Alte Gruben und Stollen bei Lautenthal

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Autor: Heinrich Morich
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Titel: Alte Gruben und Stollen bei Lautenthal
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aus: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1938
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Alte Gruben und Stollen bei Lautenthal.
Von H. Morich.


     Der Lautenthaler Bergbau kann auf ein hohes Alter zurückblicken, denn hier hatte schon der „Alte Mann“, das ist die erste bergmännische Bevölkerung des Oberharzes, nach Erzen geschürft. Nach alter Überlieferung waren es fränkische Bergleute, die von Goslar kamen und am Kranichsberge die ersten Versuche unternahmen. Dieser Bergbau fand um die Mitte des 14. Jahrhunderts durch die den Oberharz entvölkernde Pestseuche ein vorläufiges Ende. Etwa 200 Jahre später wurde das Lautenthaler Bergwerk wieder neu aufgenommen durch obersächsische Bergleute, die Herzog Heinrich d. J. ins Land gerufen hatte. Darauf deutet auch die „Sachsenzeche“ hin, die mit dem „Gülden Leue“ eine der ersten Gruben war und im Jahre 1565 erwähnt wird.

     Von den zahlreichen Gruben, die in den nächsten Jahren in Lautenthal entstanden, sind besonders „St. Jakob“, „Gnade Gottes“ und „Heilige Dreifaltigkeit“ zu nennen, unter deren Betriebe der Bergbau rasch emporblühte. In wenigen Jahrzehnten hatte sich das Bergwerk glänzend entwickelt, und schnell wuchs die Stadt empor, die der Chronist Hake schon 1568 zu den Bergstädten zählt. Als aber am Schlusse des 16. Jahrhunderts eine unheilvolle Krisis über den Oberharzer Erzbergbau hereinbrach, war auch die erste Glanzzeit des Laufenthaler Bergbaues vorüber. Es trat ein so schwerer Rückschlag ein, daß um das Jahr 1601 nur noch eine einzige Grube, der „St. Jakob“, im Betriebe stand. Auch diese kam 1617 zum Erliegen, erholte sich jedoch bald und begann im Jahre 1624 wieder reiche Ausbeute zu liefern.

[43]      Während des dreißigjährigen Krieges verfiel der Lautenthaler Bergbau, wodurch die Bergstadt verarmte. In dieser Zeit zeigte sich die Grube „St. Jakob“ als Retterin in der Not, und aus Freude über ihren Silbersegen ließ Herzog Friedrich Ulrich von dem Jakobssilber 1625 schwere Doppeltaler und 1634 außergewöhnlich große Denkmünzen prägen. Auch trat nach dem Jahre 1630 durch die Einführung der Bohr- und Sprengarbeit an Stelle der mühsamen Schrämmarbeit mit Schlägel und Eisen ein merkbarer Aufschwung in den bergmännischen Erwerbsverhältnissen ein. Von andern Gruben während des Krieges fehlen die Nachrichten, und es scheint, als ob der Bergbau in dieser Zeit fast vollständig geruht hat.

     Nach dem Kriege wurden wieder verschiedene Gruben neu aufgenommen, von denen 1666 die „Hülfe Gottes“ am Schulberge, der „Grüne Hirsch“ am Borberge, die „Tugend Fundgrube“ und der „Prophet Amos“ im Steuerthale genannt werden. Bis auf die „Hülfe Gottes“ gingen sie bald wieder ein. Dagegen werden 1671 neu aufgeführt die Gruben „Maaßen“, „König Josias“ und „Herzog-Rudolf-August-Stollen“. Die erstgenannte Grube erhielt ihren Namen von den „Maaßen“, die auf dem Erzagange der Fundgrube mit verliehen wurden. In Lautenthal unterschied man später Obere und Untere Maaßen, also zwei Gruben desselben Namens.

     Im Jahre 1672 kam in den Bergzettel die Grube „St. Thomas“ am Kranichsberge, die von einer Gewerkschaft aus Seesen gegründet war und für die Bergstadt Lautenthal zum größten Segen werden sollte. Dazu kamen 1674 die beiden Gruben „Kohlhof“ und „Gottes Glück“. Im folgenden Jahre erscheint im Bergzettel eine Grube „Segen Gottes“, die 1746 von einer neuen Gewerkschaft übernommen wurde und 1760 in Ausbeute kam. Sie stand 1789 noch im Betriebe, doch wird sie bald darauf verlassen worden sein. Eine Grube gleichen Namens, doch ohne Angabe ihrer Lage. wird übrigens schon in der Zeit von 1569–1615 aufgeführt.

     Nach 1675 entstanden die Gruben „Hoffnung zu Gott“, „Stadt Wolfenbüttel“, „Stadt Lüneburg“, „Kleiner St. Jakob“, „Prophet Joel“ und „Abendstern“, die sich aber bis auf die letztere nicht lange halten konnten. Die meisten dieser Gruben sind in den Bergzettern mit geringen Zubußen und auch nur auf einige Quartale angesetzt, woraus man geschlossen hat, daß manche derselben nicht fortlaufend betrieben sind, sondern zeitweise wieder still gelegen haben. Demnach hat es mit dem Lautenthaler Bergwerke nach dem Kriege nicht recht vorwärts gehen wollen, und man wird Mühe und Not gehabt haben, den Betrieb aufrecht zu erhalten.

     Einen neuen Aufschwung nahm das Bergwerk in Lautenthal im Jahre 1681, als die Grube „St. Thomas“, die von der Stadt zum Betriebe übernommen war, gegen Überlassung von zwei Freikuxen an eine kapitalkräftige Gewerkschaft abgetreten wurde, die sie nun „Lautenthals Glück“ nannte. Die Gewerkschaft scheute weder Kosten noch Mühe, ließ den „Tiefen Sachsen-Stollen“ aufräumen, den Kunstgraben zwischen Lautenthal und Wildemann wieder herstellen und den Betrieb der Grube kräftig aufnehmen.

     „Lautenthals Glück“ kam 1685 in Ausbeute, die von Jahr zu Jahr immer höher stieg und von 1730–1734 den höchsten Stand erreichte, wo sie auf den Kux vierteljährlich 50 Spezies-Taler Ausbeute spendete. Die Grube zeigte einen Reichtum an Silbererzen, wie er in der Geschichte des Silberbergbaues nur selten zu verzeichnen gewesen ist. Es war die zweite große Glanzperiode des Lautenthaler Bergbaues, die bis zum Jahre 1765 dauerte und in 80 Jahren über 40 Millionen Taler Überschuß abwarf. Schon 1685 wurden von dem Silber der Grube „Lautenthals Glück“ Ausbeutetaler geprägt, auf denen sich zum ersten Male eine die Laute spielende Jungfrau als Sinnbild des Ortes findet.

     Von den anderen Gruben hat sich die „Güte des Herrn“ bis in die neueste Zeit erhalten. Sie kam 1691 in den Bergzettel und 1740 in Ausbeute, worauf Ausbeutetaler geprägt wurden mit der Inschrift: „Die Erde ist voll der Güte des Herrn“. Weniger wichtig waren die Gruben „Morgenstern“, „Bergsegen“ am Bromberge, „Silberblume“, die vorher „Kupferblume“ hieß und „Kaiser Leopold“, welche im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts auftauchen.

     Im 18. Jahrhundert, in welchem die Blütezeit des Lautenthaler Bergbaues ihre größte Entfaltung erreichte, standen nicht weniger als 35 Gruben in der Nähe der Stadt im Betriebe, von denen folgende der Zeit ihrer Entstehung nach aufgeführt werden: „Neuer Bergsegen“, „Neuer Bergstern“, „Laufenthals Hoffnung“, „Herzog Ferdinand Albrecht“, „König David“ am Borberge, „Dorothea Friederika“ und „Wilhelmina Eleonore“.

     Während der Hauptbetrieb des Lautenthaler Bergbaues östlich der Innerste am Kranichsberge stattfand, lagen westlich der Innerste am Bromberge die Gruben „Prinzessin Auguste Karoline“ und „Lautenthaler Gegentrum“, die einen unteren und einen oberen Schacht hatte, sowie der Bromberger Schacht. Mit dem Namen „Gegentrum“ bezeichnete man den Zweig eines Erzganges, der vom Hauptgange durch Verwerfung des Gesteins abgetrennt ist. Die Grube findet sich seit 1741 im Bergzettel und war noch Jahrzehntelang im Betriebe. Später wurde sie mit den Gruben „Güte des Herrn“, „Maaßen“ und „Schwarze Grube“ unter einer Gewerkschaft vereinigt, die den oben erwähnten Namen „Lautenthals Glück“ führte.

     Als „Laufenthals Glück“ wurde auch wohl die „Schwarze Grube“ bezeichnet, die ihren Namen von den Alten wegen der in ihr häufig vorkommenden [44] braunen Zinkblende erhalten hat. Sie war in den letzten Jahrzehnten der Hauptbetriebspunkt. Von großem Interesse ist es, daß in den oberen Abbaufirsten vielfach auch Abbau im „Alten Mann“ betrieben worden ist, wobei häufig derbe Blenderze gewonnen wurden. Erzgänge im Maaßener Revier treten teils zu Tage auf, es war daher auch möglich, die anstehenden Erze in der Maaßener Tagstollenfirste bis auf etwa 5 Meter unter den Rasen abzubauen.

     Bis in die neueste Zeit standen beim Lautenthaler Bergbau drei tonnlägige Hauptschächte im Betriebe, nämlich „Güte des Herrn“, „Maaßen“ und „Schwarze Grube“, die eine Teufe von 400–440 Meter hatten. Sie waren sämtlich mit Treibwerken und zum Teil mit Wasserkünsten ausgerüstet. In einem besonderen Schachte, dem Richtschachte des „Güte des Herrn“, der eine Teufe von 350 Meter hatte, befand sich eine Wassersäulenmaschine, welche die Grundwasser von der zweiten tiefen Wasserstrecke bis zum Ernst-August-Stollen hob.

     In einem weiteren Schachte, dem Maaßener Kunstschachte, mit einer Teufe von 460 Meter hatte man eine Fahrkunst eingebaut; dazu waren auch die Gestänge der Wasserkunst im Schachte „Schwarze Grube“ zum Fahren hergerichtet. Außerdem hatte Lautenthal noch einen saigeren, runden, in Eisen ausgebauten Zentral-Förderschacht, der mit einer neuzeitlichen Förderanlage ausgestattet war. Vom Gesenk des Zentral-Förderschachtes (13. Strecke der „Güte des Herrn“) ab wurde auf der hangenden Partie des Hauptganges ein Hilfsschacht 327 Meter tief saiger abgeteuft und mit 3,5 Meter Durchmesser in Eisen ausgebaut. Die Untersuchung der Erzgänge von diesem Hilfsschacht aus ergab, daß die Gänge in dieser Teufe vollständig taub waren.

     Von den Stollen bei Lautenthal zur Abführung der Grundwasser aus den Grubenbauen ist der älteste und wichtigste der „Tiefe Sachsenstollen“, dessen Mundloch dem heutigen Bahnhofsgebäude gegenüber liegt. Sein Anfang im Jahre 1550 fällt wahrscheinlich mit der Aufnahme des Laufenthaler Bergbaues zusammen. Er hat eine Länge von 1400 Meter und am Maaßener Schachte eine Teufe von über 100 Meter und löste die Gruben des Kranichsberges von den einbrechenden Wassern. Aus dem Namen „Sachsenstollen“ hat man gefolgert, daß Herzog Heinrich d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel Bergleute aus Obbersachsen, dem sächsischen Erzgebirge, nach dem Harze zog, die den Bergwerksbetrieb aus eigener Anschauung kannten.

     Der Lautenthaler Hoffnungsstollen, der beim Schachte Herzog Ferdinand-Albrecht angesetzt war und mit zur Lösung des Lautenthaler Ganges diente, wird schon 1694 erwähnt. Im Jahre 1746 fing man an, denselben auf dem Lautenthaler Gange und dann durch Quergestein weiter zu treiben, um den erzreichen Bockswieser Gruben zu Hülfe zu kommen. Es war notwendig, denn weder der schon 1719 herangebrachte Grumbacher Stollen, noch die besten Wasserkünste vermochten die öfters aufgehenden Grundwasser zu bewältigen.

     Man rechnete mit einer Bauzeit von 27 Jahren, aber die Arbeit ging mit vielen Unterbrechungen nur langsam vonstatten. Als um 1765–68 die Gruben des Hahnenkleer Zuges, besonders die „Beständigkeit“ sich sehr hoben, entschied man sich nach zehnjähriger Beratung für den Stollenbau nach Hahnenklee. Aber nach 12 Jahren, als der Hahnenkleer Bergbau zurückgegangen war, ging man 1791 wieder zum alten Plan zurück und trieb den Stollen nach Bockswiese. Am 20. November 1799 erfolgte der lebte Durchschlag zwischen dem 4. Lichtloche und dem Herzog-Johann-Friedricher-Kunstschachte.

     Der Lautenthaler Hoffnungsstollen, der 78 Meter unter dem Grumbacher Stollen liegt, hat vom Mundloche oberhalb Lautenthal bis in die Bockswieser Gebäude eine Länge von rund 4000 Meter.

     Nach dem Bau des Ernst-August-Stollens, der 1864 vollendet wurde, sind von seinem Hauptlaufe auch Nebenstollen in die Lautenthaler und Bockswieser Grubenreviere getrieben, wodurch die Wasserlösung dieser Gruben eine bedeutende Erleichterung erfuhr.