BLKÖ:Mersch, Johann Andreas von der

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 17 (1867), ab Seite: 403. (Quelle)
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Mersch, Johann Andreas van der (k. k. Oberst und Anführer der belgischen Revolution im J. 1789, geb. zu Menin in Belgien 10. Februar 1734, gest. zu Dadizeele, einem Landgute bei Menin, 14. September 1792). Er trat in jungen Jahren in französische Kriegsdienste und zwar in das Regiment La Marck, mit welchem er im siebenjährigen Kriege focht und bei mehreren Gelegenheiten sich ebenso durch seine Umsicht, wie Unerschrockenheit auszeichnete. Bei seiner Waghalsigkeit im Gefechte fehlte es nicht an Verwundungen, und er zählte deren nicht weniger denn vierzehn, von denen fünf auf dem Kopfe waren. Chevert, der ihm auf seinem Zuge in Böhmen mehr als eine gefährliche Expedition anvertraute, pflegte ihn nun den „braven Flammänder“ (mon brave Flamand) zu nennen. An der Spitze eines Freicorps bemächtigte er sich im Jahre 1759 der Stadt d’Arensberg, 1761 Cassel, bei welcher Gelegenheit mehrere Geschütze und viele Gefangene in seine Gewalt geriethen, auch entschied er den siegreichen Ausgang der Gefechte bei Warle und Hexter. In Folge seiner ausgezeichneten Waffenthaten wurde er Reiteroberst und Ritter des Kreuzes vom heiligen Ludwig. Im Jahre 1778 aber verließ er die französischen Dienste und trat in österreichische über. In diesen zeichnete er sich im schlesischen Kriege aus, nach dem Frieden von Teschen zog er sich aber mit dem Titel und der Pension eines kaiserlichen Obersten in seine Heimat zurück. Die von Kaiser Joseph II. wie allerwärts, so auch in den Niederlanden eingeführten Reformen, insbesondere die am Siegestage der Schlacht bei Kollin – 18. Juni 1789 – erfolgte Aufhebung der joyeuse entrée, hatte Unruhen hervorgerufen, welche den ernstlichsten Charakter annahmen. Die Malcontenten versammelten sich in Waffen zu Breda. Van der Mersch – der kaiserliche Oberst in Pension – stellte sich den Chefs der nationalen Bewegung sofort zur Verfügung. Diese waren Vonck, ein Advocat und der gemäßigteste von Allen, van der Noot, ein ausschweifender roher Rabulist, der mit Berlin und London in Unterhandlungen stand, und van Eupen, Domherr zu Antwerpen. Die Forschungen der neueren Zeit, namentlich die Schrift: „Resumé des negotiations qui accompagnerent la revolution des paysbas“ (Amst. 1841) haben den Schleier von diesen lange in ein politisches Dunkel gehüllten Vorgängen gelüftet, und es ist nun actenmäßig nachgewiesen, daß Regierungen, wie Holland und Preußen, keinen Anstand nahmen, sich mit einem Sujet, wie van der Noot, in Verhandlungen gegen Joseph und die „gefürchtete Macht des Hauses Oesterreich“ einzulassen. Dieß geschah, wie Geschichtsforscher schreiben, zwei Jahre vorher, ehe die conservativ-monarchische Politik den Kreuzzug gegen das revolutionäre Frankreich antrat, geschah zu einer Zeit, wo Joseph eine der größten europäischen Gefahren: das Festsetzen der russischen Macht in Constantinopel, abzuwehren suchte, indem [404] er als Alliirter derselben die der Türkei von Rußland und Oesterreich abzutrennenden Stücke auf ein billiges Maß zu beschränken bedacht war; geschah zu einer Zeit, wo er den Universalfrieden in Europa zu stiften vorhatte, indem er Frankreich sich selbst überlassen wollte, und er sanguinisch genug schrieb: „die anderen Herren denken nur zu sehr an sich selbst, zu wenig an Oesterreich“. Aus den Händen der drei obgenannten Häupter der Bewegung empfing Mersch den Befehl über ein Corps von etwa dreitausend Mann. Nachdem er den ersten Sieg bei Hoogstraaten erfochten, verlockte er die Oesterreicher nach Turnhont, griff sie mit Ungestüm an und bemächtigte sich ihrer ganzen Artillerie (27. October 1789). Dann unterstützte er, durch geschickte Bewegungen die Provinzen deckend, den Aufstand in Flandern und Brabant, bemächtigte sich mehrerer Plätze, drang in Namur ein (17. December), und schob seine Vorposten bis nach Luxemburg vor. Schon herrschte aber Zwiespalt zwischen dem souveränen Congreß der aufständischen Provinzen und dem General en chef, der auf eine bessere Verwendung der zum Solde der Truppen bestimmten Summen mit aller Entschiedenheit drang. Als dieser endlich ganz offen zu verstehen gab, daß er sich mit den Gutgesinnten in Verbindung setzen werde, um der Unordnung in der Verwaltung ein Ende zu machen, traf die Volkspartei im Einverständnisse mit den Agenten des Berliner Cabinets Anstalten, um ihn zu verdächtigen. Als er sich gar in Bewegung setzte, um die Pöbelexcesse mit seiner Mannschaft zu unterdrücken, klagte man ihn öffentlich des Hochverrathes an, und der preußische General Schönfeld, der sich den Ständen von Brabant zur Verfügung gestellt hatte, wurde gegen ihn mit einer Truppenmacht von 7000 Mann entsendet. Am 6. April 1790 standen sich beide Armeen gegenüber, jedoch kam es zu keinem Kampfe. Van der Mersch, den ein Theil seiner Officiere im Stiche gelassen hatte, ließ sich durch Vorspiegelungen seiner Feinde berücken. Am 8. April stellte er sich vor den Mitgliedern des Congresses. „Ich komme“, sprach er vor diesen, „aus freien Stücken und einzig in der Absicht, mich von den hartnäckigen Beschuldigungen, die man gegen mich schmiedet, zu reinigen, und meinen Kopf der Nation als eine Garantie meiner Treue anzubieten; wenn ich schuldig befunden werde, so muß er fallen, aber ich erwarte auch eine vollständige Sühne, wenn man mich des angeschuldigten Verbrechens nicht zu überführen vermag.“ Statt ihn vor ein Gericht zu stellen, wie er verlangt und gefordert hatte, beschränkte man sich einfach damit, sich seiner Person zu bemächtigen, ihn zuerst in der Citadelle von Antwerpen, dann im Kloster der Alexiner zu Louvain gefangen zu halten, worauf er erst, als gegen Ende des Jahres 1790 die österreichische Armee wieder einrückte, von dieser in Freiheit gesetzt wurde. M. hatte seine Rolle ausgespielt, zog sich nach Dadizeele, einem bei Menin gelegenen, ihm eigenthümlichen Landgute zurück, wo er den kurzen Rest seines Lebens – er starb schon zwei Jahre darnach im Alter von 58 Jahren – in gänzlicher Zurückgezogenheit und mit Aufzeichnung seiner Memoiren, verlebte. Diese letzteren wurden nach den von ihm beigestellten Materialien von einem seiner Officiere Namens Dinne zusammengestellt und in drei Bänden herausgegeben. Ihr Titel steht in den Quellen verzeichnet. Eine bereits sehr seltene, mit [405] schlechten Umrissen ausgestattete Schrift, betitelt: „Histoire secrete et anecdotique de l’insurrection belgique, ou Van der Noot. Drame historique en cinq actes et en prose. Dèdié à la Majesté le roi de Bohême et de Hongrie Traduit au flamand de Van-Schön-Swaartz Gantois, Par M. D. B.“ (Bruxelles 1790, chez les FF. de Vryheid et de Waarheid, VIII. u. 9– 238 S. 8°.), gibt in ihrer, wenngleich ganz ungeschichtlichen dialogisirten Form interessante[WS 1] Aufschlüsse über die belgische Bewegung jener Tage und ihre Rädelsführer. Auf S. 7 befindet sich auch van der Noot’s Bildniß, mit der treffenden Unterschrift: „Respice funem“, der fünfte Act aber tragt die Ueberschrift: „Van der Mersch ou le Triomphe du fanatisme“. Original und Uebersetzung sind im Jahre der Bewegung, 1790, noch ganz unter dem Eindrucke derselben, da den Autor noch nicht Einflüsse, der sie leitenden Persönlichkeiten irreführten, erschienen.

Mémoires historiques et pièces justificatives pour M. van der Mersch. 3 Bde. (Lilie 1791, 8°.).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: interressante.