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ADB:Zollinger, Heinrich

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Artikel „Zollinger, Heinrich“ von Viktor Hantzsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 419–423, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zollinger,_Heinrich&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 02:47 Uhr UTC)
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Zollinger: Heinrich Z., Reisender und Naturforscher, wurde am 22. März 1818 zu Feuerthalen im Kanton Zürich als Sohn einer sehr kinderreichen Familie geboren. Er war schon als Kind von schwachem Körper, aber von außerordentlich lebhaftem Geiste. Den ersten Unterricht empfing er im väterlichen Hause. Da aber seine Angehörigen seine vorzügliche Begabung nicht zu schätzen wußten und seinen Wunsch nach höherer Geistesbildung gewaltsam zu unterdrücken suchten, entfloh er ihnen und begab sich zu einem Verwandten, der ihn auf das Züricher Kantonal-Lehrerseminar schickte. Nachdem er den Cursus dieser Anstalt mit bestem Erfolge durchlaufen hatte, legte er die Lehrerprüfung ab und begab sich dann, seinem Bildungsdrange folgend, nach Genf, um an der dortigen Universität französische Sprache und Naturwissenschaften, insbesondere Botanik und Geologie zu studiren. Sein bedeutendster Lehrer war der berühmte Botaniker Decandolle, mit dem er bis an sein Ende durch innige Freundschaft verbunden blieb. Als er nach Abschluß seiner Studien die Prüfung für das höhere Lehramt bestanden hatte, nahm er eine Schulstelle in Herzogenbuchsee im Kanton Bern an, verwaltete dieselbe aber nur ein Jahr lang, da ihn ein unwiderstehlicher Drang aus der Schulstube hinaus in die Ferne trieb. Sein Freund Decandolle, an den er sich wendete, empfahl ihn einer Gesellschaft französischer und schweizerischer Botaniker, welche Pflanzensammler nach fremden Ländern schickte. Mit ihrer Unterstützung reiste Z. 1841 nach Java, wo er anfänglich durch seinen Landsmann, den in Batavia ansässigen reichen Züricher Kaufmann Abraham Meyer alle wünschenswerthe Förderung fand. Nach dem Tode Meyer’s gerieth er jedoch aus Mangel an Mitteln in große Bedrängniß, doch fand er noch rechtzeitig mit Hülfe einiger neu gewonnener Freunde, welche [420] ebensosehr seine reichen Kenntnisse als seine Rechtschaffenheit schätzten, eine Anstellung im Regierungsdienste. Er erhielt zunächst den Auftrag, die Inseln Sumbawa, Flores, Bima, Saleijer und einige Landschaften auf Celebes hinsichtlich ihrer botanischen und geologischen Verhältnisse zu untersuchen. Anfänglich blieb er in Java, um die Pflanzenwelt dieser Insel noch eingehender als bisher zu studiren und um die Anlage von Plantagen zu überwachen. Von Java aus führte er zahlreiche größere und kleinere Reisen nach den umliegenden Inseln aus, die aber in seinen Werken nur unvollständig beschrieben werden. 1842 durchforschte er zunächst die Umgebung der Städte Batavia und Surabaya, sowie die Landschaft Bantam und die Preanger Regentschaften, 1843 und 1844 widmete er sich hauptsächlich der Untersuchung der Vulkane des östlichen Java. Insbesondere bestieg er den Semeru und den Salakh und stellte Beobachtungen über die in der Nähe des letzteren entspringenden merkwürdigen heißen Quellen an. 1845 unternahm er als Begleiter des Regierungscommissars Major eine Expedition nach Bali, umsegelte diese Insel, nahm die Küsten auf und bestieg den Vulkan Gunung Seraja. Nach der Rückkehr von dieser Fahrt führte er gegen Ende desselben Jahres von Batavia aus eine Reise nach der damals noch wenig bekannten Landschaft Lampong an der Südküste Sumatras aus, die reiche wissenschaftliche Ausbeute brachte. 1846 beteiligte er sich an einem Kriegszuge der Holländer gegen die aufständischen Bewohner der Landschaft Buliling auf der Insel Bali, besuchte hierauf Lombok und kehrte dann nach Java zurück, 1847 begab er sich zunächst nach Celebes und untersuchte die Flora der Umgegend von Macassar und die am Westrande der Insel gelegenen Steinkohlenlager von Maros. Von hier aus fuhr er nach der damals nur ganz ungenügend durchforschten kleinen Insel Saleijer und segelte dann nach Sumbawa. Nachdem er die Küste dieser Insel aufgenommen hatte, drang er in das selten von Reisenden betretene Innere vor, bestieg als der erste Europäer den gewaltigen Vulkan Tambora, in dessen Umgebung noch deutliche Spuren des verheerenden Ausbruches vom 11. April 1815 zu sehen waren, über den er die glaubwürdigen Berichte verschiedener noch lebender Augenzeugen sammelte, durchstreifte dann unter großen Mühen, verursacht durch schlechte Wege und durch den Mangel an Führern und Trägern, die schwer zugängliche Gebirgslandschaft Dompo und besuchte das Naturvolk der Orang Dongo, die ihn für ein übermenschliches Wesen ansahen und verehrten. Hierauf fuhr er zunächst nach der weiter östlich gelegenen Insel Flores, dann wieder nach Celebes, durchforschte die Ostküste dieser Insel und kehrte endlich, reichbeladen mit werthvollen Erwerbungen für den botanischen Garten und das naturwissenschaftliche Museum in Batavia, nach Java zurück. Da sich aber hier seine ohnehin wenig befriedigenden Gesundheitsverhältnisse wesentlich verschlechterten, nahm er seine Entlassung aus dem Colonialdienste und begab sich wieder in seine Schweizer Heimath. Hier erhielt er 1849 eine Anstellung als Director des Lehrerseminars in Küsnacht bei Zürich. Als solcher betheiligte er sich lebhaft und mit gutem Erfolge an der Förderung der pädagogischen Wissenschaft und der Interessen des Lehrerstandes, doch gewährte ihm sein Amt nicht volle Befriedigung, da er mit vielen Widerwärtigkeiten zu kämpfen hatte. Deshalb leistete er 1854 einem ehrenvollen Rufe einer niederländischen Colonial- und Plantagengesellschaft bereitwillig Folge und trat wieder in den hinterindischen Colonialdienst ein. Er begab sich zunächst nach Aegypten, als er aber hier das Unglück hatte, durch einen Sturz sich schwere Verletzungen, insbesondere einen Beinbruch zuzuziehen, kehrte er nach der Schweiz zurück und reiste erst nach scheinbarer Wiederherstellung seiner Gesundheit zum zweiten Male nach Java, wo er zu Rogodjampie in der Residentschaft Banjuwangi an der Ostküste in der Nähe der Balistraße eine großartige Kokosplantage anlegte. Von hier aus unternahm [421] er trotz seines sich immer mehr verschlechternden Gesundheitszustandes zu Studienzwecken wiederum eine Reihe von ergebnißreichen Reisen. Die bedeutendste fällt in den Sommer 1857. Er fuhr zunächst nach der Insel Madura, besuchte dann Bali, durchforschte die beiden auf dieser Insel gelegenen Landschaften Buliling und Djembrana und bestieg das schwer zugängliche, im Innern sich erhebende vulkanische Batorgebirge. Hierauf kehrte er nach Banjuwangi zurück, wurde aber hier von einem schweren Leberleiden befallen, dem er am 19. Mai 1859 im Alter von 41 Jahren mit Hinterlassung einer Frau und mehrerer Kinder erlag.

Z. hat sich um die Erforschung der Pflanzenwelt und der geologischen Beschaffenheit des hinterindischen Archipels, für welchen er wegen des Vorherrschens der malaischen Rasse den Namen Malesien vorschlug, große und dauernde Verdienste erworben. Eine Würdigung seiner botanischen Leistungen findet sich in dem Werke von A. Moritzi, Systematisches Verzeichniß der von Heinrich Zollinger in den Jahren 1842–1844 auf Java gesammelten Pflanzen nebst einer kurzen Beschreibung der neuen Gattungen und Arten, Solothurn und Leipzig 1845 bis 1846, sowie in den Aufsätzen von Hepp: Species lichenum javanensium novae collectionis Zollingerianae (in der Natuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch Indié, Deel 6, 1854, S. 141 ff.), von C. H. Schultz: Zollingeria een nieuw geslacht der Artemisiae (ebendort Deel 10, 1856, S. 464 ff.), von G. Kunze: In filices Javae Zollingerianas observationes (Botanische Zeitung 4, 1846, S. 417, und 6, 1848, S. 97) und von A. Meisner: Hepaticae javanicae a Zollingero collectae (ebendort 2, 1844, S. 462). Verzeichnisse von Pflanzen, die von Z. entdeckt und nach ihm benannt worden sind, finden sich außer in seinem eigenen, weiter unten noch zu erwähnenden Systematischer Verzeichniß bei W. Miquel, De Flora van Nederlandsch Indië, Amsterdam und Utrecht 1855, sowie in der Natuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch Indië, Deel 14, 1857, S. 425 ff. und Deel 19, 1859, S. 1 ff. Einen beschreibenden Katalog der von ihm entdeckten und gesammelten Weichtiere enthält das Werk von A. Mousson: Land- und Süßwasser-Mollusken von Java, nach den Sendungen des Herrn Seminardirectors Zollinger zusammengestellt und beschrieben, Zürich 1849.

Die werthvollen naturwissenschaftlichen Sammlungen aller Art, die Z. auf seinen Reisen zusammengebracht hat, befinden sich hauptsächlich im Museum zu Batavia. Die theoretischen Ergebnisse seiner Studien hat er in einer großen Zahl von Abhandlungen niedergelegt, die meist Monographien über einzelne niederländische indische Inseln oder Landschaften mit wichtigen Bemerkungen über deren Bodengestalt, Klima, Thier- und Pflanzenwelt, über Lebensweise, Sitten, Gottesdienst und Sprache der Bevölkerung, über Plantagencultur und Handelsbewegung enthalten und die in mehreren, zum Theil wenig verbreiteten Zeitschriften gedruckt sind. Da diese Aufsätze noch nirgends zusammengestellt wurden, möge ein Verzeichniß der bedeutendsten hier folgen:

I. In den Verhandelingen van het Bataviaasch Genootschap van Kunsten en Wetenschapen: 1. Band 22, 1849: „Reis over de eilanden Bali en Lombok“, behandelt die oben erwähnte Reise im Jahre 1846. 2. Band 23, 1850: „Verslag van eene reis naar Bima en Soembawa en naar eenige plaatsen op Celebes, Saleijer en Floris, gedurende de maanden Mei tot December 1847“, enthält außer der Reisebeschreibung eine sehr ausführliche Monographie über die Insel Sumbawa nebst einer Beschreibung des Ausbruches des Vulkans Tambora im J. 1815 und einem vergleichenden Wörterverzeichniß der auf der Insel gesprochenen Mundarten.

II. In der Natuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch Indië, uitgegeven [422] door de natuurkundige vereeniging in Nederlandsch Indië: 1. Deel 10, 1856, 455–457: „Eenige opmerkingen omtrent het Broeboe-gebergte“, schildert eine Besteigung dieses in der Residentschaft Surabaya auf Java gelegenen Gebirges im J. 1856. 2. Deel 13, 1857, 225–234: „Over het aantal onweder- en regendagen op Java“, enthält die Ergebnisse meteorologischer Beobachtungen aus den Jahren 1841–1855. 3. Ebendort 269–272: „Jets over den Goenoeng Baloeran in Oost-Java“, eine Beschreibung seiner Besteigung dieses Vulkans am 22. April 1845. 4. Ebendort 293–322: „Over het begrip en den omvang eener Flora Malesiana“, eine Untersuchung über die pflanzengeographischen Regionen des hinterindischen Archipels. 5. Deel 14, 1857, 145–176: „Observationes botanicae novae“, enthält Nachträge zu seinem noch zu erwähnenden „Systematischen Verzeichniß“. 6. Deel 17, 1858–1859, 243–248: „Jets over de natuurlijke geschiedenis van Madoera“. 7. Deel 18, 1859, 423–426: „Over eenige nieuwe land- en zoetwater-mollusken van Java.“ 8. Ebendort 427–435: „Meteorologische waarnemingen gedaan te Rogodjampie in Banjoewangi“, enthält zahlreiche Beobachtungsreihen aus den Jahren 1857–1858. 9. Deel 21, 1860, 316–323: „Jets over de hoogte – verbreiding en het voorkomen van land en- zoetwater-mollusken op Java en de Soenda-Eilanden.“

III. In Hoevell’s Tijdschrift voor Nederlandsch Indië: 1. 1844, I, 2, 141–176, II, 1, 37–61: „Togt naar den Salakh“, ein Bericht über seine Besteigung dieses südlich von Batavia gelegenen Vulkans im November 1843. 2. 1845, II, 1–56: „Een uitstapje naar het eiland Balie“. Nachträge zu diesem Aufsatz finden sich in derselben Zeitschrift 1846, II, 235–236. Er schildert seine erste Reise nach Bali im J. 1845. 3. 1846, I, 125–190: „Bijdragen tot de kennis van de gebergte-sijstemen in het oostelijk Java“, mit wichtigen Bemerkungen über Vulkantheorie und mit einem Verzeichniß von Berghöhen, die er zum großen Theile selbst gemessen hatte. 4. 1847, I, 1–38, 121–142, 249–320: „De Lampongsche districten en hun tegenwoordige toestand“, stellt die wissenschaftlichen Ergebnisse seines Aufenthaltes in Sumatra im Spätjahre 1845 zusammen und giebt als Anhang ein ausführliches malaiisch-niederländisch-lampongsches Wörterbuch und mehrere Schrifttabellen. 5. 1847, II, 177–206, 301–383: „Het eiland Lombok“, eine sehr ausführliche Beschreibung dieser Insel in allen Verhältnissen mit einem Wörterverzeichnisse der dort einheimischen Sprache. 6. 1853, I, 125–135 „Reis naar Bima en Soembawa“.

IV. Im Natuur- en Geneeskundig Archief vor Nederlansch[WS 1] Indië: 1. Jahrgang 1, 1844, 51 ff.: „Observationes phytographicae praecipue genera et species nova nonnulla respicientes“. 2. Ebendort 221 ff. und 347 ff.: „Togt naar den Salakh in November 1843“. 3. Jahrgang 2, 1845, 588 ff.: „Opgave der planten, gezien gedurende een kort verblijf op het eiland Bali.“ 4. Jahrgang 3, 1846, 23 ff.: „Gedachten over plantenphysiognomie in het algemeen en over die der vegetatie van Java in het bijzonder“.

V. Vier Abhandlungen im Journal of the Indian Archipelagus: 1848, II, 687; 1850, IV, 204; 1851, V, 323, 459, 528 und 1851, V, 625, 691.

VI. In den Mittheilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich, Band 2, 1848: „Beiträge zur Kenntniß der Gebirgssysteme im östlichen Java“.

VII. In der Vierteljahrsschrift derselben Gesellschaft: 1. Band 2, 1857: „Ueber die Verbreitung von Land- und Süßwassermollusken auf Java und den Sundainseln.“ 2. Band 3, 1858: „Ueber die Gewitter und andere damit verwandte meteorologische Erscheinungen im indischen Archipel“ (auch als Sonderabdruck Zürich 1858 erschienen).

VIII. In der Berliner Zeitschrift für allgemeine Erdkunde, Band 3, 1854, 501 ff.: „Beschreibung der Insel Sumbawa.“

[423] IX. Im „Ausland“ 1865 Nr. 39 f.: „Die Besteigung der Vulkane Penangungan und Ardjuno in Ost-Java“.

X. Auch für Petermann’s Mittheilungen hat er mehrere werthvolle Beiträge geliefert: 1. 1858, 56–63: „Der indische Archipel“, mit wichtigen Bemerkungen über den Bau der Vulkane, sowie mit geologischen Profilen des Tenggergebirges auf Java, des Batorgebirges auf Bali und des Rindjanigebirges auf Lombok. 2. 1864, 145–149, 261–268, 302–304: „Ein Zug nach dem Gebirge Bator auf der Insel Bali im J. 1857“, mit ausführlicher Beschreibung der geologischen Beschaffenheit, der Thier- und Pflanzenwelt, der Bewohner, der Geschichte und der Culturverhältnisse dieses merkwürdigen Eilandes.

Zollinger’s Hauptwerk, das ihm einen ehrenvollen Namen in der Geschichte der Botanik sichert und das besonders durch seine farbenprächtigen Natur- und Landschaftsschilderungen anzieht, ist ein „Systematisches Verzeichnis der im indischen Archipel in den Jahren 1842–1848 gesammelten, sowie der aus Japan empfangenen Pflanzen“, Zürich 1854–1855. Als Sonderabdruck daraus erschien ein Aufsatz: „Ueber Pflanzenphysiognomik im allgemeinen und über diejenige der Insel Java insbesondere“, Zürich 1855. Außerdem veröffentlichte er noch eine größere selbständige Abhandlung: „Besteigung des Vulkans Tambora auf der Insel Sumbawa und Schilderung der Eruption desselben im J. 1815“, Winterthur 1855, mit einer werthvollen, von Z. selbst entworfenen und von dem bekannten Kartographen Melchior Ziegler ausgeführten Karte von Sumbawa im Maßstabe von 1 : 500 000. Auch gab er während seiner Wirksamkeit als Seminardirector im Verein mit H. Grunholzer die „Schweizerische Schulzeitung“ heraus, von der 1850–1854 in Zürich 5 Jahrgänge erschienen.

Rost van Tonningen, Levensberigt van Heinrich Zollinger (Natuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch Indië, Deel 23, Batavia 1861, p. 1–10).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Neerlansch