Am Sarge des Erstgeborenen

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Autor: Bernhard Bettmann
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Titel: Am Sarge des Erstgeborenen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 5, S. 87
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1879
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[87]
Am Sarge des Erstgebornen.


Vier kleine Bretter – zwei noch klein’re Brettchen –
Ein Kissen und ein Leintuch, weiß wie Schnee –
Dazu ein Blumenkranz – das ist das Bettchen,
An dem ich jetzt gebrochenen Herzens steh’.

5
Mein Kind, mein Liebling! Todt! Ach, kein Erwachen

Mit nach mir ausgestreckten Aermchen mehr!
Verstummt Dein klug’ Geplauder, wie Dein Lachen –
Das einst so rege Haus – wie öd’ und leer!

Was solltest Du mir einst nicht alles werden,

10
Was hab’ ich nicht gewünscht, geträumt, geglaubt!

Was gut und schön und edel ist auf Erden –
Zum Kranze wand ich’s für Dein theures Haupt.

Dahin, dahin! Es sagt’s die bittere Thräne
Im Auge mir. Zerronnen ist der Traum,

15
Und meine Wünsche, Hoffnungen und Pläne

Umschließt jetzt dieser enge, kleine Raum.

Die stumm Du kniest in tiefem, herbem Leide,
Den müden Blick dem Sarge zugewandt –
Komm’, stehe auf und tritt an meine Seite,

20
Und laß mich fassen Deine liebe Hand!


So standen wir einst selig am Altare,
Gelobend, eins zu sein in Leid und Freud’.
So steh’n wir jetzt an uns’res Kindes Bahre;
So werde heute unser Schwur erneut!

25
Nie standen zwei an heiligerem Orte,

Noch schloß sich weihevoller je ein Bund –
Nie sprach ein Priester je beredt’re Worte,
Als stumm sie predigt dieser kleine Mund.

Hier sind ja Blumen auch und hier die Kerzen;

30
Altar ist uns’res Kindes Todtenschrein –

Und wie im Glücke einst, so jetzt in Schmerzen
Geloben wir: In Allem eins zu sein.

Sieh’, unser Liebling lächelt! – Ruh’ in Frieden!
Du hast die Eltern neu und fest vereint.

35
Gieb, Mutter, ihm den letzten Kuß hienieden –

Jetzt komme! – Gott sei tausend Dank – sie weint!


Cincinnati, O.
B. Bettmann