Abkommen zwischen dem Deutschen Reiche und Luxemburg über Unfallversicherung
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(Nr. 3168.) Abkommen zwischen dem Deutschen Reiche und Luxemburg über Unfallversicherung. Vom 2. September 1905.
Nachdem der Deutsche Reichskanzler und die Großherzoglich Luxemburgische Regierung übereingekommen sind, die Anwendung der in Deutschland und in Luxemburg für andere als land- und forstwirtschaftliche Betriebe geltenden Unfallversicherungsgesetze auf solche Betriebe, die aus dem einen Lande vorübergehend in das andere übergreifen, durch ein Abkommen zu regeln, haben zu ihren Vertretern für den Abschluß dieses Abkommens bestellt:
- der Deutsche Reichskanzler
- den Kaiserlichen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Luxemburg, Legationsrat Herrn Grafen von Pückler,
- die Großherzoglich Luxemburgische Regierung
- den Staatsminister, Präsidenten der Regierung, Herrn Dr. Paul Eyschen.
- der Deutsche Reichskanzler
- Diese Vertreter haben die folgenden Bestimmungen unter Vorbehalt der Genehmigung durch ihre Machtgeber vereinbart:
Artikel 1.
[Bearbeiten]- Die nach den Unfallversicherungsgesetzen beider Staaten versicherungpflichtigen Betriebe (mit Ausnahme der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe) folgen – mangels anderweitiger von dem Deutschen Reichskanzler und der Großherzoglich Luxemburgischen Regierung genehmigter Vereinbarungen zwischen den zuständigen beiderseitigen Versicherungsträgern – hinsichtlich derjenigen Personen, welche in einem vorübergehend in das Gebiet des anderen Staates übergreifenden Betriebsteile beschäftigt sind, auch für die Dauer dieser Beschäftigung der Unfallversicherung des Staates, in welchem der Sitz des Haupt- oder Gesamtunternehmens gelegen ist. Als vorübergehend übergreifender Betriebsteil im Sinne dieses Abkommens gilt nur ein solcher, dessen voraussichtliche [754] Dauer sechs Monate nicht übersteigt. Der Zeitraum wird für jeden einzelnen übergreifenden Betriebsteil besonders berechnet.
- Als vorübergehend beschäftigt sind auch das Fahrpersonal, welches in durchgehenden Zügen die Grenze überschreitet, sowie solche Personen anzusehen, welche ohne Wechsel ihres dienstlichen Wohnsitzes in dringenden Fällen zur vertretungsweisen Wahrnehmung des Eisenbahndienstes in dem Gebiete des anderen Staates nicht über sechs Monate hinaus abgeordnet werden.
Artikel 2.
[Bearbeiten]- Entstehen Zweifel darüber, ob nach Maßgabe des Artikel 1 die Unfallversicherungsgesetze des einen oder des anderen Staates anzuwenden sind, so entscheidet – mangels einer Verständigung der beiderseitigen Versicherungsträger untereinander und mit dem Betriebsunternehmer und, falls es sich um ein Entschädigungsverfahren handelt, auch mit dem Entschädigungsberechtigten – darüber in ausschließlicher Zuständigkeit und endgültig die Behörde in dem Staate, in welchem die in Frage stehenden Betriebstätigkeiten ausgeführt werden, und zwar zutreffendenfalls im Deutschen Reiche das Reichs-Versicherungsamt, in Luxemburg die Regierung,
- Die gemäß Abs. 1 ergehende Entscheidung ist maßgebend auch für den Versicherungsträger in dem anderen Staate sowie überhaupt für die weitere Behandlung der Sache, insbesondere auch für das Beitragsverfahren und für das Entschädigungsverfahren und für die Frage, ob die Organe in dem einen oder die in dem anderen Staate für die weitere Behandlung der Sache zuständig sind. Vor der Entscheidung der im Abs. 1 bezeichneten Stelle ist den beteiligten Versicherungsträgern und dem Betriebsunternehmer sowie, falls bereits ein Endschädigungsverfahren schwebt, auch dem Entschädigungsberechtigten Gelegenheit zur Äußerung zu geben; die ergangene Entscheidung ist den Beteiligten mitzuteilen.
Artikel 3.
[Bearbeiten]- Liegt ein zweifellos entschädigungspflichtiger Betriebsunfall vor, bestehen jedoch Zweifel darüber, ob dieser den Versicherungsträgern in dem einen oder in dem anderen Staate zur Last fällt, so hat der mit der Sache zuerst befaßte Versicherungsträger nach den für ihn geltenden gesetzlichen Bestimmungen einstweilen die Fürsorge für die Entschädigungsberechtigten zu übernehmen.
- Zur endgültigen Übernahme dieser Aufwendungen ist derjenige Versicherungsträger verpflichtet, welcher demnächst als der Entschädigungspflichtige festgestellt wird.
Artikel 4.
[Bearbeiten]- Haben nach den Grundsätzen dieses Abkommens einzelne Betriebe oder Betriebsteile aus der Unfallversicherung in dem einen Staate in die im anderen überzugehen, so erfolgt dieser Übergang erst mit dem Ende des laufenden Rechnungsjahres. Durch Vereinbarung der beiderseitigen Versicherungsträger kann der [755] Übergang mit Rechtswirkung für alle Beteiligten bis auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des gegenwärtigen Abkommens (Artikel 7) zurückverlegt werden.
- Verpflichtungen aus Unfällen, welche sich vor dem Zeitpunkte des Überganges ereignet haben, sind auch weiterhin von demjenigen Versicherungsträger zu erfüllen, bei welchem die unfallbringende Betriebstätigkeit vor dem Zeitpunkte des Überganges versichert war.
Artikel 5.
[Bearbeiten]- Bei der Durchführung der Unfallversicherung, insbesondere bei der Feststellung solcher Betriebsunfälle, welche der inländischen Unfallversicherung unterliegen, aber im Gebiete des anderen Staates sich ereignen, wird gegenseitige Rechtshilfe durch die zuständigen Organe und Behörden gewährleistet, unbeschadet ihrer Verpflichtung, solche Betriebsunfälle alsbald von Amts wegen festzustellen.
Artikel 6.
[Bearbeiten]- Die vorstehenden Bestimmungen finden entsprechende Anwendung auf diejenigen Beamten des Deutschen Reichs, eines deutschen Bundesstaats oder eines deutschen Kommunalverbandes, welche in unfallversicherungspflichtigen Betrieben der im Artikel 1 bezeichneten Art beschäftigt sind, für welche jedoch an Stelle der deutschen Unfallversicherung eine Unfallfürsorge im Sinne des § 7 des deutschen Gewerbe-Unfallversicherungsgesetzes besteht.
- Dabei tritt an die Stelle des im Artikel 2 zur Entscheidung berufenen Reichs-Versicherungsamts für Reichsbeamte der Reichskanzler, für Staats- und Kommunalbeamte die Landeszentralbehörde.
- Bei der Anwendung der deutschen Unfallfürsorgegesetze gelten die Vorschriften dieser Gesetze über die Geltendmachung anderweitiger infolge des Unfalls nach den deutschen Gesetzen begründeter Ansprüche auch für solche Ersatzansprüche, welche infolge eines auf luxemburgischem Gebiet eingetretenen Unfalls nach den luxemburgischen Gesetzen begründet sind.
Artikel 7.
[Bearbeiten]- Dieses Abkommen tritt mit dem Beginne des auf seinen Abschluß folgenden Monats in Kraft und kann beiderseits zum 1. Januar jedes Jahres mit Wirksamkeit vom 1. Januar des darauf folgenden Jahres gekündigt werden.
- Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Vertreter das gegenwärtige Abkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.
- Ausgefertigt in doppelter Urschrift in Luxemburg, den 2. September 1905.