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ADB:Vivarius, Jakob

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Artikel „Vivarius, Jakob“ von Johannes Bolte in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 84–85, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Vivarius,_Jakob&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 10:17 Uhr UTC)
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Vivarius: Jakob V., neulateinischer Dramatiker des 16. Jahrhunderts. Er war aus dem brabantischen Flecken Loemel bei Eindhoven gebürtig und wirkte 1578 als Schulmeister in Anderlecht bei Brüssel, wo einst Erasmus sich aufgehalten hatte, später in Herenthals bei Antwerpen. Von seinen beiden geistlichen Schauspielen ist das erste, der 1577 in Anderlach aufgeführte „Petrus praedicans“ (Antverpiae, apud Antonium Tilenium 1578. Exemplar in Dresden), eine dürftige Dialogisirung der in Cap. 3–5 der Apostelgeschichte enthaltenen Erzählung von der Heilung des Lahmen durch Petrus und Johannes, der zweimaligen Verhaftung der Apostel, ihrer Befreiung durch den Engel und ihrer Entlassung auf den Rath Gamaliel’s. Die Handlung schreitet langsam vorwärts, die Charaktere sind leblose Typen, und der Einfall, statt des einen Lahmen drei jammernde Krüppel (Scazon, Perus und Chologenes) einzuführen, die gleichzeitig geheilt werden, ist kaum glücklich zu nennen. Stillos mischt V. unter die herkömmlichen Trimeter Scenen in Hexametern und iambischen Dimetern mit und ohne Reim; die Chorlieder wurden, wie es scheint, immer von den zwei oder drei gerade auf der Bühne anwesenden Personen gesprochen. – In dem zweiten Drama „Redemptio nostra (comoedia nova, in qua ostenditur maxime relictos et afflictos esse maiorem consolationem consequutos: materia huic tempori admodum accommoda.“ Antverpiae, apud Antonium Tilenium 1579. Dresden), das von Brüssel aus an den Abt Livinus Cowenberg zu Diligem gewidmet ist, versucht V. einen höheren Flug zu nehmen: Er will den göttlichen Heilsrathschluß darstellen, der anfangs nur den Juden und erst, als diese sich verstockt zeigen, den Heiden Gnade erweist, aber nicht durch concrete biblische Vorgänge und Personen, sondern durch neue nebelhafte Gestaltungen jener Idee. Die Ereignisse der biblischen Geschichte von der Schöpfung bis zur Christianisirung der Heiden deutet er in aller Kürze durch drei Abgesandte Gottes an: Paranymphus, den Freund des Bräutigams (Joh. 3, 29), Prophetes, der Worte des Jeremias wiederholt, und Charophorus, der die Geburt des Messias verkündet. Während so die Jahrhunderte im Fluge dahingehen, bleiben dieselben beiden Vertreter des Judenvolkes und die der Heidenschaft auf der Bühne anwesend. Das Stück schließt mit der Bekehrung des Hauptmanns Cornelius durch Petrus, doch wird [85] auch diese nur in den allgemeinsten verschwimmenden Umrissen vorgeführt. Eine solche zeit- und ortlose Verkörperung großer geschichtlicher Ideen hatte 41 Jahre zuvor der protestantische Aristophanes, Naogeorg, gewagt, als er im Pammachius den Kampf von Papstthum und Kaiserthum schilderte; aber was diesem kräftigen Talente gelang, blieb dem schwächlichen V. unerreichbar. Nicht einmal, welche Beziehungen auf den niederländischen Religionskrieg der Dichter seinem Werke eigentlich geben wollte, ist heut klar zu ersehen. Jedenfalls stand er auf Seiten der belgischen Katholiken, wie ein beigegebenes Lobgedicht von Michael Eitzing beweist und wie er auch später seine mir nicht zugängliche Dichtung „Origo, institutio, inauguratio aurei velleris“ (Antverpiae, Henr. Henricius 1585. 4°; darin auch eine Querela Belgici und Oratio Ecclesiae) dem spanischen Statthalter Alexander Farnese widmete.

Paquot, Mémoires pour servir à l’histoire littéraire des Pays-Bas 16, 75 f. (1769) mit einigen bibliographischen Irrthümern. Nicht zu verwechseln ist mit unsrem Vivarius der 1572 zu Gent geborene Jakob van den Vivere (van der Aa, Biographisch woordenboeck der Nederlanden 19, 270).