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ADB:Uhden, Karl Albrecht Alexander von

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Artikel „Uhden, Karl Albrecht Alexander von“ von Berner. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 765–767, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Uhden,_Karl_Albrecht_Alexander_von&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 09:05 Uhr UTC)
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Uhden *): Karl Albrecht Alexander v. U., geboren am 9. October 1798 als Sohn des Justizraths und Rechtsanwalts U. zu Berlin, erhielt seine Schulbildung im Grauen Kloster daselbst, studirte die Rechtswissenschaft zu Heidelberg und Berlin, trat 1821 als Auscultator beim Berliner Stadtgericht in den Staatsdienst, wurde 1823 Referendar, 1826 Kammergerichtsassessor, 1827 Justizrath beim Stadtgericht, 1833 Kammergerichtsrath und 1838 zugleich Geh. Postrath. Im folgenden Jahr ward er als Geh. Justizrath zur Hülfsleistung in das Civilcabinet berufen; 1841 zum Cabinetsrath und Mitglied des Staatsraths, 1844 zum Geh. Cabinetsrath befördert, wurde er am 25. September desselben Jahres an Mühler’s Stelle und neben Savigny, der das Revisionsministerium leitete, zum Justizminister ernannt. Am 20. März 1848 aus diesem Amte entlassen, leitete er vom December 1849 an das Appellationsgericht in Breslau und wurde im November 1854 Chefpräsident des Obertribunals, Mitglied des Herrenhauses und Kronsyndikus, welche Stellungen er fast ein Vierteljahrhundert bis zu seinem am 31. Januar 1878 erfolgenden Tode bekleidete. In seltenem Maße hatte U. sich durch seine Thätigkeit im Cabinet das Vertrauen König Friedrich Wilhelm’s IV. erworben, ein Vertrauen, das ihm auch die Königin Elisabeth, sowie Kaiser Wilhelm und seine Gemahlin erwiesen und zu vielfacher Heranziehung Uhden’s als juristischen Rathgebers der Mitglieder des königlichen [766] Hauses führte. Mannichfach waren die Erwartungen, die man an seine Ernennung zum Minister knüpfte. Der hohe Gedankenflug, mit dem Friedrich Wilhelm IV. bei seiner Thronbesteigung auch an die Revision der Justizgesetze gegangen war, und der ihn im Frühjahr 1842 bestimmt hatte, keinen Geringeren als Savigny zum Revisionsminister zu erheben, war mehr und mehr erlahmt, das Tempo, in welchem die Arbeiten zur Neugestaltung der Gesetzgebung vorwärts kamen, war unter Savigny eher ein langsameres geworden, und der König hoffte nunmehr durch den Einfluß Uhden’s Savigny zu größerer Eile, zu minder umfangreichen Vorstudien, deren Ausdehnung vielfach beklagt wurde, anzutreiben. Neben den Fürsten der Wissenschaft wurde ein im Verwaltungsfach hervorragender Beamter gestellt. Es konnte nicht fehlen, daß unter beiden Justizministern ein Conflict ausbrach, er konnte trotz des persönlichen Entgegenkommens beider Männer um so weniger ausbleiben, als die Räthe Savigny’s vorwiegend die bedeutendsten Gelehrten, die Uhden’s energisch zum Abschluß drängende Praktiker waren, die dem gründlichen Studium jener mit wachsender Unlust folgten, und als der König selbst mit berechtigtem Eifer die gesetzgeberische Arbeit beschleunigt wissen wollte. In der That ging auch alsbald namentlich durch Bornemann’s tüchtiges aber etwas derbes Vorgehen sogar die Initiative für die Gesetzgebung auf Uhden’s Ministerium über, und erledigte dies ein für die kurze Zeit seiner Dauer recht erhebliches Pensum. An der Neuordnung der Staatsanwaltschaft und ihrer allgemeinen Einführung, ihrer Durchbildung dahin, daß sie nicht allein dem Angeklagten gegenüber im Namen des Staates Rechtsmittel einzulegen habe, sondern Wächter des Gesetzes überhaupt sein solle, wurde lebhaft gearbeitet, die Besserung des Anwaltstandes durch die Einführung des Ehrenraths (Gesetz vom 30. April 1847) befördert, die Lösung der Competenzconflicte, eine damals brennende Frage, richterlicher Entscheidung unterbreitet (Gesetz vom 8. April 1847). Der Presse wurde, nachdem die Verhandlung im Bundesrath und mit einzelnen deutschen Staaten zu einem Resultat nicht geführt hatte, durch ein selbständiges Gesetz (vom 17. März 1848) freiere Bewegung gegeben, der Civilproceß wenigstens in Bahnen geleitet, auf denen er zu seiner heutigen Gestalt gelangen konnte (Verordnung vom 21. Juli 1846) und endlich und vornehmlich ward infolge des polnischen Aufstandes, der eine schleunige Entscheidung dringend nothwendig machte, der gesammte Strafproceß durch Einführung des öffentlichen und mündlichen Verfahrens, die Einführung der freien Beweistheorie wie die Aufhebung jeder ministeriellen Bestätigung der Straferkenntnisse vollständig im modernen Geiste umgewandelt. (Gesetz vom 17. Juli 1846.) Daß Gesetz war, wie späterhin bei Uhden’s Amtsjubiläum hervorgehoben wurde, der Gedanke und der Vorschlag des damaligen Justizministers, der es bei großen Schwierigkeiten durch seine Festigkeit durchgesetzt und damit für die ganze Proceßverwaltung die erwünschtesten Reformen herbeigeführt hatte. Ueberdies wußte U. die Unabhängigkeit der Richter auch in bedenklichen Fällen zu wahren und umgekehrt den letzten Versuch einer königlichen Cabinetsjustiz im Keime zu ersticken. Und das alles fast durchweg im Gegensatz zu Savigny, ja theilweise unter schärfster Verurtheilung von dessen Entwürfen. Dennoch mußte auch U. den Stürmen der Märzereignisse mit dem Gesammtministerium weichen, er griff aber am Schluß seiner Breslauer Wirksamkeit in das öffentliche Leben insofern wieder ein, als er, im März 1851 zum preußischen Commissar zur Regelung der kurhessischen Verfassungsstreitigkeiten ernannt, hier eine Thätigkeit entwickelte, die ihm eine sehr scharfe Verurtheilung zugezogen hat. Warme Liebe und Verehrung dagegen erwarb er sich als Chef des Obertribunals, dessen Wirkungskreis kurz vor seinem Amtsantritt durch die Vereinigung mit dem rheinischen Revisions- und Cassationshof erheblich vergrößert, war. Es erhielt unter ihm durch das Gesetz vom 7. Mai 1856 betr. die Erhaltung [767] der Einheit der Rechtsgrundsätze in den richterlichen Entscheidungen, sowie durch eine neue Geschäftsordnung vom 30. December 1859 eine festere Organisation, verlor 1871 durch die Errichtung des Reichsoberhandelsgerichts in Leipzig zwar einen nicht unerheblichen Theil der seiner Cognition unterliegenden Materien, wurde 1874 aber nach der Vereinigung mit dem – ursprünglich für die 1866 erworbenen Provinzen errichteten – Oberappellationsgericht für alle übrigen Sachen in Wirklichkeit der höchste Gerichtshof für die ganze Monarchie. Umfassend waren auch die Vorarbeiten, die im Obertribunal über die Einführung einer neuen Civilproceßordnung damals angefertigt wurden, bis diese Materie nach dem Jahre 1866 Bundesangelegenheit wurde, und von allgemeinem Interesse bleibt die Entscheidung, welche es im J. 1866 über die Verantwortlichkeit der Landtagsabgeordneten fällte.

Nebenher war U., dem ein einfach frommer Sinn eigen war, auf dem Gebiete christlicher Nächstenliebe, so für die Mission, für das Elisabethkrankenhaus und den Verein für kirchliche Zwecke mannigfach thätig, und wenn von ihm gesagt ist, daß er für einen hervorragenden Juristen niemals gegolten hat, so hat er doch mit lebhaftem, unermüdlichem und treuem Eifer in den höchsten Stellungen der Justizverwaltung wie der Judicatur gearbeitet und auch Erfolge erzielt, die seinen Namen mit der Geschichte der modernen Proceßentwickelung, mit der Geschichte des Obertribunals und mit der Geschichte König Friedrich Wilhelm’s IV. und der Königin Elisabeth untrennbar verknüpfen. Von dem hohen Maße der Achtung und Verehrung, die er sich erworben, gab sein Dienstjubiläum, an dem ihm der Schwarze Adlerorden mit dem erblichen Adel zu theil wurde, und die Räthe des Obertribunals sein Bildniß für ihren Sitzungssaal stifteten, sowie sein Leichenbegängniß, an dem sich Kaiser Wilhelm, Kaiserin Augusta sowie die Prinzen des königlichen Hauses betheiligten, unanfechtbares Zeugniß.

Stölzel, Brandenburg.-Preuß. Rechtsverfassung und Rechtsverwaltung II. – Sonnenschmidt, Geschichte des Obertribunals. – Entscheidungen des Obertribunals, Band 25 und 65. – Oetker, Lebenserinnerungen, Band II. – Metzel, Handbuch für das Herrenhaus, 1894. – Siebmacher, Wappenbuch. – Gritzner, Matrikel der kgl. preuß. Standeserhebungen.
Berner.

[765] *) Zu S. 145.