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BLKÖ:Wiesböck, Karl L.

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 56 (1888), ab Seite: 39. (Quelle)
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Wiesböck, Karl L. (Maler, Restaurateur und Kunstantiquar, geb. wahrscheinlich in Wien oder doch in dessen Nähe im Jahre 1811, gest. in Wien am 22. August 1874). Ueber Lebens- und Bildungsgang dieses antiquarischen Sonderlings, über den selbst der in Wiener Sachen und Personen so bewanderte und wohl unterrichtete Friedrich Schlögl [Bd. XXX, S. 128] nichts Bestimmtes zu erkunden vermochte, liegen gar keine Nachrichten vor. Da Wiesböck zu Stetteldorf beerdigt worden, so meint Schlögl, daß derselbe wohl im Stockerauer Rayon das Licht der Welt erblickt haben dürfte. Auf dem an seiner Thür angenagelten Adreßschildchen nannte er sich Maler, und hierzu bemerkt Schlögl, daß Wiesböck diesen Titel kaum rechtfertigen konnte und sich höchstens Restaurateur nennen durfte. Doch sei er Copist gewesen, und zwar ein sehr gefährlicher, da er kostbare antike Originale bis zur ... Täuschung copirte. Nun, Maler war Wiesböck doch wohl, denn in der Jahresausstellung 1850 in der Akademie der bildenden Künste bei St. Anna in Wien hatte ein Karl Wiesböck, den wir mit unserem Antiquar, über welchen Schlögl die Frage aufstellt: „wer war der Mann?“, für ein und dieselbe Person halten, einen „Studienkopf“ (40 fl.), ein Landschaftsbild: „Pfarrthor von Gars im Kampfthale“ (30 fl.) und ein Genrebild „Vorbereitung zur Schule“ (120 fl.) ausgestellt. Wir sehen, er war als Maler in mehreren Sätteln gerecht. Ueber seine Herkunft gingen allerlei Gerüchte, Einige meinten, in den Adern des stattlichen Mannes rolle fürstliches Blut; Andere behaupteten – damit doch etwas Fürstliches an ihm sei – er sei ein fürstlicher Koch gewesen, und wieder Andere wollten wissen, daß er aus dem einen oder dem anderen Grunde – vielleicht auch aus beiden? – bis zu seinem Lebensende eine fürstliche Pension genossen habe. Seine eigentliche Stärke bestand im Kunstantiquariat, womit er dann auch – als dazu gehörig – das Restauriren alter Kunstwerke, seien es Kupferstiche, Holzschnitte oder Oelgemälde, verband. Er wohnte im rückwärtigen Hofe des Fokanederhauses, in welchem er seine antiquarischen Schätze verbarg, im wahren Sinne des Wortes verbarg, da er nur ganz vertrauenswürdigen Personen – und zu diesen zählte Schlögl, der uns Wunder über Wunder davon berichtet – den Einblick in das Heiligthum gestattete. Wiesböck betrieb sein Geschäft mit allem Eifer, indem er in allen Bauernstuben, bei allen Pfarrern auf dem Lande herumstöberte, alle Böden und Alcoven in ganz Nieder- und Oberösterreich durchschnupperte, das Geraffel und Gerümpel sämmtlicher Trödler durchwühlte und in Schmutz und Schimmel unter Fetzen und Trümmern oft die schmuckesten Raritäten fand. Dabei war er der Antiquar, wie er im Buche steht: riß alte Pergamentbände auf, um die Einbanddeckel – nach der alten Pappendeckelfabrication wurde Blatt auf Blatt aufgeklebt – bloßzulegen und dann [40] Blatt auf Blatt mühevoll sorgfältig abzulösen, bei welchem Vorgange er denn auch ein und das andere Mat einen Dürer oder sonst einen kostbaren alten Holzschnitt fand. Auch besaß er noch eine andere Haupteigenschaft des echten Antiquars. Das Blatt, welches er um etliche Groschen gekauft, pflegte er um ebensoviel Gulden und oft um weit größere Summen, wenn er den Liebhaber gefunden, zu verkaufen. Eine ganz besondere Vorliebe zeigte er für die Werke unseres Wiener Historienmalers Peter Johann Nepomuk Geiger [Bd. V, S. 123][WS 1], von dessen Blättern er eine complete Sammlung besaß, und darunter solche Schöpfungen, welche der Meister wohl selbst nicht hatte. Ueber diese Collection veröffentlichte dann Wiesböck auch einen ausführlichen Bericht, indem er von Geiger’s Werken im Genre der Radirung, Feder- und Kreidezeichnung und Xylographie eine erschöpfende Darstellung verfaßte, welche im 13. Bande des „Archivs für zeichnende Künste“ (Leipzig 1867) abgedruckt erschienen ist. Schlögl meint, daß Wiesböck, der mit der Feder nicht gut umzugehen verstand, hiefür wohl nur die Daten, aber diese mit minutiöser Genauigkeit geliefert habe, welche dann von der Redaction umgearbeitet worden, doch aber des Urhebers eingehendes Studium, Kennerschaft und umfassende Liebe für den Gegenstand darthaten. Im Uebrigen lebte Wiesböck wie ein Geiziger, der, wie unser mehrerwähnter Gewährsmann, welcher ihn über ein Vierteljahrhundert lang genau kannte, berichtet, aus Leidenschaft für Kunstwerke und aus Gier nach Geld krank wurde. Er gönnte sich selbst nur das Schlechteste, das heißt „Wohlfeilste“. Er rauchte den miserabelsten Knaster, der seine Umgebung zur Verzweiflung brachte; er frequentirte nur jene Kaffeehäuser, wo die Tassen am tiefsten und der Kaffee am billigsten war; er suchte alle Gasthäuser ab und blieb nur dort, wo Abzugbier geschenkt wurde und die Brodwecken am größten waren. Er zog sich in die dumpfigsten Souterrainlocalitäten zurück und unterhandelte dort mit den Kellnern, ihnen in langen Ansprachen klagend, daß er „seines Magenleidens wegen“ nur eine Speise vertragen könne: „gebratene Kalbsfüße“! Aber wenn sie aufzutreiben waren, durfte das Paar höchstens nur acht Kreuzer kosten, denn in Simmering zum Beispiel, wie er beschwor, bekam er es um sechs Kreuzer, und dort waren sie sogar größer. Kam dann durch Intervention einer barmherzigen Köchin das leckere Gericht, so trug er ein Exemplar von dem Parchen in den Speiszettel gewickelt nach Hause, um es beim nächsten Mittagmahle, das er sich selbst bereitete, in einen fünfmal aufgewärmten Kohl zu stecken, in welchem es dann als prächtiger Braten figurirte. Diese Schilderung unseres Sonderlings gibt wohl ein ziemlich treues Bild desselben. Als Wiesböck starb, zählte er 63 Jahre. Was mit seinen Sammlungen geschehen, ist uns nicht bekannt.

Schlögl (Friedrich). Wienerisches. Kleine Culturbilder aus dem Volksleben der allen Kaiserstaat an der Donau (Wien und Teschen 1883, Prochaska, gr. 8°.) S. 422 u. f.: „Wer war der Mann?

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: [Bd. X, S. 123].