ADB:Steffens, Johann Heinrich
[559] geistiger Vollkommenheit zu führen. Seine Schrift „Von der Moralität der Schauspiele“ (Celle 1746) regt zu einem interessanten Vergleich mit Schiller’s ähnlichem Aufsatz an und bringt den himmelweiten Abstand der ästhetischen Auffassung zweier auf einander folgender Zeitalter drastisch zur Anschauung. Freilich wollte auch S. ästhetisch erziehen, blieb aber zeitlebens den lehrhaften Grundsätzen des 17. Jahrhunderts treu und war ein ebenso trockener und ungeschickter Versemacher wie eifriger Pädagog. Das beweisen nicht nur seine Bearbeitungen: Der „Oedipus nach Sophokles“ (Celle 1746), „Der Geldtopf“ nach der Aulularia des Plautus (1765), „Das Schnupftuch“ nach Shakespeare’s „Othello“ (1770), „Aesop am Hofe“ und „Aesop in der Stadt“ nach Boursault (1770), die lateinische Uebersetzung von „Emilia Galotti“ (1778; progymnasmatis loco), sondern auch seine eigenen (nach fremden Romanen u. s. w. verfertigten) dramatischen Versuche: „Placidus oder Eustach, Trauerspiel“ (1749), „Clarissa, Trauerspiel“ (1765), „Tom Jones, Lustspiel“ (1765). S. schrieb außerdem „Die Geschichte der ältesten Bewohner Deutschlands“ (1752), einen „Index geographicus Europaeus“ (1768) und andere in gleicher Weise werthlos gewordene geschichtliche Bücher.
Steffens: Johann Heinrich St. (nicht Steffen), geboren 1711 zu Nordhausen, war Rector der Lateinischen Schule in Celle und starb am 26. Jan. 1784. An eine litterarische Richtung seiner Zeit hat sich S. nicht angeschlossen, ja er scheint kaum mehr als oberflächlich Kenntniß von den zeitgenössischen Schöpfungen gehabt zu haben. Er war viel zu sehr Schulmann, als daß er die poetischen Bestrebungen von einem anderen, als dem rein pädagogischen Standpunkte hätte betrachten können. Die Poesie hielt er für einen der vornehmsten Unterrichtsgegenstände und vermeinte durch Uebungen im „Versemachen“, Uebersetzungen und Aufführungen seine Schüler zur höchsten Stufe sittlicher und- Meusel, Lexicon der 1750–1800 verstorbenenen Teutschen Schriftsteller, XIII, 313.