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ADB:Tscharner, Karl Emanuel von

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Artikel „Tscharner, Karl Emanuel von“ von Emil Blösch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 701–702, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tscharner,_Karl_Emanuel_von&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 22:35 Uhr UTC)
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Tscharner: Karl Emanuel v. T. (1791–1873), stammte aus einer Familie, welche zur Zeit der Reformation mit Lucius T. aus Graubünden nach Bern übergesiedelt und hier, durch Reichthum und Tüchtigkeit ausgezeichnet, auffallend rasch in den Kreis der herrschenden Geschlechter der Stadt aufgenommen worden war. Zahlreich verzweigt, lieferte sie der Republik eine Anzahl trefflicher Staatsmänner und Officiere, von denen sich manche in ihrer Jugend in ausländischen Kriegsdiensten hervorgethan haben. Einer der directen Vorfahren Karl Emanuel’s, der Generalmajor Niklaus T., war es, dem Bern den wichtigen Sieg bei Vilmergen im Aargau im J. 1712 verdankte. In diese Familientraditionen trat K. E. ein; denn auch sein Vater, Beat Emanuel, war Mitglied des „souveränen Rathes“ und wurde 1793 Gubernator in Aelen, der damals noch zu Bern gehörenden Landschaft im untern Wallis, welche einst auch Albrecht von Haller verwaltet hatte. So verlebte der am 13. Februar 1791 in Bern geborene Knabe seine erste Jugend in dem prächtigen Alpenthale, unter einer französischsprechenden Bevölkerung. Das Jahr 1798, der Einfall der Franzosen in die Schweiz, machte dem Aufenthalte ein plötzliches Ende. Das Waadtland fiel von Bern ab. Der Gubernator, obwohl persönlich sehr beliebt und geachtet, mußte mit den Seinigen die Flucht ergreifen, unter Umständen, die dem jüngsten Bruder K. Emanuel’s das Leben kosteten. Dieser, der nun mit seinen Eltern auf dem schönen väterlichen Landsitze „im Lohn“ in der Nähe von Bern wohnte, erhielt seinen Unterricht erst in einem Pfarrhause, dann in den öffentlichen Schulen der Stadt. Die Anregungen eines damals in Bern als Lehrer lebenden deutschen Künstlers, des Professors Sonnenschein, weckten Neigung und Talent zum Zeichnen. Eine silberne Denkmünze, die ihm für seine Leistungen als Preis zuerkannt wurde, ermuthigte ihn, und unter Anleitung des genannten Lehrers widmete er sich nun, da ohnehin in den Wirren der Zeit wie der Wunsch so auch die Aussicht auf den Staatsdienst ihm genommen war, ganz dem Studium der Kunst. Schon 1810 zog es ihn nach Italien; fast 3 Jahre brachte er in Florenz, Neapel und Rom zu, arbeitend, genießend und der Freundschaft pflegend, bis eine neue Gefahr für das Vaterland, der Durchzug der österreichisch-russischen Armee durch die Schweiz, im December 1813, ihn wieder nach Hause zurückrief. Er that als Milizofficier seine Pflicht und trat dann, nach Herstellung des Friedens, in ein neu errichtetes Schweizerregiment in französische Dienste. Theils in Orléans, theils in Paris verkehrte der liebenswürdige und kunstsinnige junge Mann, auch äußerlich eine stattliche Erscheinung von ritterlichem Wesen, in der besten Gesellschaft. Im J. 1821 kehrte er nach Bern zurück, verheirathete sich und lebte nun, vollkommen unabhängig, seiner Lieblingsbeschäftigung, bald in Malerei, bald in Bildhauerei thätig, im Winter meistens [702] in der Stadt, im Sommer auf dem oben erwähnten Landgut „im Lohn“, nach welchem er „Tscharner vom Lohn“ genannt wurde. Er hat seine Arbeiten nie ausgestellt und nie verkauft; er war in der seltenen glücklichen Lage, daß die Kunst nicht ihm dienen mußte, sondern er der Kunst dienen konnte. Infolge dessen ist freilich auch sein Name nicht in die Ferne gedrungen. Von seinen Bildhauerwerken sind besonders zwei bekannt geworden, die 1842 im Modell vollendete und 1847 in München in Erz gegossene Statue des Herzogs Berchtold von Zähringen, des Gründers von Bern, und die erst in vorgerücktem Alter, 1871, ausgeführte Marmorgruppe der Pietà, erstere auf der Münsterterrasse, letztere, als Denkmal für die 1798 im Kampfe für das Vaterland gefallenen Berner, in der Münsterkirche selbst aufgestellt, beide von dem edeln Künstler der Stadt als Geschenk übergeben. In spätern Jahren etwas schwerhörend geworden und dadurch in die Einsamkeit geführt, aber innerlich in seiner Kunstbegeisterung stets jung geblieben, starb T. am 7. Januar 1873. Kinderlos geblieben vermachte er seinen künstlerischen Besitz meistens an die Bernische Künstlergesellschaft und einen großen Theil seines Vermögens an wohlthätige Stiftungen.

Berichte des Bernischen Kunstvereins, Jahrgang 1874. – „Alpenrosen“, Jahrgang 1874.