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ADB:Vogtherr, Heinrich (Radierer)

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Artikel „Vogtherr, Heinrich der Jüngere“ von Karl Schorbach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 194–196, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Vogtherr,_Heinrich_(Radierer)&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 04:40 Uhr UTC)
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Vogtherr: Heinrich V. der Jüngere, Maler und Radirer, war ohne Zweifel ein Sohn des Vorigen. Daß er dessen Bruder gewesen, wie man öfters angenommen hat, das macht der gleiche Vorname mindestens unwahrscheinlich. Er ist im J. 1513 geboren, wie die Inschrift auf seinem Bildniß beweist. Ueber seine Jugend ist nichts bekannt. Er wird in Straßburg, wohin er nach meiner Annahme als 12jähriger Knabe gekommen sein muß, bei seinem Vater gelernt und ihm dann als Gehülfe (bes. beim Formschnitt) gedient haben. Das Porträt vom Jahre 1537, auf welchem der junge V. 24jährig erscheint, ist die erste Urkunde von seinem Leben. Dasselbe findet sich von 1538 an auf [195] den meisten Ausgaben vom Kunstbüchlein des älteren V. (s. vorigen Artikel). Den Umstand, daß das Porträt unseres Künstlers neben dem Medaillonbild seines Vaters auf dem Titelblatt steht, deutet man auf Mitarbeit. Jedenfalls darf man daraus schließen, daß der jüngere V. sich noch in den Jahren 1537/38 in Straßburg aufgehalten hat. Sehr wahrscheinlich wird auch er für Straßburger Druckereien als Illustrator thätig gewesen sein, doch hat es Schwierigkeit, ihm bestimmte Holzschnitte sicher zuzuweisen (einen unkritischen Versuch machte E. Reiber, propos de table, p. 220 f.). Was die Kunsthandbücher über des Künstlers Eifersucht gegen seinen Vater berichten, ist irrig, denn es beruht auf falscher Combination. V. der Jüngere verließ Straßburg spätestens im J. 1540 und zog nach Augsburg, wohin ihn wol verwandtschaftliche Beziehungen zum bischöfl. Chirurgen Barthol. V. lockten. Im März 1541 erhielt er die Gerechtigkeit in der Augsburger Malerzunft. Der Eintrag im Malerbuch (Augsb. Stadtarchiv 72° Bl. 76a) lautet: „Item am manttag nach dem rossen suntag [28. März] im 41. jar ist der erber mayster Hainrich Vochher kumen vnd das hantwerck empfangen, vnd hat ayn hantwerk ayn gutt geniegen mit brieffen vnd geltt“. In einer alten Copie aus dem Malerbuch wird das Datum auf den 21. März angegeben, der Neuaufgenommene als „Heinrich Vogther maller“ bezeichnet und die Angabe gemacht, er habe die Gerechtigkeit „wegen seiner Hausfrau“ erhalten. V. war verheirathet mit Sibilla Steinmairin, der Tochter eines Augsburger Glasers. Im J. 1541 stellte er am 10. Juli einen Lehrknaben Christinus Spiegel der Innung vor, und ebenso am 4. November 1543 den Jeremias Wirsing. Bekannt ist, daß er 1545 gemeinsam mit Hans Burgkmair d. J. an dem Augsburger Geschlechterbuch arbeitete, welches die Wappen und Wappenhalter dortiger Adelsfamilien „in Stahel zierlich geradiert“ enthält. Die Vogtherr’schen Blätter zeichnen sich durch besonders feine Behandlung aus (eine verkleinerte Abbildung bei E. Reiber, S. 189). Originalabdrücke besitzt das Kupferstichcabinet zu Stuttgart; das ganze Werk wurde fortgeführt von W. P. Zimmermann und erschien erst 1618 (Passavant III, 285 f.). Ob V. die Gemälde, die früher zur Ausschmückung des Baugartens zu Augsburg dienten, mit von Stetten zuzuweisen sind, ist sehr fraglich. Bis zum Jahre 1554 lebte unser Meister in Augsburg und zahlte nach den Steuerbüchern eine jährliche Vermögensabgabe von 24 Kr. Von diesem Zeitpunkt an – er erhielt die Erlaubniß die Stadt zu verlassen – finden wir ihn in Wien im Dienste des Hofes, worüber urkundliche Nachrichten vorliegen. Im J. 1554 erhielt er nach Wiener Hofrechnungen 10 Pfd. „für etlich Model eines Salvators und Sarch“. Im Auftrag des Hermes Schallautzer lieferte er (ca. 1555) an König Ferdinand die Zeichnung eines Hauptstückes der Ehrenpforte, wie dies damals für das Grabmal Maximilian’s I. (zu Innsbruck) in Aussicht genommen war. Als Lohn „für 2 Abriß der neuen Münzen“ empfing er 1560 2 fl. 20 kr., 1564 „für etliche Gemäl sambt Abmallung einer Zimetstauden für H. Adamen von Dietrichstain“ 24 fl. 32 kr. Zum Leichenbegängniß Kaiser Ferdinand I. malte er einige Wappen, wofür ihm 1565 8 fl. 55 kr. ausgezahlt wurden. E. Harzen sah in einer Privatsammlung zu Brüssel ein Oelgemälde, ungefähr 1565 entstanden, mit dem Vogtherr’schen Zeichen (Nagler, Monogr. III, Nr. 1596). Das Bild stellt ein Weib mit Schwert und Buch in einer felsigen Landschaft dar. Ob es von unserem V. gemalt ist, muß so lange unentschieden bleiben, bis das Gemälde wieder an die Oeffentlichkeit tritt. Der jüngere Heinrich V. muß im J. 1566 oder 1567 gestorben sein, denn im Augsburger Steuerbuch von 1568 wird „Sibilla Stainmairin, weylund Hainrichen Vogthers malers nachgelaßen wittib“ als „Jeorgen Zinsseders zu Wien Eewirtin“ – erwähnt.

[196] Die Mittheilungen aus dem Augsb. Stadtarchiv verdanke ich der Güte des Herrn Stadtarchivars Dr. A. Buff. Außer der beim vorigen Artikel angeführten Litteratur, die theilweise Irriges berichtet, vgl. man Passavant, Le peintre-graveur I, p. 285 f. – P. v. Stetten, Kunst- und Handwerks-Geschichte von Augsburg I, 279. – v. Stetten, Erläuterungen, S. 136. – Schlager, Materialien zur österr. Kunstgesch. 1850 (Archiv f. österr. Gesch. II, 765). – Rob. Vischer, Studien z. Kunstgesch., S. 526 und 562. – Repertor. f. Kunstwiss. III, 305. – Jahrbuch d. kunsthist. Samml. d. Kaiserh. V, S. CIV, VII, S. CXVIII und XI, 204 und 265.