BLKÖ:Wiesberg, Wilhelm

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Nächster>>>
Wiesböck, Karl L.
Band: 56 (1888), ab Seite: 37. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Wilhelm Wiesberg in der Wikipedia
Wilhelm Wiesberg in Wikidata
GND-Eintrag: 140724702, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Wiesberg, Wilhelm|56|37|}}

Wiesberg, Wilhelm (österreichischer Volksdichter, geb. in Wien am 13. September 1850). Er verlor früh seinen Vater und bildete sich unter Leitung seiner Mutter, welche sich und ihn von ihrer Hände Arbeit ernährte, als Autodidakt, von ihr auch in der unersättlichen Lesebegierde, die sie mit dem Knaben theilte, unterstützt. Als er noch die unteren Schulen besuchte, verleitete ihn die wenngleich kindliche, aber sehr lebhafte Phantasie zu Reimereien. Das Talent des Knaben entwickelte sich in der witzig satyrischen Richtung immer wirksamer, und er zählte erst zwölf Jahre, als er mit Einsendung von Bilderideen für den damals sehr beliebten „Kikeriki“, ein Wiener Witz- und Spottblatt, welches O. Berg ins Leben gerufen, sein erstes Honorar verdiente. Nun war der Weg gefunden, und Wiesberg schritt auf demselben muthig weiter und sandte die Witzspiele seiner Phantasie, zu denen ihm das farbenbunte ewig lustige Wien reichlichen Stoff bot, an die verschiedenen Witzblätter der Residenz, wie „Figaro“, „Zeitgeist“, „Grader Michl“ u. s. w. Im Alter von 14 Jahren schrieb er die erste Kinderkomödie: „Fragaria, die Erdbeerenfee“, welche im März 1865 zum ersten Male in einer Nachmittagsvorstellung des Theaters an der Wien aufgeführt wurde, und in welcher der Verfasser zugleich als Schauspieler mitwirkte. Um diese Zeit lernte Wiesberg die damals sehr beliebten Volkssänger Nagel und Amon kennen und dichtete für dieselben, wie auch für andere Volkssänger, welche gerade in jener Zeit in verschiedenen Gasthäusern inner- und außerhalb der Linien auftraten, eine Menge Couplets, Duette, Intermezzos, komische Scenen, von denen manche recht wirksam waren und sehr populär wurden. Durch günstige Erfolge in seinem Vorgehen ermuthigt, schrieb er nun einige Einacter, welche im Fürst-Theater mit Beifall in Scene gingen. [38] 1870 ward er bei dem Wiener Witzblatte „Floh“, für das er jedoch schon seit mehreren Jahren Beiträge geliefert hatte, als ständiger Mitarbeiter aufgenommen, und er blieb bei demselben bis zum Jahre des „Krachs“ 1873, in welchem er zur Redaction der „Humoristischen Blätter“ von Klič übertrat. Einer Verringerung der Arbeitskräfte, welche letzteres Blatt vornahm, fiel auch er im September 1874 zum Opfer, und nun stand er vorab ohne Aussicht auf baldiges Engagement aussichtslos da. Schon vorher aber hatte er in verschiedenen Geselligkeitsvereinen öfter als Coupletsänger mitgewirkt, und waren seine Vorträge gewöhnlich sehr beifällig aufgenommen worden. Unter diesen Umständen sprang er schnell entschlossen vom „Pegasus“ auf das „Brettl“ und trat am 23. October 1874 zum ersten Mate als Volkssänger beim „goldenen Widder“ in der Leopoldstadt im Vereine mit Schieferl und Porkert auf. Schon im März des folgenden Jahres wurde er dann von Amon für dessen Singspielhalle als Hausdichter und Coupletsänger (auch Komödienspieler) mit einer Tagesgage von vier und später von fünf Gulden engagirt. In dieser Stellung lieferte er innerhalb vier Jahre eine stattliche Reihe von Couplets, Duetten, Soloscenen und die nicht minder ansehnliche Zahl von 72 Originalpossen. 1879 verband er sich mit dem Volkssänger Seidl, und nun traten Beide als selbständige Darsteller am 13. März genannten Jahres zum ersten Male in dem bekannten Gasthause zum „grünen Thor“ auf. Der Erfolg übertraf alle Erwartungen, und mit dem ersten Duett im Costum „Uns hab’n s b’halten“, welches sie im Mai vortrugen, war ihr Unternehmen gesichert. Von den Früchten dieser Verbindung sind bis jetzt in Krämer’s Musicalienhandlung in Wien 100 Couplets (in zehn Bänden) und 80 Duette (in acht Bänden) als Auslese erschienen. Auch hat der im Verlage von Wiener dramatischen Arbeiten aller Richtungen äußerst regsame Wiener Buchhändler L. Rosner Wiesberg’s ausgewählte Arbeiten unter dem Titel: „Mein’ Vaterstadt in Lied und Wort. Eine Sammlung von komischen Scenen, Intermezzos, Couplets etc.“ 1885 herauszugeben begonnen, wovon bisher fünf Hefte erschienen sind, welche unter den größeren Nummern die folgenden enthalten: „Der Polsterltanz. Posse mit Gesang“; – „Dämon Rausch. Komische Duoscene“; – „Die drei Verliebten. Schwank mit Gesang“; – „Frau Wienerisch und ihre zwei Zimmerherren. Zeitbild mit Gesang in 1 Act“; – „Vor der Lotterie. Schwank in 1 Act“; – „Wien vor hundert Jahren. Genrebild aus Wiens Vergangenheit“. Die darin vorkommenden Vorträge sind von allen Zoten frei, in durchaus anständigem Tone gehalten, aber voll Witz, Humor und echt wienerischer Gemüthlichkeit, eben jener Gemüthlichkeit, welche den eingeborenen nicht durch Kreuzung entarteten Wiener, den sogenannten „Urwiener“, zum Lieblinge Aller machen, die mit ihm in näheren Verkehr treten. Außerdem arbeitet Wiesberg seit einer Reihe von Jahren im „Wiener Extrablatt“ mit und hat in demselben zahlreiche Feuilletons, in welchen er das Wiener Leben mit lebendigen Farben schildert, veröffentlicht. Auch finden wir ihn als Mitarbeiter im ersten Jahrgange der illustrirten „Wiener Specialitäten“, welche wienerische Zeitung Mitte 1885 unter Redaction von August Parreyß zu erscheinen begann. Wenn wir Wiesberg’s Schaffen [39] im Gebiete des Volkssängerthums nach den uns vorliegenden Arbeiten desselben prüfen, so glauben wir ihn als Begründer und Vertreter einer edleren sittlicheren Richtung dieses Genres begrüßen zu sollen, welches bisher nur in der Zote und lüsternen Zweideutigkeit vegetationsfähig zu sein glaubte.

Porträt. In Medaillonformat auf den Umschlägen seiner periodischen Hefte „Mein’ Vaterstadt in Lied und Wort“ (Rosner, Wien), gez. von H(ugo) Ströhl.