Zum Inhalt springen

ADB:Somerau-Beeckh, Maximilian Joseph Freiherr von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Somerau-Beeckh, Maximilian Joseph Freiherr von“ von Cölestin Wolfsgruber in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 590–592, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Somerau-Beeckh,_Maximilian_Joseph_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 28. November 2024, 09:01 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Somer, Bernardus
Band 34 (1892), S. 590–592 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Maximilian Joseph Gottfried von Sommerau Beeckh in der Wikipedia
Maximilian Joseph Gottfried von Sommerau Beeckh in Wikidata
GND-Nummer 104377062
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|34|590|592|Somerau-Beeckh, Maximilian Joseph Freiherr von|Cölestin Wolfsgruber|ADB:Somerau-Beeckh, Maximilian Joseph Freiherr von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=104377062}}    

Somerau: Maximilian Joseph Freiherr v. S.-Beeckh, Cardinal, Erzbischof von Olmütz, wurde am 21. December 1769 zu Wien geboren (die genealogische Herleitung gibt Klar in seiner Libussa 1852, S. 254, Note **). Als Jüngling studirte er an der k. k. theresianischen Ritterakademie, wo noch immer Mitglieder des aufgehobenen Jesuitenordens die Lehrer waren. Obwohl sich damals in ihm ein lebhaftes Bedürfniß nach dem Geistlichen regte, wandte er sich doch gemäß dem Wunsche der Eltern zunächst der militärischen Laufbahn zu und machte als Lieutenant den Türkenkrieg Joseph’s II. mit. Ein Besuch, den er nach dem Abschlusse des Friedens bei seinem Verwandten Fechenbach, dem nachmaligen Fürstbischof zu Würzburg machte, reifte in ihm den Entschluß aus, den Waffenrock mit dem Talare zu vertauschen. Er trat in das fürstl. erzb. Alumnat in Wien ein und wurde am 10. September 1798 zum Priester geweiht. Als solcher wirkte er auf mehreren Posten der Diöcese und hielt auch in der Universitätskirche zu Wien, wo man die ersten Redner zu hören gewohnt war, neben Weber und Frint Fastenpredigten. „Sie waren wirklich sehr gut und hatten ein zahlreiches Publicum“ (Karoline Pichler, Denkwürdigkeiten II, 139).

1809 loderte in den Herzen der Wiener die Flamme der heiligsten Begeisterung hoch auf; es wurden sechs Landwehrbataillone gebildet und den ersten drei wurde S. als Feldcaplan zugetheilt. Als solcher hielt er bei der feierlichen Fahnenweihe zu St. Stephan am 9. März eine begeisternde Rede über die Wirkung, welche diese heilige Handlung in den Gemüthern erwecke und von den Pflichten derjenigen, welche freier Wille und innerer Drang unter die Fahnen versammle (Ridler, Histor. Taschenbuch 1814, S. 153 f.). Als ins Gewirre des Rückzuges nach der Schlacht von Wagram bei Korneuburg eine Kanonenkugel schlug, und vom zweiten Wiener freiwilligen Bataillon drei Mann tödtete, den Oberlieutenant Karl Fischer verwundete, wurde auch der Caplan zu Boden geworfen und ein Stück seines Hutes abgerissen. Doch erholte er sich und rettete den Oberlieutenant, der ihm zeitlebeues dankbar blieb. Der Kaiser belohnte den Braven mit dem goldenen Militär-Ehrenkreuz pro piis meritis (Streffleur, Aus dem Militär-Leben des Card. Somerau in „Oesterr. Militär. Zeitschrift“ 1865, S. 337 f.). Auch aus dem Typhus, dem Maximilian Joseph als Opfer des Spitaldienstes bei Tyrnau verfiel, wurde er gerettet. Erst im folgenden Jahre kehrte S. in die Civilseelsorge zurück, in der er zunächst Pfarrer zu St. Leopold in der gleichnamigen Vorstadt Wiens, 1818 durch die Gnade des Kaisers Kanonikus zu Olmütz wurde, wo ihn 1831 das Capitel zu seinem Propste wählte. Eben aus diesem Jahre ist uns über S. das ehrende Zeugniß überliefert, daß er, als die schreckliche Cholera Noth und Tod brachte, „in die Wohnungen der Armen eilte, ihnen persönlich diente und Trost gab“ (Oesterr. Volksbote 1853, 6. April).

Am 21. November 1836 erhob die Wahl des Capitels den Dompropst S.-B. auf den ersten geistlichen Sitz der Markgrafschaft. Das Vertrauen wurde gerechtfertigt. Der 68jährige Greis legte seine Hand mit derselben Begeisterung an den Hirtenstab, wie er einst als junger Lieutenant den Säbel gezogen hatte. Er sorgt für geistige Hebung des Clerus, baut ihm ein glanzvolles Seminar, führt 1845 in Gegenwart der Kaiserin Carolina Augusta zu Kremsier die barmherzigen Schwestern, 1846 am 3. November die Prämonstratenser wieder auf den heiligen Berg ein. Voll oberhirtlichen Ernstes spricht er dabei zu Abt Hieronymus Zeidler und seinen Brüdern die Erwartung aus, daß sie der Erzdiöcese [591] zum erbaulichen Beispiele eines nach den heiligen Ordensstatuten geregelten gottgefälligen Sinnes und Wandels sein werden, „damit ich die Stunde segnen kann, in welcher ich diese gottgeweihte Stätte der frommen Obsorge Ihres heiligen Ordens übergab“. Schon gleich beim Antritte des Erzbisthums mahnte er in einem lateinischen Hirtenschreiben vom 29. Juni zur genauesten Pflichterfüllung, denn so sehr sich auch der Tag seines Lebens zum Untergange neige und die Liebe zu seinem Clerus wach sei, so werde doch auch die Strenge der Canones nicht schlafen. Zum Heile der Armen gründete der Erzbischof zu Kremsier ein Armeninstitut, dem er noch testamentarisch 36 000 fl. vermachte und für seine Beamten und Diener arbeitete er ein Pensionsnormale aus, welches auch die Bestätigung des Kaisers erhielt.

Bewegtes Leben kam in die einsame Residenz des Erzbischofs, als sich 1848 die kaiserliche Familie der Treue der Bürger und den Festungswällen von Olmütz anvertraute und Kaiser Franz Joseph daselbst die Regierung antrat. Die erzbischöfliche Sommerresidenz zu Kremsier diente dem Reichstag. Wie in jenen unheilvollen Tagen so viele böse und ungerechte Wünsche ungestüm hervordrangen, unausführbare und verderbliche Entwürfe ein Recht zu haben glaubten, in der Schnelligkeit des Augenblicks verwirklicht zu werden, so hörte man in der Verwirrung auch beruhigende und ernst mahnende Stimmen. Auch S.-B. übergab ein Memorandum „über die wünschenswerthe Gestaltung der Verhältnisse der katholischen Kirche in der constitutionellen Monarchie“. Da sich in demselben die kirchlich-politischen Anschauungen unseres Erzbischofes offenbaren, müssen wir das Wesentliche ausheben. Gleich in den einleitenden Worten heißt es: „Es ist unmöglich, ein Land frei zu nennen, wo die Kirche, in deren Institutionen so viele Völker ihre Bürgschaft gegen den Mißbrauch der absoluten Gewalt gefunden, ihrer eigenen Freiheit entbehrt. In dem freien Oesterreich soll die katholische Kirche fortan nicht geknechtet sein. … Es müßte bei der neuen Gestaltung der staatlichen Verhältnisse als ein Verrath des Episcopates an der Kirche angesehen werden, wenn nicht die ihr nach ihren ursprünglichen Institutionen zukommenden Rechte geltend gemacht und die Beseitigung jener Einrichtungen in Anspruch genommen würde, die im Laufe der Zeit als drückende Fesseln fast jede normale Bewegung auf kirchlichem Gebiete unmöglich machten.“ Im einzelnen fordert er Ueberlassung von Priesterstandscandidaten von Jugend auf (§ 1), Herausgabe des Religionsfonds (§ 2), Aufbesserung der Dotation der Seelsorger (§ 7), freien Verkehr mit Rom („Der General muß mit seinem Oberfeldherrn in stetem Rapport stehen, wenn er den seiner Führung anvertrauten Theil der Armee zu dem für den Gesammtstaat ersprießlichen Ziele führen soll“ § 10), unbeirrte Ausübung der kirchlichen Regierungsgewalt (§ 12 „Die Regierungen sollen nach Fenelon’s Ausspruche für die Bewahrung des Heiligthums wachen, aber in dasselbe keinen Fuß setzen“), Umgestaltung der Gesetzgebung in Ehesachen (§ 13 „Der Kirche kann die Gerichtsbarkeit in Ehesachen nicht streitig gemacht werden … Derselbe Bischof, der in dem preußischen Antheile seiner Diöcese den Canonen gemäß sein geistliches Ehegericht hat, kommt in dem andern oft nicht einmal in die Kenntniß, wenn durch die bürgerlichen Gesetze eine Ehe als ungültig erklärt wurde“), Verwaltung des kirchlichen Stiftungsvermögens und dessen Unantastbarkeit (§ 14 „Möge man wohl beherzigen, daß die Zueignung fremden Gutes noch nie Segen gebracht hat und in alle Ewigkeit keinen Segen bringen wird. Mit der sicheren Erhaltung des Kirchen- und Stiftungsvermögens hängt ferner das öffentliche Vertrauen zusammen, das erschüttert werden müßte, wenn Eingriffe in rechtlich erworbenes Eigenthum stattfinden sollten, die, obgleich sie vorerst nur die wehrlose Kirche treffen sollen, doch aus den Principien des mit Recht bis nun sorgfältig abgewehrten [592] Communismus hervorgehen und früher oder später traurige Exemplificationen rücksichtlich des Privateigenthums veranlassen werden“), Wiederherstellung einer kirchlichen Richtung der geistlichen Orden (§ 16), Wahrung des seelsorgerlichen Einflusses auf die Volksbildung in Schulen (§ 17 „In der Schule muß das Kind die Pflichten, welche es als Christ und künftiger Bürger des Staates zu erfüllen haben wird, und den Grund dieser Pflichterfüllung kennen lernen, wozu es nicht genügt, daß die Katecheten den Religionsunterricht in einigen Stunden wöchentlich vortragen, sondern es muß auch der Lehrer mitwirken; er muß seine Unterrichtsgegenstände so behandeln, daß die Religion der Mittelpunkt der Erziehung werde, auf den alles zurück- und von dem Geist und Leben ausgeht“), Gestattung der freien Entwicklung frommer kirchlich approbirter Vereine (§ 18 „Weil die Organe der Staatsverwaltung schon bei dem Ausdrucke Verein zu erschrecken pflegten, so wollte man es nicht einmal zugeben, daß mehrere Katholiken ein Uebereinkommen treffen über die Art und Weise, den Rosenkranz zu beten“), Beseitigung des Mißbrauches der Presse (§ 19 „In der constitutionellen österreichischen Monarchie soll die Verfassung, Drucklegung und Verbreitung solcher Bücher strafbar sein, deren Inhalt die canonischen Vorschriften betreffend den Glauben, die guten Sitten, die liturgischen Gebräuche oder die Kirchendisciplin verächtlich oder lächerlich macht“). Gegen die Ablösung der kirchlichen Zehnten und Naturalleistungen im Gelde verwahrt sich der Erzbischof sehr nachdrücklich. (§ 8 „Das Princip der sein wollenden Volksbeglücker ist unstreitig das der Gütergemeinschäftler. Es dürfte schwer werden, diesen Grundsatz, wenn er einmal Geltung gewonnen hat, aus der bürgerlichen Gesellschaft zu exterminiren.“) Der Erzbischof schließt sein Memorandum mit den Worten: „Es wird nichts Unmögliches, nichts Unbilliges, sondern lediglich das verlangt, worauf die Kirche einen gegründeten vollkommen rechtlichen Anspruch hat und was ihr, wenn noch ein Rechtsverhältniß auf Erden besteht, nicht verweigert werden darf.“ 1849 wohnte S. der bischöflichen Versammlung zu Wien als ihr Nestor bei, wurde 1850 Cardinal und schloß, der letzte seines Stammes, am 31. März 1853 sein langes, thätiges Leben auf Erden ab.

Vgl. Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, Wien 1877, s. v.