BLKÖ:Helfert, Joseph Alexander Freiherr
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
---|---|---|---|
korrigiert | |||
<<<Vorheriger
Helfert, Joseph |
Nächster>>>
Hell, Camillo | ||
Band: 8 (1862), ab Seite: 254. (Quelle) | |||
Joseph Alexander von Helfert bei Wikisource | |||
Joseph Alexander von Helfert in der Wikipedia | |||
Joseph Alexander von Helfert in Wikidata | |||
GND-Eintrag: 11877381X, SeeAlso | |||
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
| |||
|
Vorigen; erhielt den ersten Unterricht im Elternhause, besuchte seit 1829 das Neustädter Piaristen-Gymnasium in Prag, wo er auch an der Hochschule die philosophischen und juridischen Studien beendete, die Zwischen- und Jahresferien zu kleineren Ausflügen und größeren Reisen benützend, auf denen er die westlichen Kronländer der Monarchie, den größten Theil von Deutschland, Belgien und Holland, einen großen von England, Frankreich und Italien kennen lernte. H. trat dann in den Staatsdienst und wurde am 20. December 1841 als Conceptsprakticant des böhmischen Fiscalamtes beeidet; am 3. November 1842, 22 Jahre alt. erlangte er die juridische Doctorwürde, bei welcher Gelegenheit er mit einer Inaugural-Dissertation: „Ueber den Heimfall, des Heirathsgutes“ die schriftstellerische Laufbahn betrat; 17. October 1843 zum Privatsupplenten seines Vaters für die Lehrkanzel des römischen und Kirchenrechtes ernannt, verwendete er sich vom Februar 1844 bis 1845 als Bureauprakticant beim Prager Criminalgerichte. 11. August 1846 wurde er als Conceptsprakticant der k. k. Hof- und n. ö. Kammerprocuratur zu Wien beeidet, am 8. Jänner 1847 zum Assistenten des Professors Hornig an der theresianischen Ritterakademie ernannt. Zugleich literarisch thätig, besorgte er die erneute Herausgabe von seines Vaters „Handbuch des Kirchenrechtes“ (3. Auflage, Prag 1848) und „Anleitung zum geistlichen Geschäftsstyl“ (Prag 1846, 8. Auflage unter Mitwirkung von Ed. Tersch 1858); veröffentlichte er seine zweite selbstständige Schrift: „Ueber den Gerichtsstand der minderjährigen Witwe“ (Wien 1847, Gerold); schrieb in der österreichischen Zeitschrift für Rechts- und Staatswissenschaft und betheiligte sich an dem damals begonnenen Kirchenlexikon von Wetzer und Welte (Freiburg 1847 u. f., Herder). Im Sommer 1847 erhielt er fast gleichzeitig eine der neu gegründeten weltlichen Präfectenstellen im Theresianum und den Ruf an die von der kais. Regierung jüngst übernommene Jagellonische Universität von Krakau, an der er die Lehrkanzel des römischen und Kirchenrechtes in der Eigenschaft als Supplent übernehmen sollte. Er entschied sich für das Letztere und trat im October 1847 sein Lehramt in Krakau an. Inzwischen war die Zeit des Umschwunges hereingebrochen, welche auch ihn aus dem stillen wissenschaftlichen Gebiete auf das lärmende Feld der Politik versetzte. Noch von Krakau aus richtete er, als ihm [255] die Frankfurter Frage eine der Einheit und den Interessen Oesterreichs verderbliche Richtung zu nehmen schien, mehrere Sendschreiben „an die Männer von Wien“, die aber in der überfluthenden Masse der Preßerzeugnisse jener Tage kaum in wenigen kleinen Kreisen zu einiger Beachtung gelangten. Nach frühzeitig (Mitte Juni 1848) geschlossenem Sommercurse kehrte er in seine Vaterstadt zurück, die er in dem unheimlichen Zustande nach den schreckensvollen Juniereignissen antraf, während zu derselben Zeit einige Fanatiker im nördlichen Böhmen das Bestreben anfachten, jene Theile loszureißen und an Sachsen anzuschließen. Damals ließ er in der Prager Zeitung anonym den Brief: „Prag an die Männer von Aussig“ erscheinen, der bei jenen Separatisten gewaltigen Zorn gegen ihn anfachte, während er ihm die Herzen von gleichgesinnten Patrioten aus dem Erzgebirge gewann. Da eben die Wahlen für den constituirenden Reichstag ausgeschrieben waren, so setzte er sich in Bewerbung und reiste nach Tachau, in dessen Wahlbezirke das Andenken seines dortherstammenden Vaters seinem ersten öffentlichen Auftreten wesentlich zu Statten kam und ihm, nicht ohne Kampf, den Sieg über mehrere einflußreiche Nebenbuhler verschaffte. In den Reichstag eingetreten, nahm er zuerst bei den Verhandlungen über den Kudlich’schen Antrag wegen Aufhebung des Unterthansverbandes thätigen Antheil. Seine Hauptrede am 23. August ward durch das aus einem Mißverständnisse Seitens der bäuerlichen Abgeordneten entstandene stürmische Intermezzo und die von ihm hiebei bewiesene Festigkeit eine der hervortretendsten des Reichstages. Sowohl durch diese und mehrere andere im Reichstagssaale gehaltene Reden, als durch thätige Betheiligung an den conservativen Clubbs trug H. wesentlich zu den Erfolgen jener Majorität bei, deren Wirken zuletzt im Patente vom 7. September 1848 dem von der radicalen Seite mit hartnäckiger Erbitterung angefochtenen Entschädigungsprincipe den Sieg erkämpfte. In der Sitzung vom 19. September entschied die Annahme des von ihm gestellten Antrages die Abweisung der ungarischen Deputation, deren Erscheinen im Reichstage kaum geeignet gewesen wäre, die ohnehin von vielen centrifugalen Elementen aufgewühlte Versammlung zu centralisiren. In der Abendsitzung vom 26. September trat er den Forderungen der Journalisten, welche einen eigenen Protest der Versammlung vorgelegt hatten und von einem Mitgliede des Reichstages in Schutz genommen wurden, allein mit aller Entschiedenheit entgegen. Nach dem 6. October verließ er Wien und wandte sich, einer schon früher unter den böhmischen Abgeordneten für einen außerordentlichen Fall getroffenen Verabredung gemäß nach Prag, von wo er bald darauf mit Dr. Franz Brauner [Bd. II, S. 125] an das Hoflager in Olmütz zur Ergebenheitsbezeugung der in Prag versammelten Reichstagsabgeordneten gesandt wurde. Nach Prag zurückgekehrt, wo er nach Palacky mit den nach Frankfurt zurückkehrenden Abgeordneten der Reichsversammlung Welker und Mosle eine jedoch erfolglose Zusammentretung hatte, wurde er nach Kurzem auf telegraphischem Wege nach Olmütz berufen und empfing dort von Fürst Felix Schwarzenberg die Aufforderung, das Portefeuille des Unterrichtes in dem zu bildenden neuen Cabinete zu übernehmen. Sich die Erklärung vorbehaltend, verließ er Olmütz abermals, ward aber nach wenig Tagen wieder [256] dahin telegraphirt und nahm von diesem Augenblicke an an allen Ereignissen des in der Bildung begriffenen Ministeriums Schwarzenberg-Stadion Theil. Die Uebernahme des angetragenen Portefeuilles beharrlich ablehnend, erbot er sich lediglich, bis der gesuchte Minister gefunden sein würde, einstweilen die thatsächliche Leitung der Geschäfte in der Stellung eines Unter-Staatssecretärs zu übernehmen. Unterm 11. October 1848 hatte H. von dem damaligen Gouverneur von Galizien, Zaleski, seine Enthebung vom Krakauer Lehramte erhalten, da als Grundsatz ausgesprochen wurde, daß anstatt der zum Vortrage in polnischer Sprache nicht befähigten Lehrer hiezu taugliche Docenten berufen werden sollten. Die mit seiner neuen Stellung verbundene Amtsthätigkeit gestattete ihm fortan nicht mehr, ununterbrochenen Antheil an den Verhandlungen des Reichstages zu nehmen, wenn er demselben auch nicht ganz fremd blieb. In den Berathungen über die Grundrechte trat er zweimal als Redner auf, am 16. Jänner 1849 über den §. 2 des Entwurfes der Grundrechte, die beabsichtigte Abschaffung des Adels betreffend, und am 2. März über die Stellung der Kirche, deren Rechte er gegen die Fesseln bureaukratischer Bevormundung, aber eben so sehr gegen die reformatorischen Zumuthungen des Reichstages in Schutz nahm. Am 6. März nach Wien berufen und nach wenigen Stunden von da mit Grafen Stadion nach Kremsier zurückkehrend, wurde einer seiner Aussprüche in jener der Reichstagsauflösung vorhergehenden Nacht Anlaß zu einem Angriffe, den er vor der Oeffentlichkeit zurückweisen zu müssen glaubte („Erwiderung u. s. w.“, Wien, gedruckt bei Gerold). Seine volle Thätigkeit konnte H. nun den Geschäften des Ministeriums widmen, dessen Portefeuille nach beinahe neunmonatlicher provisorischer Führung erst durch Grafen Stadion, dann durch Herrn von Thienfeld, im August 1849 zugleich mit jenem des Cultus in die Hände des Grafen Leo Thun kam. In der Neujahrsnacht 1850 veranlaßte ihn ein in einem Prager Blatte aus Palacky’s Feder geflossener Aufsatz über die Neugestaltung Oesterreichs auf föderalistischer[WS 1] Grundlage zu einer Gegenschrift unter dem Titel: „Oesterreich und die Nationalitäten“ (Wien 1850, Gerold). Vom Sommer d. J. an betheiligte er sich an der Begründung und Leitung einer böhmischen Zeitung in Wien (Videnský denník), welche die Tendenz verfolgte, nicht bloß die conservativen Interessen überhaupt gegenüber der zu jener Zeit theils ausgesprochenen radicalen, theils terrorisirt farblosen böhmischen Zeitungspresse zu verfechten, sondern auch vorzüglich das katholische Princip in entschiedenen Vordergrund treten zu lassen. Im letzteren Sinne gewann das Blatt tüchtige geistliche Mitarbeiter, namentlich in Mähren, und trat unter andern den viel verbreiteten „Kuttenberger Briefen“ des „Slovan“, deren Verfasser Karl Havliček [s. d. S. 98 d. Bds.], erfolgreich entgegen. In dem seit 1851 zu dieser Zeitung erschienenen literarischen Beiblatte „Vesna“ begann H. eine kritische Besprechung der Palacky’schen Darstellung der Hussitenzeit, die sich allmälig zu einer selbstständigen Behandlung dieses Stoffes, zu der in deutscher Sprache geschriebenen Monographie: „Huss und Hieronymus. Studie“ (Prag 1853, Calve) entwickelte, wovon auch eine čechische Uebersetzung in der von dem böhmischen Museum herausgegebenen „Bibliotheca novoceska“ erschien; derselben folgte bald darauf eine kleinere Schrift: „Ueber Nationalgeschichte [257] und den gegenwärtigen Stand ihrer Pflege in Oesterreich“ (Prag 1853, Calve). Die Muße der folgenden Jahre widmete H. eingehenden Forschungen und Studien über das Volksschulwesen im Kaiserstaate, welche er auch in dem umfassenden Werke „Die österreichische Volksschule“ (Prag 1860, Tempsky, gr. 8°.) niedergelegt hat und wovon bisher der 1. und 3. Band, der 1. Band auch unter dem Titel: „Gründung der österreichischen Volksschule durch Maria Theresia“, der dritte unter dem Titel: „System der österreichischen Volksschule“ erschienen sind. Als in jüngster Zeit (October 1861) durch das Auftreten der Čechen im Abgeordnetenhause des Reichsrathes der Nationalitätenhader im Kaiserstaate ergiebige Nahrung erhielt, veröffentlichte H., der nach Aufhebung des Unterrichtsministeriums Anfangs 1861 dem Staatsminister als einstweiligen Leiter der Unterrichtsangelegenheiten zur Dienstleistung zugetheilt wurde, zur Verständigung und Vermittlung der Parteien die Schrift: „Die sprachliche Gleichberechtigung in der Schule und deren verfassungsmässige Behandlung. Ein Versuch zur Verständigung“ (Prag 1861, Fr. Tempsky). Die wissenschaftliche Thätigkeit Helfert’s hatte seine Wahl zum Mitgliede mehrerer gelehrten Gesellschaften und zwar der Jagellonischen Akademie in Krakau (1848), der kön. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften in Prag, des histor. Vereins für Krain (März 1854), der histor. statist. Section der mähr. schles. Gesellschaft des Ackerbaues (1853), des Ateneo di Bassano (1854) u. A. zu Folge. Seine um den Staat und das Unterrichtswesen in demselben erworbenen Verdienste belohnte Se. Majestät der Kaiser durch Verleihung des Ordens der eisernen Krone 2. Classe (22. April 1854), welcher statutenmäßig mit Diplom vom 18. August dess. J. die Erhebung in den erblichen Freiherrnstand des Kaiserstaates folgte. H. ist bereits zum zweiten Male und zwar nach dem Tode seiner ersten Gemalin Wilhelmine Fügner aus Prag, mit Julie, Tochter des Hof- und Gerichtsadvocaten Andr. Ritter von Gredler (seit 29. Jänner 1853) vermält.
Helfert, Joseph Alexander Freiherr (Rechtsgelehrter und Unter-Staatssecretär im bestandenen Unterrichtsministerium, geb. zu Prag 3. November 1820). Sohn des- Jetztzeit (Wiener Wochenschrift, gr. 8°.) Herausgegeben von Dr. Meynert, 1855, Nr. 46, S. 728. – Oesterreichischer Kalender, herausgegeben von J. Auspitz (Brünn, gr. 8°.) II. Jahrg. (1856), S. 59. – Slovenske Noviny (Wiener polit. Journal, kl. Fol.) 1855, Nr. 132. – Verhandlungen des österreichischen Reichstages. Nach der stenographischen Aufnahme. 1848 (Wien, Staatsdruckerei, 4°.) Bd. I, S. 492 u. f.; Bd. II, S. 40, 271, 490, 669; Bd. IV, S. 48, 251, 419; Bd. V, S. 295. – Freiherrnstands-Diplom vom 18. August 1854. – Porträte. 1) Nach der Natur lithogr. von Prinzhofer (Brünn, Hauptmann, gr. Fol.); – 2) lithogr. von Mayßl (Brünn, 4°.) [auch im österr. Kalender von Auspitz]; – 3) lithogr. von A. Dauthage (Wien 1861, Paterno, Fol.). – Wappen. Ein silberner Schild, in welchem ein natürlicher linksgeneigter Lindenzweig mit seiner rechtsgewandten Blüthe und zwei links pfahlweise von einander gebogenen Blättern zu sehen ist. Auf dem Schilde ruht die Freiherrnkrone, mit einem darauf in’s Visir gestellten gekrönten Turnierhelme, aus dessen Krone ein dem im Schilde befindlichen ähnlicher Lindenzweig hervorwächst. Schildhalter. Zwei zurücksehende silberne Löwen mit ausgeschlagener rother Zunge auf einer unter dem Schilde sich verbreitenden goldenen Arabeskeneinfassung fußend. Devise. Um diese Arabeskenverzierung ein grünes Band. worauf in silbernen Buchstaben die Devise: „Delectat, fragrat, medetur“, im Hinblick auf die Lindenblüthe, deren Anblick ergötzt, deren Duft erquickt, deren Saft heilt, zu lesen ist.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: förderalistischer.