Allein …
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Von Lili Grün.
Es nützt nichts, wenn man eine „beste Freundin“ hat. Man muß immer noch eine haben, bei der man sich, wenn’s not tut, über die beste Freundin beklagen kann. Wenn man Lust und Neigung verspürt, sich über den einen Mann zu beklagen, hat man dazu einen Freund, aber bei wem beklagt man sich über den Freund?
Nennen wir also den Ehemann Max und den Freund Robert. „Sie“ heißt Lizzie. Max hat beispielsweise die Gewohnheit, seine arme Lizzie zum Essen zu zwingen. Man ist doch manchmal nervös, hat Kopfschmerzen und daher nicht den leisesten Hunger. Max hat kein Verständnis. „Wenn man nicht gerade einen verdorbenen Magen hat, so …“ Ach, es ist fast besser zu essen, als sich diese Predigt anzuhören!
Robert wartet im Restaurant. „Du willst nicht essen, Kindchen, keinen Hunger …? Na, dann wollen wir gleich gehen.“
Das hingegen findet Lizzie ausgesprochen verwerflich und lieblos.
Romano ist ein junger Künstler. Komponist. Er hat in Hietzing ein Komfortzimmer mit Flügel, Frühstück und Damenbesuch. Er ist eine Seele von einem Menschen. Er redet nicht zum Essen zu, sondern richtet unwiderstehliche Sandwiches her und freut sich wie eine fürsorgliche Mama, wenn es Lizzie schmeckt. Und Lizzie erzählt, Romano hört zu. Einfach bezaubernd! Aber dann will er küssen. Das findet Lizzie nicht schön; sie hat doch gehofft, eine Seele zu finden.
Es ist eine herbe Enttäuschung. Romano ist beschämt und läßt von seinem Beginnen ab. Nun wird musiziert.
Lizzie ist mit Recht empört. Warum hat er sie eigentlich nicht mit vorgehaltenem Revolver gezwungen? Ist sie ihm soviel nicht wert gewesen? Von einem Komponisten, der Romano heißt, kann man wirklich mehr Leidenschaft verlangen. Nicht wahr?
Und zu wem soll Lizzie jetzt gehen mit ihrem großen Kummer? Weder der besten, noch der allerbesten Freundin kann man das erzählen. Diesen schadenfrohen Gänsen? Unmöglich! Für Max wäre es ein Scheidungsgrund, und Robert würde es ihr immer vorwerfen.
In den größten Schmerzen unseres Lebens sind wir immer allein.