BLKÖ:Vogel, Karl (Wirth)

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Vogl, Karl
Band: 51 (1885), ab Seite: 194. (Quelle)
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36. Vogel, Karl (geb. zu Wien), lebte Ende des achtzehnten und zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts und gab Veranlassung zu einer noch heute im Volksmunde vorkommenden Redensart. Er war Besitzer des seinerzeit berühmten Gasthauses „zum großen Zeisig“, welches am Burgglacis die Ecke des sogenannten Spittelberges gegen die Esplanade zu bildete. Den Beinamen groß erhielt es zur Unterscheidung von einem anderen am Spittelberge Nr. 81 gelegenen Wirthshause, welches „zum Zeisig“ schlechtweg genannt wurde. Das Gasthaus „zum großen Zeisig“ war sehr beliebt und verdankte sein Renommée dem ungemein jovialen Wirthe Karl Vogel, der seiner guten Geschäfte wegen von anderen Wirthen, besonders von einem zu St. Ulrich, welcher den Spottnamen „der Stieglitz“ führte, sehr beneidet wurde. Dieser Letztere, eine kleine mißgestaltete [195] Creatur. suchte jede Gelegenheit, seinen Groll an dem Wirthe „zum großen Zeisig“ auszulassen. Da kam das Jahr 1809 mit seiner Franzosennoth, und das Gasthaus „zum großen Zeisig“ litt beträchtlichen Schaden, namentlich durch die Kanonenkugeln von der Burgbastei. Als dann die Uebergabe der Stadt erfolgte, hatte der Jammer wohl ein Ende, aber der Schaden, den genanntes Gasthaus erlitten, war darum nicht minder groß. Vogel wurde in der Folge plötzlich krank, und die Gäste, welche um die Rivalität des „Zeisig“ und des „Stieglitz“ wußten, übernahmen es, den Nebenbuhler zu ärgern, und bedienten sich dazu eines vierstrophigen Liedes, welches ein junger Musensohn, ein täglicher Besucher des Gasthauses „zum großen Zeisig“ gedichtet hatte. Dieses Gedicht, dessen Schluß lautet: „Stieglitz, Stieglitz! Zeisig ist krank, | Hol’ mir den Bader. | Laßt ihm zur Ader, | Stieglitz, Stieglitz! Zeisig ist krank“, trug dann Ferdinand Raimund in Karl Meisl’s Posse: „Der lustige Fritz“ in der Wahnsinnsscene mit seiner bekannten Meisterschaft vor. So wurde es im großen Publicum bekannt, und die letzten Zeilen gingen in den Volksmund über und werden noch heute in Niederösterreich und auch anderwärts gegen Liebende oder sonst im Freundesscherze angewendet. Ausführlicher berichtet darüber die unten angegebene Quelle.

Wiener Courier, III. Jahrg., 1857, Nr. 304: „Wiener Volksfiguren“, Nr. 16: „Der Zeisig und der Stieglitz“ [oft wird statt Zeisig das Diminutiv „Zeiserl“ gebraucht; übrigens fehlt diese gar nicht unhäufige Redensart in Wander’s „Sprichwörter-Lexikon“].