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Auf der Gaisalpe

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: R. G.
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Titel: Auf der Gaisalpe
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 15, S. 457, 480
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[457]

Auf der Gaisalpe.
Nach dem Gemälde von Anton Braith.

[480] Auf der Gaisalpe. (Zu dem Bilde S. 457.) Die Melkarbeit auf einer Gaisalpe führt uns der Künstler mit überraschender Naturtreue vor Augen. Wer ist dem kecken, lebfrischen „Goasbuab’n“, der selten ein ganzes Stück Gewand, aber dafür fast ausnahmslos eine schneidige Hahnenfeder auf dem Hut und irgend eine alte Stummelpfeife sein eigen nennt, in den Bergen nicht schon begegnet! Der Ziegenhirt, kurzweg „Goaser“ genannt, ist so eigentlich der Proletarier unter dem originellen Völkchen unserer Hirten und Senner. Seine Behausung, die „Goasalm“, ist womöglich noch viel primitiver als die primitivste „Kühalm“. Wenn auf einer Gaisalpe nebenbei nicht auch gekäst wird, dann stellt sie sich in den meisten Fällen nur als ein mit einem Wetterdach versehener Unterschlupf dar, dessen Inneres nicht viel mehr enthält als den hölzernen Schragen für das Heulager und einen kleinen Feuerherd. Sobald es Frühjahr wird, werden die für die Alpe bestimmten „Goas“ gesammelt und aufgetrieben. Das Leben eines „Goasers“ läßt sich einen Tag nach dem anderen in sehr wenige Momente fassen. In aller Frühe Melken der Tiere, die über Nacht zumeist um die Almhütte lagern, und Auftrieb derselben auf die hochgelegenen Bergmahden. Ein Stück Käse und Brot wird als Proviant für den ganzen Tag mitgenommen. Was ihm von der Fürsorge für seine auf den Bergmahden verstreute Herde an Zeit übrig bleibt, kann der „Goaser“ zu seinem Privatvergnügen verwenden. Abends wird die versprengte Herde nach der Alm zurückgetrieben und dort wieder gemolken. Ein geübter Hirt hat schon in der zweiten Woche nach der Almfahrt seine Herde derart dressiert, daß ihr tägliches Einbringen ihm keine sonderlichen Schwierigkeiten bereitet. Das gilt allerdings mehr für Frühjahr und Sommer, wo die milchschweren Tiere aus eigenem Antrieb gern ihre Heimstätte aufsuchen. Im Herbst aber, der milcharmen Zeit, wenn die Gemsennatur in der immer kletterlustigen „Goas“ erwacht, ist es keine geringe Geduldsprobe, alle die zerstreuten und oftmals an den gefährlichsten Stellen verstiegenen Tiere wieder zu einer Herde zu sammeln. Daß der „Goaser“ einer kernfrischen und lustigen Menschenklasse angehört, ist allgemein bekannt. Sonst würde es schon das Schnadahüpfel beweisen:

„I bin a Goasbua, a junger,
Lass’ dem Teufel koa Ruah’,
Und die Engerln im Himmel,
Dö lachen dazua!“

R. G.