Am Viktoria-Njansa

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Titel: Am Viktoria-Njansa
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aus: Die Gartenlaube, Heft 37, S. 622–624
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Am Viktoria-Njansa.

Im Norden von Deutsch-Ostafrika liegt der größte der Seen, aus denen der heilige Nilstrom entspringt. Die Eingeborenen nennen ihn einfach Njansa, d. h. See, die Araber hatten ihm nach einer seiner Inseln den Namen Ukerewe gegeben; am 30. Juli 1858 schaute ein Europäer, John Hanning Speke[WS 1], von einem Hügel zum ersten Male auf seine unendlichen Wassermassen und taufte ihn seiner Königin zu Ehren „Viktoria-Njansa“. Seit jener Zeit wurde der See wiederholt von Forschern besucht, Missionare ließen sich an seinen Gestaden nieder, aber niemand war bis jetzt imstande, seine Ufer genau zu vermessen; so können wir seine Größe nur annähernd angeben, er mag eine Fläche ungefähr so groß wie das Königreich Bayern bedecken.

Auf diesen Wassern, die, vom Sturm erregt, beinahe wie das Meer tosen und branden, haben bis jetzt nur die einfachen Boote der Eingeborenen ihre Fahrten von Küste zu Küste, von Insel zu Insel vollzogen; aber der Tag naht, an welchem auch hier der erste Dampfer kreuzen wird, und dieser erste Dampfer auf dem größten Quellsee des Nils wird ein deutsches Schiff sein! Die Gebiete am Viktoria-Njansa sollen neben anderem den Schauplatz der künftigen Thätigkeit deutscher Kulturträger in Afrika bilden; versuchen wir, das weite Feld, das für Deutschland immer mehr an Bedeutung gewinnt, in knappen Umrissen zu schildern!

Die Völker am Viktoria-Njansa haben ihre Geschichte. Als der erste Europäer, John Hanning Speke, sich jenen Gebieten näherte, da belehrte ihn der Araber Nasib: „Diese Wahuma-Könige sind nicht wie die, welche Ihr in Unjamwesi oder sonstwo gesehen habt, sie haben Offiziere und Soldaten gleich dem Sultan von Sansibar.“ Wer sind nun diese Wahuma?

In alten Zeiten – genauere Bestimmungen lassen sich nicht geben – war das Land zwischen dem Viktoria- und Albertsee von einem dunkelfarbigen Negervolke, den Witschwesi bewohnt; in das Gebiet dieses ackerbautreibenden Stammes drang, vom Norden kommend, ein heller gefärbter Volksstamm ein, der sich ausschließlich mit Viehzucht beschäftigte und von den Ureinwohnern des Landes Wahuma, d. h. „Leute aus dem Norden“, genannt wurde. Die Nomaden unterjochten die Witschwesi, und aus der Vermischung der beiden Rassen gingen die heutigen Völker im Westen des Viktoria-Njansa hervor, vor allem die Waganda und Wanjoro; aber zwischen ihnen wohnen noch zerstreut die echten Witschwesi und die echten Wahuma. Die Sieger nahmen, wie dies so oft der Fall war, die Kultur der Besiegten an, und heutzutage sind in den betreffenden Ländern die unvermischt gebliebenen Wahuma ein verachteter Stamm, obwohl in den Adern der herrschenden Geschlechter des Landes zweifellos Wahumablut fließt. Sie leben in stiller Abgeschiedenheit fernab von den Ansiedlungen der Ackerbauer am Rande von Waldungen und sind nach wie vor Hirten.

Die siegreichen Wahuma, die stammverwandt mit den Abessiniern oder den Gallavölkern sein dürften, gründeten ihre erste große Herrschaft Kittara in den Ländern, die in dem heutigen Unjoro zu suchen sind. Im Laufe der Zeit zerfiel dieses Reich in zwei selbständige Staaten, Unjoro und Uganda, von denen der letztere – an der Nordwestecke des Vikoria-Njansa gelegen – am meisten emporblühte. Thronstreitigkeiten führten in noch späterer Zeit zur Auswanderung der Wahumafürsten, die weiter südlich am Viktoria-Njansa neue Reiche gründeten, wie Karagua, Uhaija und Usinsa.

Unter diesen Wahumastaaten übernahm frühzeitig Uganda die führende Rolle. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, so fand hier außer der Wahumaeinwanderung noch eine andere statt. Wir wissen, daß die Völker des Alterthums eine ziemlich genaue Kunde von der Lage der Nilseen besaßen; das wird nur dadurch erklärlich, daß einmal in alter Zeit regere Handelsverbindungen zwischen Aegypten und den Völkern am Viktoria-Njansa bestanden. Vermuthlich verdankt Uganda diesen alten verschollenen Einflüssen seine für Innerafrika hervorragende Kultur und die wunderbare Empfänglichkeit für jene Einwirkungen der Gesittung, die, sei es von Arabern, sei es von Europäern, in letzter Zeit dort versucht worden sind.

Als das Reich von Speke und Grant[WS 2] entdeckt wurde, kannte das Volk der Waganda bereits eine stattliche Reihe von Herrschern, und in der Nähe der Königsstadt Mengo erhoben sich zweiunddreißig pyramidenförmige Hütten, unter denen in kammerartigen Grüften die Mumien der letzten zweiunddreißig Könige des Landes bestattet lagen.

Dem entsprechend war hier auch die staatliche Ordnung fester gefügt als in anderen uns bekannten ostafrikanischen Gemeinwesen. Den Kern der Bevölkerung bildete wie überall die arbeitende Klasse und diese bestand hier in erster Linie aus dem „Mkopi“, dem Bauern; er zahlte in Bodenerzeugnissen die Abgaben und er mußte zum Speer greifen, wenn sein Herrscher sich in Kriege verwickelte. Das ganze Land war in eine große Zahl kleiner Kreise getheilt, an der Spitze eines jeden stand ein vom König ernannter Häuptling, ein „Mtongoli“; mehrere dieser Kreise bildeten eine Provinz, die von einem Oberhäuptling oder „Mkungu“ verwaltet wurde; die Leitung des Gesammtstaates lag in der Hand des Herrschers, des „Kabaka“. Diesem war zwar ein aus den vornehmsten Häuptlingen gebildeter Rath zur Seite gestellt, auf dessen Stimme er bei wichtigen Angelegenheiten Rücksicht nehmen mußte; im großen und ganzen war er aber ein Selbstherrscher, der frei über Leben und Gut seiner Unterthanen verfügte. –

Die Waganda bauen bis heute keine Häuser aus Mörtel und Stein; sie wohnen in den runden ostafrikanischen Grashütten, und auch ihre Oberhäupter bedienten sich desselben Materials, um ihre „Paläste“ zu errichten, auch deren Wohnhäuser waren Grashütten, nur im großen Stil. Trotzdem war die Residenz eines Kabaka geeignet, das Staunen des Europäers hervorzurufen. Die Könige liebten es, ihre Hauptstädte und Burgen auf Hügeln zu errichten, und da sah das Auge Tausende von Hütten und Gehöften zu einem großen Ganzen vereinigt, ein gewisser barbarischer Pomp und Prunk stellte sich dem Auge dar.

[623] Die Frauen eines Königs von Uganda zählten oft nach Tausenden; neben seinem Hofhalt befand sich derjenige der Königin-Mutter, einer in Negerstaaten angesehenen Persönlichkeit. Ferner bauten in der Nähe des Herrschers selbstverständlich die Minister ihre geräumigen Gehöfte für ihre zahlreichen Frauen und ihre noch zahlreicheren Sklaven; außerdem waren die Mkungu und Mtongoli verpflichtet, neun Monate in ihren Kreisen und Provinzen zu wirken, drei Monate aber in der Hauptstadt zu weilen. So waren die Audienzhöfe stets mit Menschen gefüllt, und in diesem Gedränge fehlten nicht Musikbanden und Spaßmacher. Außer den Hofleuten erschienen auch getreue Unterthanen mit Geschenken, die sie freiwillig dem Kabaka überreichten; mit Kühen und Ziegen und Hühnern stellten sie sich ein, ja Väter brachten ihre Töchter, um des Königs Haushalt zu mehren.

Daneben standen in alten Zeiten Abtheilungen von Soldaten, mit Speer, Pfeil und Bogen bewaffnet, mit allerlei Thierhäuten bekleidet, mit Kriegsfarben bunt bemalt. Und dieser Hof war kein Gemenge von nackten, schmutzigen Negern. Es gab von jeher eine Kleiderordnung in Uganda; jeder Unterthan mußte sich bei der Audienz in den „Mbugu“ kleiden, einen mantelartigen Umwurf aus Rindenstoff, und wehe dem Manne, der sich einen Verstoß gegen diese Vorschrift zu Schulden kommen ließ, er mußte der Todesstrafe gewärtig sein. Diese wurde am Hofe der Kabaka gar oft vollzogen, und an den Stufen des Thrones saßen stets die „Herren vom Stricke“, wie man die königlichen Pagen nannte, die zugleich Henkerdienste versahen und zum Zeichen ihres Amtes einen aus Stricken zusammengelegten Turban trugen.

Die Kabaka waren Heiden wie ihre Unterthanen; sie glaubten an Dämonen, welche im See, auf Bergeshöhen und in Bäumen hausen sollten; sie glaubten auch an Zaubermittel, durch welche die feindlichen Geister beschwichtigt werden könnten, glaubten an das Behexen und hielten sich für Propheten. Sie waren schlimme Traum- und Zeichendeuter und opferten Hunderte von Menschen auf einmal, wenn ihre geheimnißvollen Beobachtungen das zu verlangen schienen. Das Menschenleben war überhaupt feil in Uganda und niemand vor dem Zorn oder der Laune des Herrschers sicher. Zürnte dieser einem der Häuptlinge, so erhielt irgend ein anderer den Auftrag, den in Ungnade Gefallenen zu strafen. Eines Nachts erschien in dem Kreise oder der Provinz des Unglücklichen eine Truppenabtheilung, nahm ihn gefangen, legte Beschlag auf sein Hab und Gut und suchte in ähnlicher Weise die Bevölkerung des Bezirkes heim, die mit ihrem Häuptling leiden mußte.

Trotz dieser Willkürherrschaft wuchs Uganda von Geschlecht zu Geschlecht; es war ein wehrhaft eingerichteter Staat, der ein starkes bewaffnetes Aufgebot stellen konnte und seinen Nachbarn furchtbar wurde. Wie ein Halbmond lagerte sich das ursprüngliche Uganda um die Nordwestecke des Viktoria-Njansa, die beiden Hörner dehnten sich nach Süden und Osten aus. Die Nachbarländer wurden unterjocht, das tapfere Usoga mußte die Waffen strecken und der Wahumastaat Karagua wurde in ein Lehnsverhältniß gebracht.

Nur einen Rivalen hatte Uganda, der unbezwingbar blieb, es war das aus denselben Anfängen hervorgegangene, obwohl in der Kultur mehr zurückgebliebene Reich von Unjoro, das sich im Nordwesten von Uganda bis zum Albertsee erstreckte. Die Könige von Unjoro, eingesessen auf den Gründen des alten Kittarareiches, hielten die Kabaka von Uganda für Emporkömmlinge, und die mächtig gewordenen Herrscher der Waganda betrachteten umgekehrt die Nachkommen der alten Wawitudynastie von Unjoro als unbotmäßige Vasallen. Es herrschten daher, soweit die geschichtliche Kunde zurückreicht, fast unaufhörlich Kriege zwischen Unjoro und Uganda, in denen aber keiner der beiden Gegner über den andern einen entscheidenden Sieg zu erringen vermochte.

So waren die politischen Verhältnisse an dem Westufer des Viktoria-Njansa beschaffen, als die Wahumareiche aus ihrer Abgeschiedenheit heraustreten und mit fremder Gesittung in Berührung kommen sollten. Um die Mitte unseres Jahrhunderts saß auf dem Throne Ugandas Suna II., ein finsterer Herrscher, dem die Geschichte von Uganda in Anbetracht seiner Siege den Beinamen des Großen und in Anbetracht seiner maßlosen Wuth den des Grausamen beilegen könnte. Unter seiner Regierung kamen die Araber, von Tabora vordringend, zum ersten Male ins Land. Der Hof des Wahumakönigs blendete diese fahrenden Leute Afrikas, und sie wälzten sich vor Suna nicht weniger demüthig im Staube wie seine eigenen Unterthanen. Doch war der Einfluß der Araber um jene Zeit nur ein mittelbarer, sie brachten Erzeugnisse der Kultur ins Land und weckten in den Waganda ein lebhafteres Verlangen nach europäischen Stoffen, nach Glasperlen und Feuerwaffen.

Suna wurde krank; um den ihm feindlichen Dämon zu versöhnen, ließ er fünfhundert Menschen opfern, allein die gewünschte Heilung blieb aus, und als er eines Tages von einem Spazierritte heimgekehrt war, den er auf dem Nacken seines ersten Ministers unternommen hatte, rührte ihn der Schlag. Das geschah im Jahre 1860. Das Land athmete auf. Sunas Leiche wurde durch Räuchern zur Mumie verwandelt und ein neues Grabgemach für den zweiunddreißigsten Sprossen des Herrschergeschlechts errichtet. Dort legte man die Mumie mit den Waffen und Lieblingsgeräthen des Toten nieder, und zwölf schwarze Jungfrauen traten in der über dem Grabe erbauten Hütte die Totenwache an, die so lange währen sollte, bis man das Grab für den Nachfolger errichtet haben würde. Dann trat der große Rath „Lukicho“ zusammen, um aus den Söhnen Sunas einen neuen Herrscher zu wählen; die Wahl fiel auf einen gutmüthigen mildäugigen Jüngling: der sanfte Mtesa wurde Kabaka von Uganda. Indessen, der Jüngling gebrauchte die Macht, die ihm gegeben wurde, in grausamer Weise. Er ließ nicht nur seine Brüder morden, damit ihm niemand seine neue Würde streitig machen könnte – das wäre nach afrikanischer Anschauung nichts gar so Frevelhaftes gewesen und war althergebracht in Uganda – sondern er ließ auch diejenigen hinrichten, welche ihn auf den Thron gehoben hatten. Er war eine jener selbstischen und ehrgeizigen Naturen, welchen die Empfindung des Dankes fremd oder lästig ist, und erklärte rundweg, er wolle keinen Unterthanen um sich haben, dem er wegen irgend etwas sich verpflichtet fühlen müßte.

Im Jahre 1862 betraten die ersten Europäer, Speke und Grant, den Boden Ugandas, wo der junge Mtesa seine Herrschaft in blindem Wüthen mißbrauchte; als ihm z. B. eine seiner Frauen auf einem Spaziergange eine frisch gepflückte Frucht überreichte, übergab er die Aermste für diese „Frechheit“ den „Herren vom Stricke“. Mit der Zeit wurde Mtesa ernster. Die Einflüsse, die von außen nach Uganda kamen, gaben seinem von Natur aus hellen Geist eine andere Richtung. Ein arabischer Sklavenhändler Muley bin Salim ließ sich in seiner Residenz nieder, und Mtesa lernte viel von ihm: er gestaltete seinen Hofhalt nach arabischem Muster um, so daß die Araber meinten, er habe den Glauben des Propheten angenommen. Einige Jahre später erschien Stanley[WS 3] im Lande; Mtesa führte mit ihm gern religiöse Gespräche, erlaubte, daß in Uganda eine christliche Kirche errichtet wurde, und öffnete später sein Reich den Missionaren. Stanley glaubte, Mtesa zum Christenthum bekehrt zu haben – aber er irrte sich ebenso wie vorher die Araber. Der König blieb dem Aberglauben seiner Ahnen treu, weil dieser ihm am bequemsten war. Nicht die Religion, nur die Bildung Mtesas machte Fortschritte; er eignete sich das Kisuahili an, die Verkehrssprache Ost-Afrikas, er lernte von den Arabern schreiben, und seine Minister folgten seinem Beispiel. Er sah auch gern Weiße in seinem Lande, nicht nur wegen der Geschenke, die sie ihm brachten, sondern weil er wohl merkte, daß seine Waganda von ihnen viel Nützliches absehen konnten. So öffnete er wunderbarerweise dem Islam und dem Christenthum, den Katholiken und den Protestanten die Thore. Freilich, er duldete die Fremden nur, denn er hielt sich nach wie vor für den mächtigsten Fürsten der Welt und gab diesem Selbstbewußtsein den deutlichsten Ausdruck, indem er von der Königin von England eine ihrer Töchter zur Frau verlangte.

Unter Mtesas Regierung stand Uganda auf der Höhe der Macht; die Einwohnerzahl betrug etwa 5 Millionen. Keiner der Nachbarn wagte einen Angriff, und Mtesa brauchte selbst Gordon-Pascha[WS 4] nicht zu fürchten; zuletzt verfügte er sogar über eine uniformierte Leibgarde und über einige tausend Flinten.

Trotzdem gährte es schon unter seiner Regierung in Uganda. Die Mohammedaner hatten einen starken Anhang unter den Waganda, und ebenso fand das Christenthum unter den fleißigen Mkopi lebhaften Anklang. Nach Mtesas Tode sollte diese Gährung stürmisch werden und Uganda in eine Reihe von Bürgerkriegen verwickeln. Mtesa starb im Jahre 1884. Zu seinem Nachfolger wurde sein Sohn Muanga gewählt, scheinbar ein gutmüthiger Bursche, wie einst sein Vater; allein gleich diesem wüthete auch er in roher [624] Weise sofort nach seinem Regierungsantritt. Die Araber drängten sich an den neuen Herrscher heran und bewogen ihn, die Christen zu verderben; Muanga ordnete eine regelrechte Christenverfolgung an. Viele der schwarzen Bekenner Christi besiegelten ihren Glauben mit ihrem Blute und starben auf dem Scheiterhaufen einen qualvollen Tod, viele mußten sammt den Missionaren aus dem Lande fliehen. Inzwischen gewöhnte sich der König das Hanfrauchen und Trinken an und trieb es selbst den Mohammedanern zu toll, sodaß sie meuterten und den Gehaßten verjagten. Sie wählten nunmehr einen Bruder Muangas, Kiwewa, zum Kabaka, und als dieser ihnen nicht gehorchte, wandten sie sich an Karema, einen dritten Bruder, der Kiwewa gefangen nehmen und enthaupten ließ.

Der vertriebene Muanga ging zuerst zu den arabischen Händlern am Südufer des Viktoria-Njansa; er wurde aber hier so schlecht behandelt, daß er sich schließlich zu den französischen Missionaren in Ukumbi flüchtete. Vorher ein Verfolger der Christen, nahm er jetzt selbst das Christenthum an, und die versprengte Schar der Christen sammelte sich um ihn als um den rechtmäßigen Herrn von Uganda. Im April des Jahres 1888 pflanzte Muanga seine Standarte an der Mündung des Kageraflusses auf, die ugandischen Christen begannen den Kampf gegen den mohammedanischen Anhang Karemas. Die Schlachten fielen indessen nicht immer zu Gunsten der Christen aus und ihre Lage war eine bedrängte.

Um jene Zeit waren englische Expeditionen in der Nähe von Uganda angelangt. In Kawirondo im Nordosten des Viktoria-Njansa stand Jackson, der Beauftragte der Britisch-ostafrikanischen Gesellschaft, mit 500 Flinten; die Christen baten ihn um Hilfe, aber Jackson hatte nicht den Muth, in Uganda einzurücken. Um die gleiche Zeit zog Stanley mit den Geretteten, Emin und Casati, an der Südgrenze von Uganda vorüber, derselbe Stanley, der einst Missionare in das Land gerufen hatte. Eine Abordnung der Christen erschien in seinem Lager und rief seinen Beistand an, allein Stanley hatte eine heilige Scheu vor der Macht Ugandas und zog nach der Küste, trotz des Widerspruchs von Emin die schwarzen Christen ihrem Schicksal überlassend.

Kurze Zeit darauf erschien eine dritte Expedition im Osten des Viktoria-Njansa. Sie war, was die Zahl der Flinten anbelangt, die schwächste von allen. Es war die deutsche „Emin Pascha-Expedition“ und ihr Führer Dr. Karl Peters[WS 5]. Seine kleine kriegsgeübte und unerschrockene Schar hatte die wildesten Stämme des Ostens bezwungen, und der Ruf dieser Siege ging ihr voran. Als nun Peters von der Noth der Christen erfuhr, zögerte er keinen Augenblick, ihnen Beistand zu bringen. Sein Erscheinen inmitten des verwüsteten Landes war von den heilsamsten Folgen begleitet: Karema floh an die Grenze von Unjoro, Peters stattete den Christenkönig Muanga mit Pulver aus und erwirkte von ihm das Verbot des Sklavenhandels in Uganda.

Schon während seines kurzen Aufenthaltes hatte er die Freude, das schnelle Aufblühen des Landes beobachten zu können.

„Im Norden von Mengo,“ schreibt er in seinem letzten Werke, „war alsbald unter mächtigen Bäumen der tägliche Markt wieder eröffnet worden, und massenhaft, mit jedem Tage mehr, strömten die christlichen Flüchtlinge von allen Seiten in ihre Heimath zurück. Fast wie Blüthen nach einem Frühlingsregen schossen auf allen Hügeln Häuser und Dörfer wieder empor. Die breiten schönen Wege, welche mit Gras überwachsen waren, waren bald wieder gereinigt und gewährten den netten Eindruck, welcher allen diesen Ansiedlungen eigen ist. Ueberall wurde geschaufelt und gepflanzt, und, da merkwürdigerweise mit unserem Einzuge ins Land auch der Regen wieder gekommen war, so grünte und blühte es bald an allen Orten und Enden. Die Gemeinden beider Bekenntnisse gingen auch sofort an die Erbauung von Gotteshäusern. Das Symbol und der Segen des Kreuzes waren überall bemerkbar.“

Wir schließen hiermit die Geschichte des wichtigsten Negerreiches an den Ufern des Viktoria-Njansa. Die Saat, welche hier von christlicher Gesittung ausgestreut wurde, ist bereits aufgegangen; aber sie bedarf noch des Schutzes vor der rohen Gewalt der Araber. Die Anwesenheit der Deutschen an den Ufern des Sees, die von Emin gegründete Station und der Dampfer, der hinaufgebracht werden soll, werden ohne Zweifel mittelbar die Macht der Christen in Uganda stärken, obwohl dieses Land auf Grund des deutsch-englischen Abkommens nicht mehr zum Machtbereich von Deutsch-Ostafrika gehört. Die Hauptthätigkeit der Deutschen wird sich auf die mehr südlich gelegenen Länder erstrecken, unter denen Karagua, das Vasallenreich Ugandas, die hervorragendste Stelle einnimmt.

Anmerkungen (Wikisource)