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ADB:Weber, Dionys

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Artikel „Weber, Dionys“ von Rudolf Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 286–287, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Weber,_Dionys&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 12:01 Uhr UTC)
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Weber: Friedrich Dionys W., Musiker, geboren 1771 zu Welchau in Böhmen, gestorben zu Prag am 25. December 1842. Entschieden begabt für Musik, auch von Jugend an geschult im Gesange, Violin-, Clavier- und Orgelspiel, wurde er von den Eltern doch vor einer Entscheidung über seine Zukunft zum Besuche des Gymnasiums in Saaz bestimmt, von wo er dann selbstwillig an die Prager Hochschule überging und sich der Rechtswissenschaft zuwendete. Trotzdem behielt der Trieb für Musik bestimmende Gewalt, der W. jetzt nach Beendigung seiner Pflichtstudien umsoweniger widerstand, als er vernahm, welche Triumphe der jugendliche Mozart in Wien und Paris feierte. Es läßt sich wol auch sagen. daß er von da ab im Banne Mozart’s geblieben ist. Seine ersten musikalischen Veröffentlichungen bestanden in Tänzen und Liedern, und er traf damit schon überein mit der von seinem Vorbilde angeregten Geschmacksrichtung. Unter solcherweise rasch erworbener Gunst, beauftragte den kaum 25jährigen Componisten der akademische Senat, anläßlich der Kaiserfeier, mit der Orchestrirung einer großen dramatischen Dichtung von Prof. Meinert: „Böhmens Errettung durch den Helden Karl, Erzherzog von Oesterreich.“ Das ausführende Orchester bestand aus 350 Musikern und Sängern. Vom Erfolge ermuthigt, überging W. nun mit Vorliebe ins Gebiet des Singspiels, schrieb für ein herrschaftliches Haustheater die Operette „Der Mädchenmarkt“, hierauf die zweiactige Oper „Canzema oder der Krieg um Liebe“, dazu als zweiter Theil „Die gefundene Perle“. Hierdurch auch Günstling des Adels geworden, bedurfte es für ihn nur geringer Anstrengung, um sich in der damals in Kunstsachen durchweg vom Adel abhängigen Landeshauptstadt zur tonangebenden Stellung aufzuschwingen. Ein Hebel wurde der 1810 vom Prager „Verein zur Beförderung der Tonkunst“ gefaßte Beschluß der Gründung eines Conservatoriums, denn W. war der für die Organisation und Leitung Erkorene. Und er verstand es, die Anstalt zu Ansehen zu bringen, namentlich durch das baldige Vortreten einiger Schüler mit virtuosen Leistungen, wie Jos. Dessauer und C. M. Bocklet. – In musikalischer Richtung freilich auch jetzt noch vollständig befangen von Mozart, ja fast fanatischer Anhänger, bildete sich unter ihm eine Art Trutzbund gegen jedwede über Mozart hinausgreifende Neuerungen – wie sich deren insbesondere Beethoven schuldig machte. Trefflich bemerkte hierzu Josef Proksch (siehe A. D. B. XXVI, 646) in seinem Tagebuch: „Wie vor 50 Jahren die Piccinisten und Gluckisten sich in Paris stritten, so streiten jetzt in Prag die Mozartianer und die Verehrer Beethoven’s wider einander. An der Spitze der ersteren steht Friedrich Dionys Weber, Führer der anderen ist der Aesthetik-Professor Anton Müller. Jene vertreten das hiesige musikalische Obergericht, die Unfehlbaren, Unveränderlichen, diese den frischen Nachwuchs, die Strebenden, Fortschreitenden.“ – Im Streite dieser Parteien unterlag naturgemäß W. mit seinem Anhange, und die Streiter für Beethoven eroberten den Kampfplatz – auf welchem sich [287] dann auch unter Mitwirkung von Proksch eine Reform des musikalischen Lebens und Treibens vollzog. – W., das muß ihm zugestanden werden, hatte seiner Zeit vollauf Genüge gethan, aber fest verbunden mit seinem Ideal, vermochte er sich ebenso wenig der über ihn einbrechenden Reformzeit anzubequemen, wie der in seiner Abneigung gegen Beethoven verhärtete Tomaschek, der auch, nachdem schon W. die Hand zum Frieden geboten hatte, beharrlich bis an sein Lebensende den Kampf fortsetzte. Zu den schon erwähnten Werken Weber’s zählen, außer der 1800 im Convictsaale aufgeführten Oper „König der Genien“, noch 18 Cantaten, mehrere Messen, 3 Streichquartette, viele Concertstücke, Lieder, Märsche und Tänze. Für den Gebrauch in der Schule schrieb er ein „Theoretisch-praktisches Lehrbuch der Harmonie und des Generalbasses“ in vier Theilen – Prag, bei Marco Berra, 1830–33 – und „Theoretisch-praktisches Lehrbuch der Tonsetzkunst“, 1833 bei Jos. Spurny in Prag erschienen.

Neues Univers.-Lexikon d. Tonkunst v. Schladebach. – Archiv f. Gesch., Litteratur und Kunst v. Hormayr. – Dr. A. W. Ambros, Das Conservatorium in Prag. – Gaßner, Universallex. d. Tonkunst. – Wurzbach, Biogr. Lexikon d. Kaiserth. Oesterreich. – Eigene Notizen.