Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section/H23
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hoch am Abhange eines kegelförmigen Basaltberges von etwa 1150 Pariser Fuss Meereshöhe, dessen Stirn das merkwürdige alte Schloss Stolpen krönt.
In Südost fällt dieser Berg steil gegen einen Bach ab, welcher bei Lauterbach entspringt und das Langenwolmsdorfer Wasser verstärkt. Der Grund, wo dieses stattfindet, heisst die Letzschke, wahrscheinlich nach einem schon zeitig eingegangenen Oertchen benannt, woher sich auch der hier selbst genannte Hortus Cletitz schreiben mag.
In der Letzsche hinunter und in einem Thalschlunde am südwestlichen Abhange des Schlossberges hinauf zieht sich das Oertchen Altstadt, in dessen Nähe ehemals ein anderes Städtchen Jokrym, Jockrim oder Jöchern als Zubehör der Burg gestanden haben soll. Doch ist man über die Lage von Jockrim noch nicht einig.
Bischof Johann I. hatte ein Vorwerk zu Jockrim mit zwei Höfen, von denen der eine in-, der andere ausser der Stadt lag, mit allen Nutzungen und Zubehör gekauft, bis auf eine Mühle zu Röthendorf. Der letztere Hof hat jedenfalls nahe am Röthendorf gelegen; denn mehrere einzelne Acker kommen unter der Bezeichnung vor: „Hinter dem Röthendorf im Sachsenviertel“. Der erste Hof in Jockrim blieb der alleinige dieses Vorwerks. Diesen Hof liess Bischof Johann II. auf’s Neue erbauen und erweitern, so dass er zwei Häuser mit einer Ringmauer umfasste, die noch heute steht.
Der Platz jener zwei Häuser nimmt jetzt die ganze Reihe Häuser ein, welche vor dem sogenannten alten Vorwerk stehen und die untere Vorstadt bilden. Das unterste Eckhaus, dem Chausseehause gegenüber, zeichnet sich noch durch seine Keller aus und steht mit dem nächstfolgenden noch in einer unterirdischen Verbindung. Hier ist auf jeden Fall von den zwei Höfen des Vorwerks derjenige gewesen, welcher in der Stadt war. Hiermit haben wir einen sichern Anhaltepunkt des alten Jockrim. Es bleibt nur die Frage übrig, nach welchen Punkten es sich ausgedehnt hat? Ohne Zweifel muss es sich um das Vorwerk herum nach den jetzigen Scheunen zugezogen, an das Burgholz angestossen und unter dem früheren Hospital die Grundstücke umfasst haben, die von den jetzigen Fluren des Staatsgutes eingeschlossen sind und nach den Kapellgarten hinlaufen.
Nach dem Hussitenkriege, wo Jockrim theilweise mit zerstört worden sein mag, liessen sich einige Bürger von letzterem Orte näher am Schlosse nieder, zumal da Röthendorf, das von der jetzigen Stadt nach dem neuen Anbaue zu etwa eine Viertelstunde weit lag, gänzlich durch Feuer vertilgt worden war und seine Einwohner sich alle unter das Schloss flüchteten. Sie haben hier sich niedergelassen, was daraus klar wird, dass alle Röthendorfer Felder zum Flurenbereich des neuen Stolpen gekommen sind.
Dieses frühere Jockrim wurde mit dem Schlosse Stolpen, welches zuerst nur aus geschrotenem Holze erbaut und mit lauter Buschwerk umgeben war, von einer wendischen adlichen Familie, die im Schlosse Stolpen einen festen Sitz hatte, beherrscht, deren Stamm sich Mokko de Stolpen schrieb. Von dieser Familie hat 1218 Bischof Bruno II. das Schloss und die Stadt erlangt.
Dieser Mokko, der immer noch Mokko de Stolpen hiess, erhielt zur Entschädigung die Advocatie über einige Dörfer in der Provinz Budissin und zwar über Cannewitz, Coblenz und Dobranitz. Doch musste dieser Mokko solche 1222 wieder aufgeben und Bischof Bruno II. eignete sie dem Domcapitel zu Meissen zu.
Auch dem Markgrafen Friedrich dem Einfältigen, der es 1290 erobert hatte, kaufte es 1305 Bischof Albert III. (geb. Graf von Leisnig) ab und nun blieb es fortdauernd Eigenthum der meissnischen Bischöffe, von denen die letztern hier residirten. Diesen Bischöffen hat Stolpen sein Aufblühen und das Schloss seine Befestigung zu verdanken. Erst im Jahre 1559 kam es durch die Carlowitzische Fehde an den Kurfürsten.
Nach dem Tode des Bischofs Nicolas I. von Carlowitz übergab nämlich sein Nachfolger, Johann IX. von Haugwitz, dem Carlowitz’schen Geschlechte den Nachlass des Verstorbenen, der nur in einem geringen Kasten Geldes bestand. Die Verwandten des Verstorbenen misstrauten und waren der Meinung, dass ein späteres Testament vorhanden sein müsse. Sie unterhandelten mit Johann und doch war ein Vergleich nicht zu erzielen. Desshalb eröffnete Hans von Carlowitz auf Zuschendorf bei Pirna, kurfürstlicher Stallmeister, gegen die Reichsordnung eine Fehde, welche schon 1558 im September den Bischof zur Flucht nach Prag zwang. Von seinen Unterthanen erhielt Letzterer keine Hülfe und so sah er sich genöthigt, durch seine Räthe Stolpen an den Kurfürst abtreten zu lassen, der es auch den 24. November 1558 durch ein Commando Bürger von Altdresden und Radeberg unter Georg von Carlowitz besetzen liess und es bald darauf dem Bischof gegen Mühlberg abtauschte. Auch zahlte der Bischof denen von Carlowitz 4000 fl. heraus. Mit Johann IX. hörten die Bischöffe zu Meissen auf, deren 43 gewesen sind.
So lange die 5 letzten Bischöffe von Meissen in Stolpen residirten, wurde ein glänzender Hofstaat unterhalten und für die ganze Umgegend blühender Wohlstand geschaffen. Nach ihnen, und zwar bis 1787, wo die alten Werke meist abgetragen wurden, diente Stolpen als tüchtiges Castell. Es steigt aus der Bergkuppe mit hohen Mauern, vielen Thürmen und in [178] grossem Umfange empor und gewährt zwar eine etwas rauhe und kahle, aber sehr imponirende Ansicht, wozu die an einigen Seiten befindlichen 7 bis 8 Ellen hoch entblössten Basaltsäulen wesentlich beitragen.
Der Haupttheil umschliesst 3 durch Zugbrücken geschiedene Höfe, von welchen der dritte als der Haupthof, früher die Commandantenwohnung, die Mauern der Kapelle bis unters Dach und den Brunnen in ihrem ehemaligen Bestande, ausserdem nur verfallenes Gemäuer zeigt, dessen Bestimmung sich ohne Nachrichten aus der Vorzeit nicht würde erkennen lassen.
Die Kapelle, eigentlich eine mit 7 Canonikern besetzt gewesene Collegiatsstiftskirche baute Bischof Thimo von Colditz zu Ehren der h. Barbara. In dieser Kapelle ist der achte Prinz des Kurfürsten August im Jahre 1571 getauft worden, welcher den Namen Adolph erhielt. Unter andern Reliquien verwahrte die Kapelle auch seit 1539 die von Meissen hieher geflüchteten Gebeine des h. Benno, welche in der Carlowitz’schen Fehde vom Messpriester Niclas Gruner ins Bettstroh versteckt, dann nach Wurzen transportirt, endlich nach München abgelassen wurden.
Ehedem enthielt der dritte Hof noch ein Zeughaus, den Seigerthurm, welchen Kurfürst August, nebst einem Destillirgebäude, für seine Gemahlin baute, den Siebenspitzenthurm vom Bischof Caspar von Schönberg erbaut – und den Barbarathurm, welchen schon Kurfürst August 1569 zu einer Wasserkunst benutzte. Ein tiefer Graben scheidet vom dritten Hofe den mittlern, wo die Hauptwache und die alte Schäferei in Ruinen liegen. Das unterirdische Gefängniss unter diesen Ruinen hat das Mönchsloch geheissen. Der Johannisthurm hingegen hat sich noch erhalten.
In diesem, welchen Bischof von Saalhausen mit 3fachem Gewölbe von Grund aus neu erbaute, lebte seit 1716 die sehr bekannte Gräfin von Kosel als Staatsgefangene, woher der Name Koselthurm stammt. Der erste Hof befasste die Cisterne, die Gefängnisse und Marterkammer, das Magazin und den Donatsthurm. Vor der eigentlichen Burg standen sonst als Aussenwerk noch die Klengelsburg und der Hanewald. Erstere liess Johann Georg II. 1675 durch den General Wolf Caspar von Klengel, Oberlandbaumeister und prinzlicher Lehrer, gründen. Den Hanewald, das alte Haus oder das Vorschloss legte schon 1390 Bischof Johann III. von Kittlitz links beim Schlossthor an, unter Johann VI. von Saalhausen verbrannte er mit. Er bildete den untersten Theil der Schlossgebäude. Noch tiefer stand das Viehhaus, welches aber Johann von Saalhausen wegreissen liess. Dagegen cultivirte er den Bergabhang, räumte das Burgholz ab und legte zu 28 Fuder Heu neuen Wiesewachs an; auch kaufte er um 400 Thaler das Fischbacher Holz und die Ceutzel zum Schlosse, dessen Hauptmann ihm so wichtig erschien, dass er ihm die Hieronimus-Präbende zu Budissin anheim stellte, um damit alte, treue Hofleute zu pensioniren.
Dieser Schlosshauptmann bestellte auch geraume Zeit den jedesmaligen Stiftspropst zu Wurzen.
Einige Bedeutung als Festung traute man Stolpen noch 1756 zu, wo der preussische General-Major Warneri es militairisch besetzte, zugleich aber auch seinen Namen dadurch schändete, dass er den Commandanten, General-Major von Liebenau, einen 74jährigen Greis, der ihn eben den Degen abgeben wollte, mit einem Pistol erschoss. Warneri zog 15 Tage später ab, ohne von der Burg weiter Nutzen gezogen zu haben. Von den 19 Commandanten zu Stolpen, von 1634 bis 1764 war ein Hauptmann Brachte der erste, Obrist Franke der letzte.
Unterhalb der Festung des königl. Schlosses wird von einer Mauer ein grosser Platz als der frühere Thiergarten eingefasst, welcher aber im Jahre 1765 zu einer spanischen Schäferei eingerichtet wurde, welche später mit der Hauptschäferei Rennersdorf verbunden wurde, aber den eigentlichen ersten Stamm behielt. Denn seit Aufhebung der Festung ist Stolpen als Staatsgut berühmt in diesem Zweige der landwirthschaftlichen Industrie geworden. Der Segen dieser Stammschäfereien hat sich sehr bald über alle Theile Sachsens verbreitet. Uns hierüber weitläuftig zu verbreiten, wie wir es gerne wünschten, gestattet uns der gebotene Raum nicht.
Die Stadt selbst hat ausser der Kirche 168 Häuser, worunter 111 brauberechtigte sich befinden. Unter denselben zeichnet sich aus das frühere Amthaus. In den ältesten Zeiten war die Expedition auf dem Schlosse, wurde aber dann in die Stadt, und zuerst in das Eckhaus am Markte über dem Rathhause, dann in das nächste, das nach der Pfarre zu auf dieses Eckhaus folgt und von da aus an den jetzigen Ort verlegt, woraus nun das neue Gerichtsamt entstanden ist.
Das Rathhaus zeichnet sich aus durch seinen Thurm. Dasselbe ist schon seit 1600 hieher verlegt und befand sich früher an der Stelle des obern Eckhauses neben dem Malzhause.
Auch existirt hier eine Posthalterei und ein Untersteueramt. Am Markte oben steht das Monument, dem König Friedrich August zu seinem Regierungs-Jubiläum gesetzt.
Die Hauptnahrungszweige sind Ackerbau und gewöhnliche Handwerke, von denen das der Schuhmacher wohl das älteste, aber auch das stärkste ist. Das Leinweberhandwerk wurde im Jahre 1508 bestätigt und wurde früher stark hier betrieben. Ein Hauptnahrungszweig war vorzüglich in der frühern Zeit die Brauerei. Die früheren Lagerbiere sollen ausgezeichnet gewesen sein und weiten Versandt gehabt haben.
Von den sonstigen Kirchen besteht jetzt nur noch die Stadtkirche, welche seit dem Jahre 1728 neu erbaut ist. Von dieser Kirche sind nur einzelne Ruinen aus den bischöflichen Zeiten erhalten, und zwar der Altarplatz mit seinen einfach gothischen Gewölbeverzierungen und die sogenannte Communicantenhalle, in welcher bis zum grossen Brande 1632 die herrliche, sehr schätzbare Mönchsbibliothek stand.
Das hohe Ministerium des Cultus übt das Patronatsrecht über das Pastorat, der Stadtrath aber über das Diaconat und die Schulstellen aus. Eingepfarrt ist nach Stolpen Neudörfel, Rennersdorf, Klein-Rennersdorf, und Filiale sind Altstadt und Helmsdorf.
Die Stadtschule zu Stolpen besteht aus 3 getrennten Klassen, in welcher 4 Lehrer im Ganzen an 200 Kinder unterrichten. Die Einwohner betragen incl. Burglehn und Röthendorf in 181 Wohngebäuden im Ganzen 1347, und gehören unter das dasige Gerichtsamt und zur Amtshauptmannschaft Pirna.
Die Gegend von Stolpen ist hügelig und nicht ohne Reiz. Das meiste Interesse gewährt der Basalt, aus welchem der obere oder steile Theil des, übrigens aus Granit mit durchsetzendem Quarz bestehenden und nur sanft ansteigenden Stolpner Schlossberges aufgethürmt ist. Diese ganze Bergkoppe ist aus lauter 8 Ellen hohen ¼ bis 1 Elle starken, 4 bis 9 Ecken zeigenden Säulen gebildet, welche an den Kanten ins Grünliche fallen, sonst aber dunkel-schwarzgrau sind.
Ihr Anblick am rauhen Felsen ist sehr gefällig, da sie, gleich dem Scheibenberger Basalte, den Orgelpfeifen ähnlich sich darstellen.
Der Berg gilt überhaupt für den sehenswürdigsten unter Sachsens Basaltbergen. Von seiner Spitze hat man eine herrliche Aussicht und erblickt das Innere des Königsteiner Festungsraumes. Auf der Mitte des Berges sind die Säulen am schönsten, besonders auf der Nordseite, vorzüglich [179] aber sind die in den Mittelpunkten ihrer verschiedenen Zirkel, wo sie am senkrechtesten stehen, am allerregelmässigsten getrennt; je weiter sie aber davon oder von ihrer gemeinsamen Mitte abzustehen kommen, desto unregelmässiger werden sie und zeigen sich in ziemlich gleicher Masse zwar, aber in plumpen Stücken, die weiterhin zu ganzen Felswänden dicht verbunden sind. Auf den Basalt, wenn er aus seiner Lage herausgerissen ist, wirkt Sonne und Witterung bald mehr, bald weniger zerstörend ein, je nachdem er beschaffen ist.
Die Schicksale Stolpens anlangend, sind dieselben für die Einwohner hart und prüfend gewesen.
Die Drangsale des 30jährigen Krieges waren von der Art, dass wohl kein anderer Ort so viel davon zu erzählen weiss, als gerade Stolpen.
Was das Schwert in den einzelnen Kriegsjahren verschonte, das zerstörte das Feuer. Die Stadt sammt dem Vorwerke ward gänzlich verwüstet. Aber auch spätere Brände brachten über die Stadt Stolpen Jammer und Elend.
Im Jahre 1795 am 20. März brannte die ganze Häuserreihe, vom ehemaligen Stadtrichter König’schen Hause bis zum Hospitalthore sammt dem Vorwerk gänzlich ab. Das stärkste Feuer war das am 11. Juni 1833, welches in dem Hintergebäude der sogenannten Bäckerei aufging und nach allen Seiten hin auf einmal sich verbreitete. Die pyramidenähnliche Feuerflamme beleuchtete furchtbar schön des Schlosses einzelne Ruinen. Der Beschauer wurde hier so recht an die Nichtigkeit aller zeitlichen Grösse, an die Wandelbarkeit alles irdischen Glückes erinnert. Wohl dem, der in solchen Augenblicken sich sagen kann: Dein Gewissen ist rein von aller Schuld. Du hast Nichts gethan, was menschliches Elend noch fühlbarer machen muss. Dein Sinnen und Trachten ist blos darauf gerichtet: Menschen glücklich zu machen, fremdes Leid und fremde Noth zu lindern.
auch Hohnstein, in Urkunden Hornstein, Honstein, Heuensteynn, mit seinem auf hohen Felsen thronenden Schloss, gehört bezüglich seiner Lage zu den reizendsten, kühnsten Bergschlössern des Meissner Landes.
Auf einer jäh vorspringenden Bergzunge erbaut, hatte die Natur schon theilweise für die Befestigung desselben Sorge getragen, und auf jener Seite, wo es mit dem Bergrücken zusammenhing, war durch tiefe Einschnitte und Graben, sowie überhaupt durch starke und feste Mauern und Schanzen der Zugang zu dem Schlosse gehemmt und erschwert. Auf drei Seiten ist es mit fürchterlichen Abgründen umgeben.
Durch eine steinerne Brücke hängt dasselbe mit der Stadt zusammen und wird in das alte, mittlere und neue Schloss eingetheilt.
Das Mittelschloss, mit einem zum Gefängniss eingerichteten Thurm, ist zum Theil abgetragen. Der noch brauchbare Theil desselben ist der Sitz der Justizbehörde und verschiedener Beamten, während der Vorstand des Gerichts im neuen Schlosse wohnt.
Das alte Schloss, welches durch eine eiserne Gitterthür mit dem neuen in Verbindung steht, liegt fast ganz in Ruinen. Es sind nur noch ein hoher Thurm, die alte Gewehr- und Rüstkammer, die Marterkammer und einige Gefängnisse übrig.
Es war dieses alte Schloss in der frühesten Zeit eine der festesten Burgen. Ja selbst noch im 30jährigen Kriege vermochten die Kaiserlichen so wenig als die Schweden nicht weiter als bis an die Thore vorzudringen.
Die ehemalige Schlosskapelle, zwischen dem alten und neuen Schlosse gelegen, ist jetzt in ein Archiv verwandelt, und noch befindet sich darinnen ein Altartisch, ein Beichtstuhl, eine Kanzel von durchbrochener Holzarbeit mit dem Schleinitzischen Wappen und der Jahrzahl 1513.
Auf dem alten Schlosse, dessen Erbauer nicht zu ermitteln ist, residirten ursprünglich die Herren von Cluhmann (Clomen, Lohmen). Doch ist dies blos Sage, historisch gewiss aber werden uns als die ältesten Besitzer dieses Bergschlosses die Herren Birken (Berken) von der Duba genannt. Die Ersteren wie die Letzteren waren böhmische Edelleute.
Die Letzteren, die Birken von der Duba, besassen vorher das Schloss Duba im Bunzlauer Kreise und kommen schon im 11. und 12. Jahrhundert vor. Ihre Familie zerfiel in mehrere Linien. Im Jahre 1330 wird uns zuerst als Besitzer der Pflege Hohenstein Heinrich von Berken genannt. Und damals bestand diese Besitzung aus zwei besonderen Herrschaften, nämlich der Herrschaft und Pflege Hohenstein und der Herrschaft und Pflege Wehlen, deren jede ihre besonderen Besitzer hatte. Jene war das spätere Amt Hohenstein und diese das niedere Amt Lohmen. Später wurde das Amt Hohnstein in die Pflege Hohenstein und die Pflege Wildenstein abgetheilt. Dieser Unterschied kommt vorzüglich vom Jahre 1482 vor.
Von Wildenstein hat man aber besondere Besitzer erfahren.
In der Gegend von Hinterhermsdorf ist blos noch ein Berg, den man den Wildenstein nennt.
Beide Pflegen Hohenstein und Wehlen standen früher unter böhmischer Hoheit; die Erstere gehörte zum Gau Budissin, die Letztere zum Gau Nisen.
Die Birken von der Duba waren als unruhige Nachbarn den meissnischen Bischöfen nicht angenehm, weshalb Bischof Johann IV., der in [180] Stolpen residirte, nicht eher ruhte, bis er es dahin gebracht hatte, dass Hohenstein unter meissnische Hoheit kam. Friedrich der Sanftmüthige nahm es im Jahre 1444 nach vieler Mühe ein und liess sich huldigen, und dies blos angeblich deshalb, damit die Fürsten zu Sachsen des Gebirges vom Böhmer Walde besser sich bemächtigen könnten; allein die Haupttriebfeder war wohl die, um auf diese Weise Kaiser Karl IV. das Gleichgewicht zu halten, weil dieser in Meissen viele Güter kaufte, und wie es schien in der Absicht, solche der böhmischen Landeshoheit zu unterwerfen.
Die darüber entstandenen Streitigkeiten wurden im Jahre 1459 im Egerschen Vertrage und 1482 gütlich, auch für Sachsen vortheilhaft beigelegt, doch so, dass Hohenstein, Wehlen, nebst mehreren Städten und Schlössern im meissner Lande, böhmische Afterlehen bleiben sollten. Vermöge des letzteren zu Torgau im Jahre 1452 abgeschlossenen Vergleiches setzte Kurfürst Friedrich einen Amtshauptmann nach Hohenstein, und die Birken von der Duba scheinen sich seit dieser Zeit nicht mehr in Hohenstein aufgehalten zu haben.
Erst im Jahre 1463 finden wir wieder einen Hinko Birken von der Duba in hiesiger Pflege, welcher mit Friedrich von Oelsnitz über die Burg Rathen in Fehde gerieth. Ihm gaben die Kurfürsten Ernst und Herzog Albrecht Hülfsvölker, er nahm die Burg Rathen ein und schleifte das feste Schloss im Jahre 1468.
Nach dem Tode des letzten Birken von der Duba (1470) kam Hohenstein am Ende des 15. Jahrhunderts an den Herzog Albrecht von Sachsen, der es seinem Ober-Marschall Heinrich von Schleinitz im Jahre 1486 schenkte und zwar deshalb, weil von Schleinitz dem Herzoge Georg, Albrechts Sohn, die polnische Prinzessin Barbara zur Braut geworben hatte.
Diesem Schleinitz gehörten zu gleicher Zeit die böhmischen Herrschaften Schluckenau, Tollenstein, Heinsbach und die Oberlausitzer Herrschaft Pulsnitz. Die sämmtlichen von Schleinitzischen Besitzungen, die bis an die Dobrilugker Klostergrenzen sich ausdehnten, nannte man damals gewöhnlich das Schleinitzer Land.
Heinrichs von Schleinitz Söhne überliessen im Jahre 1524 Hohenstein käuflich an Ernst von Schönburg dem Jüngern, welcher im Jahre zuvor auch die Herrschaft Wehlen erworben hatte.
Beide Familien, die von Schönburge und die von Schleinitze hatten aber bald einen solchen Hass gegenseitig auf sich geworfen, dass in Folge dieses Hasses die heftigsten Streitigkeiten entstanden, weshalb Ernst von Schönburgs unmündige Söhne im Jahre 1543 die Pflege Hohenstein mit Lohmen und Wehlen gegen das ihnen bequemer gelegene Penig, Wechselburg und Zinneberg an den Herzog Moritz von Sachsen vertauschten, und seit dieser Zeit sind die Pflegen Hohenstein mit Lohmen stets bei Sachsen geblieben.
Hohenstein selbst wurde nach dieser Abtretung der Sitz eines Amtes, welches in das Vorder- und Hinteramt und in das Niederamt Lohmen zerfiel, und als solches bis zur neuen Gerichtsorganisation vom Jahre 1856 bestand.
Hohenstein diente früher auch eine Zeit lang als Staatsgefängniss und das Sprichwort:
„Wer da kommt nach dem Hohenstein,
„Der kommt selten wieder heim“,
beweist, dass man diesen Ort nicht wenig fürchtete. So drohte der Bürgermeister Rauscher in Leipzig dem bekannten Doctor Peucer, als er, des Kryptokalvinismus verdächtig auf der Pleissenburg sass, man werde ihn, wenn er seinen Sinn nicht ändere, nach Hohenstein führen und ihn da in einem unterirdischen Gefängnisse und finsteren Loche durch Gestank, Unflath und giftiges Gewürm elendiglich umkommen lassen.
Auch mehre in der Kirchengeschichte merkwürdige Gelehrte wurden hier hinter Schloss und Riegel gehalten, wie z. B. Hieronymus Emser, Professor Meyer, Doctor Kratz; dann ein vergeblicher Silbermacher Wolf von Merbitz und andere. Unter diesen ist vorzüglich noch zu erwähnen Baron von Klettenberg, dessen Gefängniss heute noch der Klettenberg genannt wird.
Die ehemaligen sächsischen Regenten besuchten Hohenstein oft, um hier zu jagen und Lachse zu stechen. In den nahen Forsten gab es ausser dem gewöhnlichen Wild auch nicht selten wilde Katzen, Luchse, Wölfe, selbst Bären. Kurfürst August, Johann Georg I. und Friedrich August I. scheinen den Aufenthalt zu Hohenstein besonders geliebt zu haben, da sie hier eigenes Tafelgeschirr und Betten hielten.
Kurfürst Christian II. liess im Jahre 1609 einen eigenen Bärengarten anlegen. Er befand sich in dem, von fürchterlichen Felswänden gebildeten Abgrunde gleich hinter dem Schlosse. Die Bären pflanzten in demselben sich über 150 Jahre lang fort.
Nach der Stadt zu waren Fänge angebracht, wo man sie in Kästen lockte und dann nach Dresden oder Sedlitz zum Hetzen brachte.
Im Jahre 1756 wurden diese Bären sämmtlich erschossen, weil sie öfters über die Mauer kletterten und in den Wäldern überhaupt viel Schaden anrichteten.
In diesem Thiergarten beschloss auch der gezähmte Bär, gleichsam als Gefangener, sein Leben, welcher dem König Friedrich August I. einstmals gefährlich wurde.
Dieser Fürst hatte das Thier auf seinem Zimmer erzogen und gab sich mit demselben wie mit einem Hunde ab. Einst mochte von dem Könige diesem Thiere zu viel zugemuthet worden sein, dasselbe verstand Unrecht und würde den König erwürgt haben, wenn derselbe sich nicht durch einen Tisch vertheidigt und den Bären mit einem Hirschfänger schwer in den Kopf verwundet hätte. Hohenstein wurde nach diesem Vorfalle das Exil dieses Bären.
Von Hohenstein versuchte einst ein Gefangener zu entfliehen, indem derselbe aus seinem Bettstroh ein langes Seil geflochten hatte, um mittelst desselben über die senkrechten Felswände in den Abgrund zu steigen. Aber das Seil war noch zu kurz, weshalb der Fliehende einen Sprung versuchte, welcher misslang; denn er brach beide Beine. Das Seil wird heute noch auf Hohenstein aufbewahrt und ist 20 Ellen lang.
Die zum Schlosse gehörige Oeconomie bildet eines der grössten königlichen Staatsgüter.
Im Jahre 1765 wurde mit der Oeconomie eine ausgezeichnete Schäferei verbunden, indem von den 200 Stück spanischen Schafen 100 Stück hieher kamen, welche im Jahre 1768 und 1778 noch vermehrt wurden und denen sogar spanische Schafknechte und Hunde beigegeben waren. Im Jahre 1768 wurde auch mit dem Gute eine besondere Schäferschule verbunden, die aber später nach Rennersdorf verlegt ist. Der Hauptschäferei zu Rennersdorf ordnete man die kleinern unter; verband auch damit jene zu Hohenstein unter eine Behörde, welche in der wegen Veredlung[WS 1] der Schäferei im Königreich Sachsen verordnete Commission besteht, die 1819 Oberhofgerichtsrath Graf von Hohenthal auf Glauschnitz dirigirte.
Der Segen dieser Stammschäfereien ist in Sachsen zu bekannt, als dass man hier nöthig hätte, sich ausführlicher darüber zu verbreiten. Und nicht allein nach dieser Seite hin hat die Landwirthschaft seit Jahren viel [181] gewonnen, nein man hat auch bezüglich der Feldfrüchte durch sorgfältigere Benutzung des Bodens und vermehrte Menschenzahl seit Jahren grosse, enorme Fortschritte gemacht. Der Flachsbau wurde schon früher stark betrieben und ist in der neuern Zeit eine immer ergiebigere Nahrungsquelle für die hiesige Gegend geworden. Ueberhaupt hat das frühere Amt Hohenstein fast denselben Boden, dasselbe Klima, dieselben Gebirgsformationen, wie das Erzgebirge, und es ist reicher an Felsen und Felsketten, als letzteres.
Die ganze Gegend von der Grundmühle unter Liebethal an bis nach Hinter-Hermsdorf an der böhmischen Grenze, 5 Meilen in der Länge, und vom Falkenberge bei Neukirch bis in den Bielgrund hinter Rosenthal, 4 Meilen in der Breite, pflegt man bekanntlich die Sächsische Schweiz zu nennen.
Stunden lange Felsenketten von eben so reizenden, als schauerlichen Gestalten, einzeln stehende, mehrere hundert Ellen hohe Felsen und Berge, enge, schiefe, schauerliche Abgründe, durch welche ansehnlich starke Bäche über herabgestürzte Felsentrümmer schäumend sich wälzen; weite und üppige Thäler mit Mühlen und Dörfern; das Hauptthal von der prächtigen Elbe durchströmt; Schluchten und Höhen, wo fast das ganze Jahr der Schnee nicht schmilzt, Niederungen, wo Wein, Obst, Feld- und Gartenfrüchte gedeihen; an mehreren der höchsten Punkte stattliche Vesten und Schlösser mit alten Ruinen vermischt – wer ist da noch, welcher von den Beschauern dieser Gegend den Namen der sächsischen Schweiz streitig machen wollte?
Durch den Besuch dieser sächsischen Schweiz hat auch die Stadt Hohenstein gewonnen; denn viele der Besucher hiesiger Gegend kommen im Sommer nach Hohenstein, logiren sich ein und leben oft mehre Wochen hier, wie in Schandau.
Ausserdem nähren sich die hiesigen Einwohner von Garn- und Zwirnspinnerei, vom Leinweben, vom Bierbrauen, vom Hopfenbau und den beiden Jahrmärkten, welche es seit dem 15. Jahrhundert besitzt, wo Hohenstein Stadtgerechtigkeit erhielt.
Die hiesige Kirche und Schule stehen unter der Inspection Pirna und das Ober-Consistorium hat das Collaturrecht. Eingepfarrt sind Cunnersdorf, Gossdorf, Weitzdorf und Zeschnig.
Ausserdem befinden sich im Orte zwei gute Gasthöfe.
Die Schicksale des Ortes anlangend, so hat das Jahr 1813 schwer darauf gelastet.
Während des Waffenstillstandes in diesem Jahre litt Hohenstein durch die Durchmärsche, indem die Festungen Stolpen und Lilienstein von den Franzosen stark besetzt waren, und Hohenstein in der Mitte liegend, wurde von jeder Art Militair durch unaufhörliche Requisitionen heimgesucht.
Was die Umgebungen Hohensteins betrifft, so liegt Hohenstein gegenüber der Wartenberg und im Hintergrunde des Thals der Pohlenz, der Felsen Hockstein. Von Hohenstein aus führt der sogenannte neue Weg, welcher eins der schauerlichsten Felsenthäler der sächsischen Schweiz ist, nach Königstein hinunter. Nirgends sind die Felsen fürchterlicher, nirgends sonderbarer formirt, nirgends den Einsturz drohender, nirgends zusammengedrängter, als hier.
Die Polenz rauscht mitten durch das Thal über Felsentrümmer. Der merkwürdigste Punkt dieser Partie ist die Kascade. Hier stürzt ein kleines Bergwasser gegen 20 Ellen hoch über einen Halbzirkel von Sandsteinwänden herab, verliert sich, durch hervorragende Felszacken erst in Wasserstaub verwandelt in einer Höhlung des Bodens und kommt erst 50 Ellen weiter unten unter Felsentrümmern wieder hervor. – Ein anderes, eben so schauerliches Felsenthal ist der tiefe oder Hohensteiner Grund, welcher nach Schandau führt und von einem Bache durchströmt wird, der, besonders nach Regengüssen, zahllose grössere und kleinere Wasserfälle bildet. Eine der schönsten Kaskaden giebt der zwischen Felsen sich herabstürzende Weizdorfer Bach.
Nicht weit davon beurkunden zwei in Stein gehauene Sensen mit der Jahreszahl 1699 ein Duell, welches zwei Bauernbursche auf Sensen hier ausmachten. Einer blieb auf der Stelle und wurde hier begraben.
Im Thale zwischen dem Hockstein und Hohenstein steht am Polenzbach eine Mühle, wo sonst jährlich von dem früheren Amts-Personale, noch früher von dem Landesfürsten selbst, ein sogenanntes Lachsstechen abgehalten wurde. Der Amtsfischpachter musste nämlich alle Jahre 50 Lachse in diesen Mühlgraben liefern, wo man sie, wenn sie abgestrichen hatten, entweder wieder fort liess oder mit grossen vierzackigen Gabeln herausstach.
Hohenstein hat jetzt 128 Gebäude mit 1144 Einwohnern und besitzt sein eigenes Gerichtsamt, welches aber kleiner ist als das frühere Amt Hohenstein. Letzteres bestand aus 5 Städten 1 Flecken 49 Dörfern 2 Kammergütern 81 Rittergütern mit 20,000 Unterthanen. Das Gerichtsamt umfasst jetzt blos eine Stadt mit 11 Landgemeinden und hat nur 5245 Gerichtsuntergebene. Das Gerichtsamt Hohenstein ist dem Bezirksgericht Pirna zugetheilt und steht also auch unter der Amtshauptmannschaft des letztern Ortes.
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Weesenstein liegt 2⅛ Meile südöstlich von Dresden, ⅞ Meile südwestlich von Pirna, in dem sehr tiefen, reizenden Müglitzthale.
Ueber die Entstehung des Namens lässt sich Genaueres mit Bestimmtheit nicht angeben. Nur so viel ist gewiss, dass eigentlich das Schloss „der Weesenstein“ genannt worden, das Dorf dagegen „der Grund“ geheissen hat.
Am natürlichsten ist wohl der Name von den den Felsen umgebenden Wiesen herzuleiten und deutet die in früherer Zeit vorgekommene[WS 2] Benennung „Wiesenstein“ darauf hin.
Weesenstein oder richtiger Wiesenstein liegt in einem engen romantischen Thale, dessen Berge mit Laubholz bestanden sind.
Weesenstein ist wie Dohna sehr alten Ursprungs und gehörte zu dieser Herrschaft.
Eine Burg stand hier schon im 11. Jahrhundert, welche auf die und in die in das Müglitzthal vorspringende Klippe gebaut war. Eben so hat man auch wieder vor 80 bis 90 Jahren die unteren Flügel des grossen 3 Höfe umfassenden Schlosses gebaut, welche durch den Mühlgraben vom Gebirge getrennt sind. Auf diese Weise ist das Schloss nicht nur grösstentheils in Felsen gesprengt, welcher sogar in den hohen und schlanken Thurm reicht, sondern dessen Flügel stehen auch in so verschiedener Höhe, dass sie, über einander gebracht, 8 Etagen haben würden und dass man aus dem Haupthofe zu Kellern und Ställen auf-, zu den Wohnzimmern abwärts steigen muss; der Vorhof steht auf einem andern Berge. Der untere Theil des Thurmes ist der runde alte Verliessthurm. Das Schloss selbst steht auf einem hohen, durch eine steinerne Brücke mit dem Meusegaster Berge verbundenen Felsen von Thonschiefer.
Die Herren von Dohna besassen es schon vor 1107. Zu Anfang des 14. Jahrhunderts, und zwar 1312, lebte hier Otto, genannt Wietz, der Sohn des regierenden Burggrafen zu Dohna.
Diese Burggrafen von Dohna und Weesenstein waren ursprünglich kaiserliche Beamte und begaben sich, wie viele Andere, in den Schutz mächtiger Nachbarn. Deshalb finden wir ihre Lehngüter zum grössten Theil als böhmisches, aber auch als markgräflich meissnisches Lehn. Vom letzteren Verbande suchten sie sich später zu lösen, stürzten sich aber durch Fehden und Unbedachtsamkeit ins Verderben.
Einer von denen, mit welchen sie sich vorzüglich nicht befreunden konnten, war Ritter Hans von Körbitz auf Mäusegast. Im Jahre 1397 raubte ihnen Ritter von Körbitz während eines Kindtaufsfestes durch einen nächtlichen Ueberfall von der Burg ihren alten Vater, der auch in der Gefangenschaft starb. Dadurch entstand die grösste Erbitterung, und wegen der Unsicherheit der Strassen, vorzüglich von Böhmen her, wurden markgräfliche Truppen zum Schutz der Reisenden nach Heidenau und Maxen gelegt. Diese Erbitterung kam auf dem Adeltanze in Dresden zum vollen Ausbruche. Der Ritter von Körbitz erhielt hier vom Burggrafen eine Maulschelle. Diese Beleidigung war das Signal zu der schrecklichsten Fehde. Markgraf Wilhelm mischte sich als Lehnherr in diesen Streit, belagerte die Burg Dohna 1402 und brachte, nachdem der Burggraf Jeschke durch die Burg heimlich nach Weesenstein entkommen war, in wenig Tagen sowohl die Burg Dohna, als auch das Städtchen Dohna an das Markgrafthum Meissen. Wegen der Flucht des Burggrafen Jeschke oder Jorsko nach Weesenstein, wurde auch Letzteres sofort blokirt und erobert. Der Burggraf Jeschke war aber auch von hier wieder nach dem Königstein, wo er Hauptmann war, glücklich entkommen, von da aber nach Ofen geflüchtet, hier gefangen genommen und in Folge des ihm gesprochenen Urtheils enthauptet worden. In späterer Zeit machten die Burggrafen alle mögliche Anstrengung, ihre Herrschaft wieder zu erlangen; allein die Markgrafen gaben solche nicht wieder frei und kam durch den Prager[VL 1] Vertrag 1459 an Sachsen.
Erst zu Anfang des 16. Jahrhunderts wurden die Ansprüche der Burgrafen von Dohna berücksichtigt und es erfolgte eine Ausgleichung.
Bald nach der Einnahme von Weesenstein kam diese Besitzung im Jahre 1413 an die von Bünau auf Dreissig.[VL 2] Hierdurch bildete sich die Hauptlinie der sächsischen Bünau’s, die sich auch die böhmische nannte, weil sie in Böhmen die Herrschaften Tetschen, Blankenstein, Bünauberg, und hier in Sachsen aber Weesenstein, Lauenstein, Liebstadt, Pillnitz, Lichtewalde, Püchau und mehre andere Güter besassen. Rudolph von Bünau kaufte 1513 Ober- und Nieder-Mäusegast, welches den Herren von Körbitz gehörte, und wurde so mit Weesenstein und Burkhardtswalde, dem Vorwerke von Weesenstein, zu einer Herrschaft vereinigt.
Um die Mitte des Felsens bauten die Herren von Bünau im Jahre 1575 und 1740 den jetzt noch bewohnten Theil. Ueberhaupt verwendeten diese Herren auf die Verschönerung Weesensteins viele Kosten und vor 100 Jahren war Weesenstein noch ein Hauptsitz des Luxus.
In den 70ger Jahren des vorigen Jahrhunderts kam Weesenstein an die freiherrl. von Uckermann’sche Familie, von welcher das Badehaus am Fusse des Felsen stammt.
Der ziemlich grosse Schlossgarten wird von der Müglitz durchschnitten; ausserdem führt eine englische Partie nach dem Forsthause auf dem Berge zwischen Mäusegast und Weesenstein, welches in der Volkssprache der Pavillon heisst, auf dessen hohen Thurme man eine weite Fernsicht hat.
Die freiherrl. von Uckermann’sche Familie verkaufte die Herrschaft Weesenstein im Jahre 1830 an König Anton, der es zum Lieblingsorte erkor und vielfältig geschmückt seinem Bruder Prinz Maximilian hinterliess. Nach dessen Tode kam solche an Prinz Johann, unserm jetzigen allverehrten Könige, welcher im Sommer über hier gern verweilt.
Im höchsten Theile des Schlosses ist eine Kapelle, in welcher alle Sonn- und Festtage von dem daselbst angestellten Schlossprediger Gottesdienst gehalten wird. Erster Erbauer dieser Kapelle war Rudolph von Bünau, Amtshauptmann in Freiberg, im Jahre 1513, vermuthlich derselbe, welcher auf einem Bildnisse, welches am Eingange zur herrschaftlichen Betstube hängt, genannt wird: „Rudolph von Bünau auf Tetschen, Blankenstein, Schönstein, Büneberg, Lauenstein und Weesenstein, Ritter und Herzogs Georg zu Sachsen Rath“. Das Kirchenvermögen ist jedoch erst von Rudolph von Bünau durch Testament von 1605 gegründet und zwar [183] so, dass die Zinsen desselben blos für die Bedürfnisse des evangelischen Gottesdienstes verwendet werden dürfen. Von denselben werden die Reparaturen an den geistlichen Gebäuden, die Besoldungen des Schlosspredigers, des Schullehrers, der 4 Kapellknaben, des Oelknaben und Küsters, sowie der Lauter bestritten. Ferner erhalten, davon Unterstützungen drei Studirende und einige arme Frauen, welche aus den oberen Dörfern gebürtig sind und im Hospitale zu Burkhardtswalde freie Wohnung haben.
Die Oberaufsicht führt jetzt das Ministerium des Cultus. Der Schlossprediger steht unmittelbar unter der Kreisdirection zu Dresden, der Schullehrer unter dem Superintendenten zu Pirna. Das Collaturrecht über beide Stellen, sowie über die Stipendien hat Se. Majestät König Johann.
Seit 1763 ist auch noch eine Gedächtnisspredigt für den Charfreitag Nachmittags gestiftet.
Bemerkenswerth ist noch, dass das Altargemälde der Kapelle die Himmelfahrt Christi darstellt und über dem Altare zu beiden Seiten der Kanzel die in Holz geschnitzten Statuen der Apostel Petrus und Paulus stehen. Von Kennern altdeutscher Kunst wird eines der in der herrschaftlichen Betstube befindlichen Gemälde, Christus und die Ehebrecherin, vorzüglich geschätzt. Wenn aber in einzelnen Topographien angegeben ist, dass Kanzel und Altar aus dem Felsen gehauen sei, so ist dies nicht richtig, da der Felsen, auf welchem der Kirchthurm ruht, sich erst hinter der Kanzeltreppe befindet.
Jetzt enthält das Schloss auch noch eine katholische Kapelle, die in ihrer ganzen Einrichtung unwillkührlich zu treuem Sinn, zur Andacht stimmt.
Dagegen findet sich ein besonderer Begräbnissplatz zu Weesenstein, für die Besitzer und deren Familien nicht. Vielmehr hatten dieselben von jeher auf dem Kirchhofe von Burkhardtswalde eine besondere Familiengruft inne, welche mit einer geräumigen, von der Nordseite an die Kirche angebauten Kapelle umgeben ist. Diese Familiengruft mit Kapelle ist jedem Beschauer, so lange der Zugang noch zu derselben gestattet war, darum merkwürdig gewesen, weil sich darinnen eine Anzahl theils verschlossener und eingemauerter, theils unverschlossener Särge befinden, in welchen auffallend gut conservirte Leichen zu sehen sind, die fast den Mumien gleichen. Die Leichen wurden früher durch die Kirche zu dieser Kapellen-Gruft gebracht. Später ist jedoch der Haupteingang in dieselbe von innen der Kirche zugemauert, dafür von aussen ein Eingang eröffnet und die Kapelle selbst zur Aufbewahrung des Leichen- und Beerdigungs-Apparats von der Kirchfahrt benutzt worden.
Weesenstein selbst war aber nie dahin eingepfarrt, sondern natürlicher Weise nach Dohna.
Weesenstein hatte vor Einführung der neuen Gerichtsordnung seine Unterthanen überaus weit, nämlich vom weissen Hirsche bei Dresden an bis auf den Zinnewald.
Unter den einzelnen Orten sind nennenswerth Falkenstein, Grossdobritz, Laubegast, Grosszschachwitz, Nieder- und Obermäusegast, Nieder- und Oberseidewitz, Friedrichswalde, Berersdorf,[VL 3] in dessen Nähe sich der Lederberg erhebt, Seitenhain, Burkhardtswalde und Oberschlottwitz, welche zusammen über 3000 Bewohner fassen.
Weesenstein ist der Geburtsort des grossen Geigers Göpfert zu Weimar, welcher in der Zeit von 1733 bis 1798 lebte.
Die Einwohner von Weesenstein leben hauptsächlich von Maurer-, Zimmer- und Handarbeit und von Strohflechten. Der Feldbau ist sehr unbedeutend.
Weesenstein für sich, welches jetzt zum Gerichtsamte Pirna, zum Bezirksgerichte Pirna, zur Amtshauptmannschaft Pirna, zum Regierungsbezirk Dresden gehört, zählt 26 bewohnte Gebäude mit 66 Familienhaushaltungen und 244 Einwohnern.
Weesenstein hat beträchtliches Holz, Steinbrüche, starke Brauerei und mehre Mühlen. Unter diesen zeichnet sich die Schloss- und Hofmühle aus. Sie steht an der Südostseite des Schlossfelsens. Das Mühlwehr derselben scheint von einiger Entfernung aus einen natürlichen Wasserfall des Gartens zu bilden.
früher auch Hartha genannt, westlich von Bischofswerda eine Stunde entfernt gelegen, ist ein sehr alter Ort, welcher in Urkunden schon 1228 erwähnt wird.
Harthau, das Schloss, muss in den ersten Zeiten seiner Erbauung schon von Bedeutung und wohl befestigt gewesen sein. Noch jetzt ist dasselbe von einem Kanale umgeben und südöstlich von denselben, unmittelbar an den herrschaftlichen Gärten hin, fliesst die Wesenitz.
Der zu diesem Schlosse gehörige Garten zeichnet sich ebenso durch seinen grossen Umfang, als durch seine grosse Orangerie aus.
Auf den in der Nähe gelegenen Anhöhen, von denen sich die eine, der Hutberg genannt, südöstlich vom Schlosse, die andere, der Heidelberg, nordöstlich von demselben erhebt, übersieht man einen grossen Theil der hiesigen Umgegend.
Die Besitzer des Schlosses haben oft gewechselt. Zuerst werden uns die Herren von Staupitz genannt, nach welchen es an das Geschlecht derer von Krahe kam.
Im 17. Jahrhundert besass das Gut der Hofmarschall von Taube, welchem 1627 das frühere Amtsdorf Goldbach vererbt wurde, wodurch es kam, dass man von nun an Harthau mit Goldbach schrieb. Letzteres, welches ein herrschaftliches Vorwerk besitzt, gehörte auch bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation schriftsässig zu Harthau.
Im Jahre 1712 war Erb-, Lehn- und Gerichtsherrin die Gräfin Charlotte von Flemming, geb. von Watzdorf. Dann folgten im Besitze Vitzthum von Eckstädt, der Hofmarschall Johann Georg von Einsiedel, dann ein gewisser Uhlmann, und der derzeitige Besitzer ist Carl Gottlieb Haussner.
[184] Die Wirthschaftsgebäude des Gutes sind 1793 völlig abgebrannt und seit dieser Zeit wieder bequem und vortheilhaft für die Wirthschaftsführung erbaut.
Im Schlosse zu Harthau logirte während der Feldzüge von 1813 der französische Marschall Macdonald sehr lange. Auch der Kaiser Napoleon stieg zu drei verschiedenen Malen im herrschaftlichen Schlosse ab. Das erste Mal residirte er hier vom 18. zum 19. Mai, drei Tage vor der Schlacht von Wurschen; das zweite Mal den 3. September, als die Verbündeten bereits wieder bis in die Oberlausitz vorgedrungen waren. Am 23. und 24. September, wo das Hauptquartier in Harthau war, übernachtete er daselbst das letzte Mal.
Bei dem damals erfolgten Rückzuge der Franzosen war Harthau, sowie die in seiner Nähe befindlichen Anhöhen, abwechselnd bald in den Händen der Franzosen, bald der Verbündeten, bald wieder der Franzosen, bis diese endlich der Uebermacht weichend, ihre Stellungen auch in der hiesigen Gegend aufgaben.
Der Rückzug war für Harthau selbst der traurigste Tag; denn ein grosser Theil des Dorfes, ja das Schloss selbst, wurde durch lang anhaltendes Kanonenfeuer beschädigt und ruinirt. Am schrecklichsten aber wurde die Kirche mitgenommen, welche erst im folgenden Jahre unter Mitwirkung der Gerichtsherrschaft, welcher die Collatur über die dasige Kirche, sowie über das Pastorat zu Schmiedefeld und über die dasigen Schulstellen zusteht, restaurirt werden konnte.
Die Kirche in Harthau, welche auf der Südostseite des Dorfes, unweit des Schlosses, ziemlich nahe an der Landstrasse steht, ist in ihrem Innern jetzt sehr hell und freundlich, unter deren Fussboden die herrschaftliche Gruft sich befindet, welche noch eine Anzahl Särge enthält. Charlotte Gräfin von Flemming und Friederike Gräfin von Einsiedel ruhen ebenfalls in derselben. Der Letzte der Todten in dieser Gruft ist der in hiesigem Schlosse 1779 gestorbene königl. preuss. Major von Letöffel.
In früheren Zeiten war die Kirche eine Pfarrkirche. Seit 1659 bei Einziehung des Pfarrgutes in Harthau, mit Ausnahme einer Parcelle, welche der Schule des Orts zugewiesen wurde, ist sie Tochterkirche von Schmiedefeld.
Der Gerichtsherr von Harthau hatte seit dieser Zeit, in welcher er mit dem Pfarrgute erb- und eigenthümlich beliehen wurde, an den Pfarrer in Schmiedefeld alljährlich 6 Gülden Erbzins, 3 Scheffel Korn und 3 Scheffel Hafer, an die Gemeinde des Orts aber bei vorkommenden Neubauten die Hälfte des Bauholzes unentgeltlich zu entrichten.
Die frühere Besitzerin von Harthau hat sich vorzüglich um Kirche und Schule hierselbst ein bleibendes Denkmal durch ihre grossen und schönen Vermächtnisse gesetzt.
Auf dem Gasthofe zu den „drei Linden“ in Schmiedefeld, gewöhnlich der Fuchs genannt, welcher früher zum Rittergute Harthau gehörte, hat diese Wohlthäterin ein eisernes Kapital von 1000 Thalern stehen lassen, wovon der Schullehrer von Harthau die Zinsen erhält, wofür derselbe 12 arme Kinder aus Harthau und Goldbach zu unterrichten hat, wogegen der Gerichtsherrschaft das Recht, solche vorzuschlagen, vorbehalten ist.
Früher war in Harthau auch ein königliches Postamt, welches später eingezogen und nach Schmiedefeld verlegt wurde.
Im Orte selbst ist unter den Einwohnern die Leinweberei stark vertreten, wiewohl auch der Ackerbau fleissig betrieben wird, vorzüglich aber Gartenbau guten Gewinn bringt.
Eine merkwürdige Persönlichkeit von Harthau ist der dasige Schulcassirer und Schlachtsteuereinnehmer Zimmermann, welcher im Jahre 1829 in grosser Lebensgefahr, durch einen glücklichen Zufall aber gerettet worden war.
Am 11. Mai 1829 arbeiteten nämlich in den sogenannten weissen Steinbrüchen oberhalb der Stadt Wehlen an der „Hohlmachung“ einer Sandsteinwand 15 Steinbrecher. Auf einmal löste sich diese Wand vom Hauptfelsen wider alles Erwarten los, stürzte herab und begrub die 15 Arbeiter. Unter diesen Unglücklichen befanden sich auch drei aus Harthau, nämlich zwei Brüder Carl Zimmermann und Joh. Gottlieb Zimmermann und ein gewisser Richter.
Fünf Tage lang war man unablässig mit Hinwegräumung der fürchterlichen Trümmer beschäftigt und aller Anstrengungen ungeachtet fand man nichts als Todte, und man gab schon die Hoffnung auf, dass noch einer der verunglückten Arbeiter am Leben sein könnte, als plötzlich am 7ten Tage Nachmittags fünf derselben, mit dem älteren der Gebrüder Zimmermann an der Spitze, aus den Trümmerhaufen, wie aus einem Grabe, hervorkamen und der versammelten Menge halb athemlos die furchtbare Geschichte ihres Unglücks und die wunderbare Erhaltung ihres Lebens erzählten.
Beim Einsturze der Felswand hatte es sich gefügt, dass diese an der Stelle, wo die Erretteten sich befanden, eine Höhle gebildet hatte. In dieser Höhle nun auf einem engen Raum zusammengedrängt, auf hartem, nassen Felsgrunde, neben den Leichen ihrer erschlagenen Mitarbeiter ohne Nahrung, hatten sie 6 Tage und 6 Nächte geschmachtet. Um den Durst zu stillen, mussten sie ihren eigenen Urin trinken, und zur Stillung des Hungers Fleisch von einem ihrer erschlagenen Genossen geniessen.
Unter den Erschlagenen waren demnach nur zwei aus Harthau.
Harthau wird übrigens in Gross- und Klein-Harthau eingetheilt, und beherbergt in seinen 136 Gebäuden 736 Einwohner, welche unter das Gerichtsamt Bischofswerda gehören.
Anmerkungen der Vorlage
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