Alexanders Fest
Persia war besiegt. Den stolzen Triumph zu feyern,
Gab Philipps Sohn ein königliches Mahl.
Hoch saß auf güldnem Thron
In hehrer Majestät
Rings um ihn prangten seine Braven alle,
Mit Myrthen die Stirne bekränzt, die Scheitel umschattet mit Rosen,
(Also geziemt es den Kriegern nach blutiger Müh)
Neben ihm lehnt’, in der Blume der Jugend,
Mit des Aufgangs köstlichsten Steinen geschmückt –
„Preiset die Herrlichen, Göttersöhne!
Küpris und Ares umarmen sich hier.
Tapfrer, nur dir,
Tapfrer, dir nur gebühret das Schöne.“
Preiset die Herrlichen, Göttersöhne!
Küpris und Ares umarmen sich hier.
Tapfrer, nur dir,
Tapfrer, dir nur gebühret das Schöne.
Timotheus, der vielberühmte Meister,
Stand hoch auf klingender Bühne,
Regte mit irrendem Finger die Lyra.
Der Hörer trunkene Seelen.
Er sang, wie Vater Zeus
Die sel’gen Sitze verließ;
(Dir, mächtige Lieb’, erliegend)
Auf schlängelndem Blitze fuhr er daher
Zu Philipps schöner Gattin,
Zur jungen Olympia,
Umschnäbelnd ihre Schneebrust,
Vertraut’ er sein Ebenbild ihr, des Erdballs künftigen Herrn.
Er sang’s. Dem hohen Liede
Lauschten die Zecher verwundernd –
Heil dem erscheinenden Gott! erscholl’s aus dem Kreise der Zecher,
Entzückten Ohrs
Vernahm’s der Held,
Und wähnte sich Gott,
Und nickt’ ein Gott,
Sieh! Sieh! Entzückt
Vernimmt’s der Held,
Und wähnt sich Gott,
Und nickt ein Gott,
Nun sang der hohe Sänger Bacchus Preise,
Des Ewigjungen und des Ewigschönen:
„Er kömmt, er kömmt der fröhliche Gott!
Dem Ernst ein Spott, dem Gram ein Tod.
Er kömmt und purpurne Röthe
Verklärt sein blühend Gesicht,
Die Augen unsterbliches Licht.
Lasset das lustige Hifthorn hallen!
Er kömmt holdselig und froh.
Jo! Jo! Jo!
Bacchus, jung und schön und froh,
Preßte Trauben, mischte Wein,
Bacchus spendet süße Weide.
Zechen ist des Kriegers Freude.
Süß die Weide!
Reich die Freude.
Bacchus spendet süße Weide.
Zechen ist des Kriegers Freude.
Süße Weide!
Reiche Freude!
Des Lobes froh erschwillt des Königs Herz.
Noch einmal ficht er alle seine Schlachten über.
Dreymal noch schlägt er den Feind, dreymal noch fallen die Schaaren.
Des steigenden Wahnsinns gewahret der Meister,
Gewahrt der funkelnden Augen,
Sieht Fehde ihn der Eid’ und selbst dem Himmel bieten,
Er wandelt schnell die Weise
Und hemmt des Jünglings Trotz.
In süßes Leid das Herz.
„Darius,“ singt er, „groß und gut,
Verfolgt von Heimarmenens Wuth,
Darius ist gefallen!
Vom Zenith alles Erdenglücks
Ist er im Hui des Augenblicks
In Schmach und Noth gefallen.
Es liegt der König, groß und gut,
Verlassen ach von allen!
Verrathen selbst vom treusten Freund,
Den er am redlichsten gemeint,
Liegt er am Boden baar und bloß!
Das Haupt ihm stützet, keiner?
Ist keiner, der das Aug’ ihm schließt,
Ein’ arme Thrän’ um ihn vergießt –
Ach! keiner auch nicht einer?“
Den schnell bewölkten Geist durchkreuzten Ernstgedanken,
Er sah das Rad des Schicksals
Sich nimmerrastend drehn.
Ein tiefes Ach! entfuhr ihm
Wohl mag die Thräne quillen,
Dein Geist sich wölken, Held.
Denn nimmerrastend rollet
Des Schicksals kraisend Rad.
Die Liebe, sah er, traf zunächst die Reihe,
Den nächst verwandten Ton nur durft’ er rühren;
Denn Mitleid stimmt das Herz zur Liebe.
Lockend, flöthend, girrend,
Scholl das lydische Lied:
„Krieg ist Unsinn, Kämpfen Rasen,
Ehr’ und Ruhm sind Wasserblasen.
Ewig endend, nie beginnend,
Dünkt die Welt dich werth des Krieges?
Werth des Kampfes? werth des Sieges?
O! vergiß nicht des Genusses,
Nicht des Bechers, nicht des Kusses.
Geneuß, was dir die Gotter bereiten.“
Lautes Beyfallgeschrey scholl rings im Kraise der Zecher.
Nicht länger mächtig seiner Qualen blickte
Der Heros die Heroin an.
Er blickt’ und seufzt’ und seufzt’ und blickte,
Und blickt’ und seufzt’ und blickte wieder.
Ueberwältigt zuletzt vom Wein und von sehnender Liebe
Sank der besiegte Sieger ihr an die schwellende Brust.
Und nickt und seufzt und blicket wieder.
Ueberwältiget schau! von Wein und Sehnsucht und Liebe
Sinkt der besiegte Sieger ihr an das schlagende Herz!
„Mächtiger greift in der Lyra Gold!
Weckt mir ihn auf wie mit Schlachtgerassel.
Rüttelt mir ihn auf wie mit Donnergeprassel –
Erwache Schläfer, erwache! –
Schau, schau! es gellt ihm in’s Ohr!
Wie aus dem Grab’ erwacht,
Starrt er hinein in die Nacht –
Rache, König, Rache!
Siehst du im bläulichten Licht
Hörst du die Schlangen nicht zischen,
Die gelblichten Blitze nicht gischen,
Die ihren Augen entsprühn? –
Auf! König, stark und kühn!
Rache, König, Rache!
Siehst du die furchtbare Schaar
Mit lodernden Fackeln in Händen?
Sie rauffen das straubigte Haar,
Sich seitwärts. Siehe, sie weinen!
Es sind die Geister der Deinen!
Es sind der Griechen Schatten,
Sie fielen auf Mediens Matten,
Ihr Fleisch verspeisen Raben,
Der Wind bleicht ihre Knochen,
Noch liegen sie ungerochen.
Rette der Tapferen Sache!
Siehe, sie schwingen die Fackeln, die Rächer,
Zielen auf der Könige strahlende Dächer,
Dräuen den Tempeln der feindlichen Götter,
Sie treffe der Rache versöhnendes Wetter!“
Zerstöhrung lüsternd sprang der König auf.
Er griff zur knisternden Fackel,
Zur Fackel die Trunkenen alle.
Thais stürmte voran,
Der zweyten Helena sank die zweyte Troja in Asche.
Wohin, Wuthtrunkner! wohin?
Sieh, sieh, er greift zur Fackel!
Die Rasenden greifen zur Fackel,
Hochlodernder Fackel voran!
Der zweyten Helena sinkt die zweyte Troja in Asche!
So wußte schon in grauer Vorwelt Tagen,
Als luftgeschwellte Schläuche noch nicht hauchten,
Der saitenmächtige Timotheus
Die Seele kräftig zu beherrschen;
In süße Wehmuth itzt sie einzugirren,
Mit leiser Flöten sanftem Klageton,
Durch jeden Dämon, den die Lyra bannt.
Itzt kam die göttliche Caecilia,
Erfand den Pallast heil’ger Harmonieen,
Erweiterte mit angeschaffner Weisheit
Verlängerte die vollen Feyertöne,
Ließ einzeln itzt des Prachtbaus Zungen schlagen,
Ließ tausendstimmig dann den heil’gen Päan brausen –
Reiche Timotheus dann der göttlichen Jungfrau die Palme,
Einen Sterblichen hob des Griechen Lyra gen Himmel.
Aber Caecilia rief selige Geister herab.
Reiche Timotheus nun der heiligen Jungfrau die Palme,
Oder ihr Kämpfenden theilt beide den ehrenden Kranz.
Aber Caecilia ruft selige Geister herab.