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ADB:Wedderkop, Theodor von

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Artikel „Wedderkop, Theodor von“ von Magnus von Wedderkop in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 390–392, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wedderkop,_Theodor_von&oldid=- (Version vom 12. November 2024, 18:47 Uhr UTC)
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Wedderkop: Theodor v. W., Nachkomme des Vorigen, geboren am 19. December 1802 zu Malmö in der schwedischen Provinz Schonen. Der Vater, schon dem Könige Gustav III. von Schweden bedienstet, theilte als Kammerherr des Königs Gustav IV. Adolf nach dessen Thronentsetzung 1809 mit ihm das Loos der Verbannung. Ein großer Verehrer der längere Zeit bei ihm auf seinem Gute weilenden Comtesse de Genlis, nannte er seine beiden ältesten Kinder nach deren Schrift „Adèle et Théodore“ (vgl. auch deren „Les petits émigrés“ und „Mémoires“). Diese beiden ältesten Kinder kamen nach erfolgter Scheidung der Eltern in die Erziehung des damaligen Hauptmanns Quade in Helsingör, wo Theodor das Gymnasium bis zur Prima besuchte, um dasselbe 1818 mit dem in Ploen zu vertauschen, von wo er 1821 zum Studium der Rechte nach Kiel und 1823 nach Göttingen ging. Nach dem im J. 1825 erfolgten Tode seines Vaters zog es ihn nach Schweden zurück, wo er ein Jahr lang in Upsala studirte, sich dortiger Sitte gemäß in mehreren Sprachen, und [391] zwar in sieben, nämlich Schwedisch, Dänisch, Deutsch, Französisch (der Vater sprach vorwiegend Französisch), Englisch, Lateinisch und Griechisch einführend. Aber er hatte sich doch in Schweden nicht wieder acclimatisiren können, kehrte 1826 nach Holstein zurück und trat von hier aus im J. 1826 in die Dienste des Herzogs Peter von Oldenburg. 1828 im Amte Zwischenahn als Auditor angestellt, verheirathete er sich mit der damaligen Unterpriorin des damaligen adeligen Klosters Preetz in Holstein, Meta v. Rumohr, und gewann in ihr eine Frau von seltener Fülle des Geistes, Verstandes und Herzens und Charakterstärke, eine echte Holsteinerin, der es nicht so leicht wurde wie dem mehr kosmopolitisch angelegten Manne, sich in die so ganz andersartigen oldenburgischen Verhältnisse einzuleben.

Im J. 1831, nach wohlbestandenem zweiten Examen, wurde er als Landgerichtsassessor nach Neuenburg, wo einst Friedr. Leop. Stolberg „Landvogt“ war, versetzt und 11/2 Jahre später an das Landgericht, dann die Justizkanzlei und endlich an das Oberappellationsgericht in Oldenburg. Sein väterlicher Protector war der im J. 1849 verstorbene Oberappellationspräsident Runde. Das in den dreißiger Jahren und bis in die sechziger Jahre sehr kleine Städtchen Oldenburg zeichnete sich durch ein reges geistiges Leben aus, an dem W., empfangend und gebend, ganz besonders musikalisch, sich betheiligte. Anmuthend war das Zusammenwirken aller Stände der kleinen Residenz und die Theilnahme, welche auch der großh. Hof, dem W. als Kammerherr mit inniger Verehrung für sein Fürstenhaus, angehörte, daran zeigte.

Im J. 1841 besuchte W. wieder sein Schweden und auch Dänemark in siebenwöchentlicher Reise, welche einer zweibändigen Schrift: „Bilder aus dem Norden“ (1844, 45) zur Grundlage diente, woran sich 1847 die Uebersetzung der schwedischen Erzählung „Ein Name“ von „Onkel Adam“ (Wetterberg) schloß. Von dem Sturme des Jahres 1848 wurde W. in seiner leichten Erregbarkeit mit hingenommen und da besonders durch die Erhebung der Herzogthümer Schleswig-Holstein gegen Dänemark. „Mein Herz schlug wieder warm für Dänemark, wo mir so viel Liebe zu Theil geworden“, sagt er; aber nicht minder warm fühlte er für die Herzogthümer. Ihm kam der Gedanke einer Vermittlung durch den König Oskar von Schweden. Er stellte sich zu solchem Zwecke der provisorischen Regierung der Herzogthümer zur Verfügung und wurde im Juli 1848 an den König Oskar abgeordnet. Obwol der König nicht abgeneigt war, mit dem Reichsverweser in Frankfurt a. M. in Verhandlung wegen der Sache zu treten, blieb sie doch erfolglos.

Im folgenden Jahre wurde W. berufen, an der Neugestaltung der oldenburgischen Landeskirche als Mitglied der constituirenden Synode mitzuwirken. Wie er selbst sagte, arbeitete er daran „als der Radikalsten einer“. Im Jahre 1853 erfuhr die so geschaffene Kirchenverfassung eine Revision, an der W. gleichfalls mit Hingabe thätig war, wie seine Schrift: „Die Verfassung der evangelisch-lutherischen Kirche des Herzogthums Oldenburg, eine übersichtliche Darstellung der Revision von 1853“ bezeugt, welche bis heute in stetem praktischen Gebrauche geblieben ist. Dies lebhafte Interesse und seine Kenntniß der Dinge veranlaßte seine Ernennung zum Mitgliede des Oberkirchenraths, der obersten Kirchenbehörde des Landes, in welcher er bis kurz vor seinem Tode aus seiner intimen Kenntniß der Entstehungsgeschichte der Verfassung und ihrer Ausführung eine lebendige Quelle für die Beantwortung auftauchender Zweifelsfragen blieb. An seinem Sarge bezeugte einer seiner Collegen aus dem Oberkirchenrathe ihm: Als die Landeskirche nach neuen Formen gerungen, sei es ihm vor allem eine Herzenssache gewesen, die Gemeindeglieder zur Gemeinschaft und Mitarbeit an dem neuen Aufbau und der Fortführung des kirchlichen Lebens heran zu ziehen. [392] Er erkannte und würdigte das Christenthum überhaupt als das Allen bestimmte Rettungsmittel und so hatte auf ihn tiefen Eindruck das „Rauhe Haus“ in Hamburg und dessen Gründer Wichern gemacht. Er wurde dadurch veranlaßt zu einer Schrift „Das Rauhe Haus. Ein Bild aus der Zeit“ (1851) (vgl. auch: Oldenberg, J. H. Wichern II, 10) und zur Gründung eines Rettungshauses für verwahrloste Kinder in Oldenburg, der „Eichenhof“ genannt, das aber nur wenige Jahre existirte.

Im Verein mit dem Strafanstaltsdirector Hoyer zu Vechta und dem Oberappellationspräsidenten v. Buttel widmete W. sich mit Hingabe dem Wohle entlassener Sträflinge, für deren Errettung aus dem inneren Verderben durch die Macht des Christenthums er auch im Zuchthause, man kann es sagen, innige Verbindung mit den unglücklichen Sträflingen suchte. Er darf überall ein Helfer der Nothleidenden, denen er begegnete, genannt werden. „Bittere Erfahrungen blieben ihm nicht erspart“, so hieß es an seinem Sarge, „sie beugten ihn wol, aber sie brachen ihn nicht; fest blieb seine Liebe, die Alles hoffte und Alles glaubte“. Und dieser Glaube an Gott und die Menschheit erhielt ihn frisch und lebensfroh bis ins Alter.

Reges geistiges Leben herrschte in dem gastlichen Wedderkop’schen Hause, das jedem schöngeistigen und geistlichen Interesse offen stand und vielen hervorragenden Persönlichkeiten Anziehung bot. Auch außerhalb des Hauses blieb W. bis in sein Alter allen Anregungen zugänglich und regte selber an, dessen zum Zeugniß dient u. a. die Denkschrift zum fünfzigjährigen Stiftungsfeste des litterarisch-geselligen Vereins in Oldenburg (1849). „Alles ist Euer“, dieses Wort der heiligen Schrift, das er so besonders gern brauchte, könnte als Motto seines vielgestaltigen Lebens und Wirkens gelten. „Die herrliche Freiheit der Kinder Gottes“ war das, wonach er aus der Tiefe des Christenthums für sich und Alle rang. Er starb am 15. Februar 1887, nachdem er am 30. September 1878 mit seiner Gattin, beide in wunderbarer Frische, die goldene Hochzeit gefeiert hatte. Nur ein halbes Jahr war er Wittwer gewesen. Die Heilige Schrift, deren Neues Testament er täglich im Urtexte las und die Frau Musica, deren verständnißvoller Jünger er in seltenem Maaße war, blieben ihm, wie einst seinem Ahnherrn, die treusten Begleiter durch sein reich gesegnetes Leben.