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ADB:Tettau, Ernst von

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Artikel „Tettau, Ernst von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 594–596, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tettau,_Ernst_von&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 06:17 Uhr UTC)
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Tettau: Julius Ernst v. T., ein in verschiedenen Heeren erprobter und bewährter Soldat, in seiner letzten militärischen Stellung General-Feldzeugmeister und General von der Infanterie im Dienste der Generalstaaten, war am 16. Juli 1644 auf dem väterlichen Gute Dublienen im Kreise Rastenburg in Ostpreußen geboren. Nach dem früh erfolgten Tode seiner Eltern ließen sorgsame Vormünder ihm eine gute Schulbildung und Erziehung angedeihen, es trieb ihn aber bald, sich auf eigene Hand in der Welt zu versuchen. Erst dreizehnjährig ging er 1657 nach Holland und nahm dort Kriegsdienste, fand aber seine Rechnung nicht und wandte sich, nachdem er drei Jahre lang vergeblich auf Beförderung gehofft hatte, 1660 nach Frankreich, wo König Ludwig XIV., dessen persönliche Aufmerksamkeit Tettau’s stattliche Erscheinung erregte, ihn 1661 zum Officier ernannte. T. that sich außerdem durch Strebsamkeit und Wißbegierde, namentlich auf dem Gebiete der damals unter den Kriegswissenschaften eine große Rolle spielenden Befestigungskunst, hervor und Turenne selbst machte sich zu seinem Lehrer. Unter dem Oberbefehle dieses Feldherrn [595] nahm er in der Heeresabtheilung des Marquis de Louvigny 1667 am Kriege gegen die Spanier in den Niederlanden theil, kehrte dann jedoch in die Dienste seines Landesherrn, des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, zurück, welcher ihn zum Lieutenant im Infanterieregimente von Spaen machte und ihn zunächst zu Befestigungsarbeiten im Herzogthume Cleve verwandte. Auch gab T. dem Kronprinzen, nachmals König Friedrich I., Unterricht in der Befestigungskunst und erwarb sich in diesem, der ihm 1685 den schon vor seiner Thronbesteigung von ihm gestifteten Orden pour la générosité verlieh, einen lebenslänglichen Gönner. 1673 nahm er unter dem Prinzen Wilhelm von Oranien, dem späteren Könige Wilhelm III. von England, als ältester Capitän im Spaen’schen Regimente, an der denkwürdigen Belagerung der von Chamilly vertheidigten Festung Grave theil. Als der Kurfürst im J. 1676 dem Könige von Dänemark das Infanterieregiment Lehndorff zum Kriege gegen die Schweden überließ, ward T. zum Oberstlieutenant in demselben ernannt. Er trug wesentlich zur Einnahme von Helsingborg bei, wurde dort Commandant und behauptete die Stadt gegen die Versuche des Feindes sie wiederzugewinnen. Durch den Frieden von Lund ward Helsingborg 1679 an Schweden zurückgegeben, T. aber verblieb in dänischen Diensten und erhielt ein eigenes, mit besonderen Vorrechten für den Commandeur ausgestattetes Regiment, welches im Schleswigschen stand. Hier vermählte er sich 1684 zu Flensburg mit Emerentia von Rumohr. Auch wurde er gebraucht, um die norwegischen Festungen in Stand zu setzen. Diese Verhältnisse bestanden bis 1688. Dann überließ wiederum der König von Dänemark 7000 Mann an Wilhelm von Oranien, welcher den englischen Thron zu gewinnen trachtete. Prinz Ferdinand Wilhelm von Württemberg erhielt den Oberbefehl dieser Hülfstruppen und mit ihm schiffte sich T. im November 1689 nach Schottland ein, aber ein Sturm zerstreute die Flotte, der Prinz und T. landeten in Hull und wurden im Februar 1690 nach Irland weiter befördert, wo es galt, den letzten Rest der Macht des Hauses Stuart niederzuwerfen. In der Entscheidungsschlacht am Boyneflusse am 11. Juli 1690, in welcher die Dänen auf dem linken Flügel fochten, trug er wirksam zum glücklichen Ausgange des Kampfes bei. Dann schritt man zur Belagerung von Limerick, faßte aber die Sache, gegen Tettau’s Vorschlag, am unrechten Orte an. Als man einsah, daß auf dem betretenen Wege nicht zum Ziele zu gelangen sein werde, ward T. beauftragt in der von ihm anheim gegebenen Weise vorzugehen, er hatte aber ebensowenig Erfolg, und der Versuch, die Stadt zu nehmen, ward zunächst aufgegeben. T. war im Begriff, die ihm angewiesenen Winterquartiere zu beziehen, als er erfuhr, daß Marlborough sich zu einem Angriffe auf die Stadt Cork anschicke. Er marschirte mit den ihm unterstellten zwei Regimentern zu Fuß und drei Schwadronen eben dahin, griff kräftig und selbständig in das Unternehmen ein und trug zum Gelingen desselben wesentlich bei. Der Werth seiner Mitwirkung gelangte dadurch zu öffentlichem Ausdrucke, daß die Capitulation auf der Seite abgeschlossen wurde, von welcher T. angegriffen hatte und Marlborough selbst räumte ein, daß dieser das Meiste gethan habe. Vor Ende des Jahres half er dann noch bei der Einnahme von Kinsale, einem für den Verkehr mit Frankreich wichtigen Hafenorte. Gleiche Verdienste und Anerkennung erwarb er sich im folgenden Jahre 1691 bei der Einnahme von Athlone und der endlichen Bezwingung von Limerick. Als dem Oberbefehlshaber, General Ginkel, aus Anlaß der ersteren Waffenthat der Titel eines Grafen v. Athlone verliehen ward, sagte Ginkel, daß er die Auszeichnung T. zu danken habe, und als nach Beendigung des Feldzuges T. am Hofe König Wilhelm’s erschien, sprach dieser ihm in ähnlichen Worten aus, wie er die Dienste [596] zu schätzen wisse, welche jener bei der Eroberung von Irland überhaupt geleistet habe.

Jetzt wollten außer Dänemark auch England und die Generalstaaten T. für ihre Heere gewinnen. Er bat seinen Landesherrn, den Kurfürsten Friedrich III., zu bestimmen, wohin er gehen solle, dieser entschied für die letztere Wahl und so gelangte T. in holländische Dienste. Im nächsten Jahre wurde er in der Schlacht bei Steenkerke am 3. August 1692 schwer verwundet, sodaß er den nächsten Ereignissen auf dem Kriegsschauplatze fern bleiben mußte, aber schon im Winter 1692/1693 konnte er an Berathungen theilnehmen, welche zu Köln in Betracht des bevorstehenden Feldzuges stattfanden, und in letzterem hatte er in der verlorenen Schlacht bei Landen oder Neerwinden am 29. Juli Gelegenheit, durch einen mit Umsicht geleiteten und mit guter Haltung ausgeführten Rückzug von neuem sich auszuzeichnen. Zu den von den Generalstaaten ihm aufgetragenen mannichfachen Dienstverrichtungen trat jetzt noch das Amt eines Oberforstmeisters im Lande Cassant; die von ihm erlassenen Verordnungen beweisen, daß er auch dieser Stellung gewachsen war. 1695 war er vor Namur thätig. Als dann der an den beiden letzten Octobertagen des Jahres 1697 geschlossene Friede von Ryswyk den Feindseligkeiten ein Ende gemacht hatte, entsagte T., obgleich ihm, als er die Absicht aussprach den Dienst der Generalstaaten zu verlassen, ein mehrjähriger Urlaub angeboten wurde, allen von ihm bekleideten Aemtern und kehrte in seine Heimath zurück, wo sein Landesherr, jetzt König Friedrich I., ihn 1701 zum Hauptmann von Angerburg und 1711 zum Landesdirector von Preußen und zum Hauptmann von Brandenburg ernannte. Als solcher erwarb er sich beim Auftreten der Pest Verdienste, starb aber schon im nämlichen Jahre am 22. Juni und wurde in der Kirche zu Allenburg beigesetzt. Da er kinderlos war, stiftete er zwei noch im Besitze seiner Familie befindliche Majorate Trimnau im Kreise Wehlau und Kukehnen im Kreise Friedland. Seine im J. 1713 ihm im Tode gefolgte Wittwe begründete das noch gegenwärtig bestehende Tettau’sche Fräuleinstift zu Königsberg in Preußen.

Die bei Daniel v. Tettau genannte Familiengeschichte (S. 364) führt weitere Quellen an.