Alpenfreunden
[560] Alpenfreunden und besonders den Alpenvereinen ist aus einem beklagenswerthen Verlust eine traurige Pflicht erwachsen. Von allen Führern im baierischen Hochgebirge wurden als die kühnsten und verlässigsten die beiden Brüder Koser in Garmisch gepriesen. Hunderte von Bergsteigern hatten sie vor Gefahren bewahrt, sie sicher zum Genuß der Riesenbilder der Alpenwelt emporgeführt und glücklich wieder zu Thal gebracht. Nun lebt nur noch einer von ihnen. Joseph Koser hat am 23. Juli bei einer Besteigung der Zugspitze den Tod in seinem Berufe gefunden. Der treue Freund der Familie Koser, der Maler und Director der Partenkirchner Kunstschnitzschule Michael Sachs, schreibt uns darüber: „In dem sogenannten ‚Kamin’, einer der gefährlichsten Stellen dieser Tour, verlor eine Dame aus Magdeburg den Halt; Koser suchte sie zu stützen, wurde dabei niedergerissen und stürzte über 800 Fuß tief auf den Rand des Plattachferners. Dort starb er, nach vierthalbstündigem Leiden, in den Armen seines Bruders. Er war ein Mann wie von Stahl und Eisen, in seinem schweren Berufe voll Muth und Treue und ein Mensch von liebenswürdigstem Wesen.“ Nun steht das Haus des einst so vielgesuchten Mannes in Jammer; die Wittwe und fünf Kinder haben den Ernährer verloren. Bei einem früheren Führer-Mißgeschick wurde uns mitgetheilt, daß es im Plane der Alpenvereine liege, eine Unterstützungscasse für verunglückte Alpenführer und deren Hinterbliebene zu stiften. Sollte dieser Plan noch unausgeführt sein, so dient vielleicht dieser neue Trauerfall zur Beschleunigung der Ausführung. Jedenfalls werden Alpenfreunde und Alpenvereine den Maler Herrn Michael Sachs in Partenkirchen gern in den Stand setzen, Seppel Koser’s Familie vor Noth zu bewahren.