guten Theile Sieber’s außergewöhnlichem Organisationstalent und seiner Gewandtheit im Verkehr, vielleicht noch mehr jedoch der oft weitgehenden Gefälligkeit und Urbanität, womit er gegen Jedermann seines Amtes waltete. Diese [180] uneigennützige Dienstfertigkeit aber ging bei S. hervor aus einem durch und durch edlen und humanen Charakter, und darin liegt die tiefere Ursache, warum S. als Bibliothekar so Vorzügliches geleistet hat.