BLKÖ:Khünel, Anton

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Khuenburg, die Grafen
Band: 11 (1864), ab Seite: 236. (Quelle)
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Khünel, Anton (der Schattenspieler mit der Hand, geb. zu Brünn im Jahre 1673, gest. ebenda 10. Jänner 1754). Sohn wohlhabender Eltern, ließ er sich von einem Schwindel seiner Zeit, der damals vielbeliebten Goldmacherei und Aufsuchung des Steins der Weisen, hinreißen und vergeudete mit erfolglosen Versuchen seine ganze Habe. Haus und Hof waren auf solche Art durch Tiegel und Retorten in Rauch aufgegangen und Kh. stand im Jahre 1727 an der Schwelle des Greisenalters verarmt und hilflos da. Eines Abends, als er eben über seine trostlose Lage nachdachte und beim Scheine der Lampe verzweifelnd die Hände rang, wurde er auf die seltsamen Schatten [237] aufmerksam, welche seine Finger bildeten. Da durchblitzte ihn ein Gedanke, er sann weiter nach, begann zu versuchen, setzte die Versuche fort, und das Mittel, das ihn aus seiner Noth erlösen sollte, schien gefunden. Er übte nun diese Gestalten seiner Hand, ersann tausenderlei Schattenbilder durch Wendung einer oder auch beider Hände, wobei ihm höchstens noch die Rockärmel und Manschetten gute Dienste leisteten und nahm nun zum Gegenstande seiner künstlerischen Schattendarstellungen die biblische und auch die Profangeschichte. Erstellte die Schöpfung, Engel und Teufel, Adam und Eva, die Patriarchen und Propheten, Menschen und Thiere, kurz Alles mit den 10 Fingern seiner Hand dar, deren Schatten durch das Licht einer Lampe auf eine gegenüberstehende Wand geworfen wurde. Mochte die Phantasie der Zuschauer in nicht seltenen Fällen das nicht ganz klare Bild des Schattenspielmannes ergänzen geholfen haben, immerhin, seine Vorstellungen fanden Anklang, der Zulauf mehrte sich, und Kh. war bald der Mann des Tages. Im Jahre 1728 durfte er seine Kunst vor dem kaiserlichen Hofe in Wien sehen lassen und Kh. zählte den Prinzen Eugen, den Herzog von Bevern, die Fürsten Schwarzenberg und Liechtenstein und viele andere vornehme Personen des Inlandes und der Fremde zu seinen Zuschauern. In alle vornehmen Häuser wurde er berufen, um sein Schattenspiel aufzuführen. Dabei besaß Kh. die Gabe des Vortrages. Ein Prediger der Vergänglichkeit alles Irdischen, wobei er die Erfahrung für sich hatte, führte er die Ereignisse der Heiligen und der Weltgeschichte, mit seinen improvisirten Figuren vor und lehrte, daß alles Geschehene nur ein Schatten sei, sobald es aus der Gegenwart getreten, und der Vergangenheit anheim gefallen. Sein Vortrag war in Strophen abgetheilt, und sobald er eine Strophe geendet, brachte er mit merkwürdiger Schnelligkeit und Kunstfertigkeit die Finger in eine entsprechende Lage, so daß Bild und Strophe genau zusammentrafen. Im Sommer 1730 zeigte er seine Schattenbilder am chursächsischen Hofe und mit ebenso glücklichem Erfolge im Jahre 1732 gar vor dem Könige Friedrich II., der sich mit seinem Hofe zu Machenau befand und nicht geringe Belustigung an Khünel’s Figuren und Versen zu haben schien, da er ihn reichlich beschenkte und zur königlichen Tafel zog. Kh. scheint durch diese Darstellungen sich vollends aufgeholfen zu haben. Er kehrte dann nach Brünn zurück, wo er im Greisenalter von 81 Jahren starb. Sein Bild, welches d’Elvert im „Notizenblatt“ ausführlich beschreibt, befand sich viele Jahre im Garten des königlichen Richters Martin Cipps zu Brünn, Als aber der Garten später seinen Besitzer wechselte, ist das Bild Khünel’s abhanden gekommen. In einem lateinischen Hausjournale, worin sein Sterbetag angemerkt war, fand sich folgender Beisatz: Qui suo tempore parem non habuit, et ante eum nullus visus est.

Notizenblatt der historisch-statistischen Section der k. k. mährisch-schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde (Brünn, 4°.) 1860, Nr. 5. – Realis, Curiositäten- und Memorabilien-Lexikon von Wien (Wien 1846, gr. 8°.) Bd. II, S. 99. – Mährischer Wanderer (Brünn, Traßler, 4°.) Jahrgang 1811.