ADB:Theobald, Gottfried Ludwig

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Artikel „Theobald, Gottfried Ludwig“ von Wilhelm von Gümbel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 679–680, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Theobald,_Gottfried_Ludwig&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 01:21 Uhr UTC)
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Theobald: Gottfried Ludwig Th., sehr eifriger und verdienstvoller Erforscher der geologischen Verhältnisse der Graubündener Alpen, war als Sohn eines Landgeistlichen im Dorfe Allendorf bei Hanau am 21. December 1810 geboren. Nach dem Besuche des Gymnasiums in Hanau bezog Th. 1827 erst die Universität Marburg und nach zwei Jahren jene in Halle, um sich dem Studium der Theologie zu widmen. Nach bestandenem Examen trat er in Hanau die Stelle eines Hülfspredigers an, fühlte aber so wenig Befriedigung in diesem Berufe, daß er bald, wie er selbst sich ausdrückte, die Theologie an den Nagel hängte und sich ganz den naturwissenschaftlichen Studien, für welche er schon von frühester Jugend an durch Einsammeln von verschiedensten Naturgegenständen eine warme Zuneigung zu erkennen gab, widmete. Eine Berufung als Privatlehrer nach Montpellier (1839) verschaffte ihm reichliche Gelegenheit, durch Reisen seine naturwissenschaftlichen Kenntnisse zu erweitern. Gern folgte er jedoch 1843 einem von seiner Heimath ergangenen Anerbieten zur Uebernahme einer Lehrerstelle an der Realschule in Hanau. Hier setzte er seine naturwissenschaftlichen Forschungen mit größtem Eifer fort und veröffentlichte die Ergebnisse derselben in zwei größeren Schriften: „Geologische Karte der Section Hanau“ [680] und gemeinsam mit Cassebur: „Flora der Wetterau“. Zeitweise versah er auch wieder bei seinem alten Vater aushülfsweise das Predigeramt. Als freisinniger Mann wurde er 1848 in die politischen Ströme jener Zeit hineingezogen und bei der nachfolgenden Reaction seiner Stellung als Reallehrer enthoben. Um weiteren Behelligungen zu entgehen, verließ 1852 Th. Hanau und fand in Genf eine neue Stellung als Lehrer an einem Privatinstitut, bis er 1854 als Lehrer der Naturwissenschaft an die Kantonsschule in Chur berufen wurde, wo er bis zu seinem Tode überaus segensreich wirkte. In dieser Stellung entwickelte Th. nun eine ebenso energische wie erfolgreiche Thätigkeit als Naturforscher namentlich durch seine ausgedehnten Erforschungen der geologischen Verhältnisse der Hochgebirge Graubündens, auf welche er sich mit Feuereifer und bewunderungswürdiger Ausdauer warf, um geologische Karten dieses zum Theil sehr schwierig zu untersuchenden Gebietes herzustellen. Zugleich entfaltete er auch als Schriftsteller durch Veröffentlichung der Forschungsergebnisse eine umfassende Thätigkeit. Von den mehr als 100 Publicationen können hier nur einige wenige der hervorragendsten genannt werden, wie: „Geologische Beschreibung der NO-Gebirge von Graubünden“ mit zwei geologischen Kartenblättern; „Die SO-Gebirge von Graubünden“ u. s. w. ebenfalls mit einer geologischen Karte; dann eine ganze Reihe (über 25) geologischer Beschreibungen einzelner Alpengebirgsgegenden mit Karten und Profilen, welche in verschiedenen Zeitschriften, namentlich in dem Jahresbericht des Schweizer Alpenclubs 1866–1870 und in den Verhandlungen der Schweizer naturforschenden Gesellschaft veröffentlicht sind. Dazu kommen mehrere eingehende geologische Schilderungen von Schweizer Heilquellen, wie jene von Tarasp, St. Moritz, Alveneu, Rothenbrunnen, Paß Ugg, auch jene von Bormio im angrenzenden italienischen Gebiete. Seine Beobachtungen über Pflanzen und Thiere, über Topographie und Meteorologie gaben gleichfalls Veranlassung zu geschätzten Mittheilungen, z. B. in den Naturbildern aus den rhätischen Alpen, über das Klima der Alpen, über den Pflanzenwuchs des Hochgebirges im Kampfe mit den Gletschern u. s. w. Erwähnt zu werden verdienen außerdem einige seiner Schriften allgemeinen Inhalts, wie „Ueber naturwissenschaftlichen Unterricht“, „Einige Gedanken über Styl und Weise der Naturbeschreibung“, „Leitfaden der Naturgeschichte“ u. s. w. Aus allen diesen Schriften leuchten uns der strengwissenschaftliche Forschersinn, ein umfassendes Wissen, ein unermüdlicher Fleiß und eine glänzende Beobachtungsgabe entgegen. Dem überangestrengten Dienste, welchen er der Wissenschaft leistete, erlag Th. frühzeitig am 15. September 1869 in Chur.

Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft Graubündens, N. F. XV, 85, 1869–1870.