Ballet Des Tages
Editionsrichtlinien
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Inhalt
[Vorsatzblätter]
[1] [Textdichter: Anton Ulrich Herzog von Braunschweig
mutmaßl. Komp.: Johann Jakob Löwe.][WS 1]
[2]
BALLET
Des Tages.
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[4]
BALLET
Des Tages /
Oder:
Aufblühende Frühlings-Freude /
In der Fürstlichen Braunschweigischen Residentz
und Hofe entsprossen /
über dem Hochwerthen und angenehmen
Geburths-Tage
Des Durchläuchtigen Hochgebohrnen Fürsten
und Herrn /
Herrn Augusti /
Hertzogen zu Braunschweig
und Lüneburg /
Als Seine Fürstliche Durchläuchtigkeit / durch
sonderbaren Beystand des Allmächtigen / bey gesundem Aufwesen /
und ruhigem lebhaften Alter / das Achtzigste Jahr glücklich hingeleget
und beschlossen / und vermittelst Gottes Gnade / den 10. Aprilis des 1659. Jahres / den ein und achtzigsten Geburths-Tag ihres hochrühmlichen Lebens / mit allgemeinem Frolocken des Landes / herrlich gefeyret und begangen. Wolffenbüttel /
Gedruckt bei denn Sternen.
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[Vorrede]
[6] DIe Meinung / so der weise Griche Bias von dem Menschlichen Leben geführet / indem er nach Diogenis Laërtii Zeugniß pflegte zu sagen: Man solte die Zeit des Lebens also abmessen / als würde man lange und kurtz leben: Zielet mehrentheils dahin / wie man genaw darauff zusehen habe / daß keine Zeit und Tag verlohren / oder auch unnützlich hingebracht werde: Gestalt kein grösserer Verlust in einiger anderen Sache sonst geschehen kan / indem / vermöge des Senecæ bekräftigung / alle andere Dinge uns frembde sind / die Zeit aber nur allein unser eigen ist. Dieses beobachtete gar wol Plinius der Ältere / daher / als er einsmahls seinen Enckel müssig hin und wieder spatziren sahe / ihm zurieff: Poteras has horas non perdere.[WS 2] Hingegen Democritus einen hurtigen und arbeitsamen jungen Menschen anschauende / urtheilete von ihm: Er richtete dem Alter das beste Gerüchte zu. Zugeschweigen / was vorerwehnter Laërtius von dem Philosopho Cleanthe schreibet / daß er so sparsam mit der Zeit umbgangen / daß er auch blos mit Wasserschöpffen bey Nacht-Zeit seine Nahrung gesuchet / nur damit er den Tag zu den Verrichtungen des Gemüthes anwenden / und sich gelehrter machen könte. Wiewol nun solchem billich von aller vernünfftigen Welt beyzupflichten ist / so gar / daß auch der Nachlässigkeit / wann sie überhand nimmet / unvermeidlicher Schade zu besorgen: Dennoch hat es nicht die Meinung / als ob alle Ruhe und Erquickung [7] des Gemüthes verboten sey / massen auch die Natur selber den Schlaff hierzu gewidmet / und die Heyden selbst / deren Verstand etwas höher gestiegen / solche Abwechselung der Arbeit und Ruhe gebillichet haben. In Erwegung dessen / findet gegenwertiges Ballet einen Grund seiner Vertheidigung / zumahlen es von einer Blühenden Gesellschaft Hoher Personen erstlich beliebet / und dann mit Zuziehung nöthiger Verpflichteten werckstellig gemachet worden / alles zu dem Ende / damit die gewöhnlichen Gescheffte dermahleins durch solche Lust abgewechselt / und dem blühenden Alter gleichsam versüsset würden. Vornemlich aber hat Anleitung hierzu gegeben / der numehr durch Göttliche Verleihung glücklich wiederkommende / und erscheinende erfrewliche Geburts-Tag / des Durchleutigen / Hochgebohrnen Fürsten und Herrn / Herrn AUGUSTI, Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg / unsers Gnädigen Landes-Fürsten / welcher nach ruhig-hingelegtem Achtzigsten Jahre Seiner Fürstl. Durchl. gesunden und kräfftigen Alters / der ein und Achtzigste an der Zahl ist / und / Vermöge vieler fromen Gemüther Wünschen / durch des Allerhöchsten Gnade / noch viel andere in gleichmässiger Glückseligkeit hervor-brechende Jährlich erfolgen lassen wird: Daß also bey so-thaner erfrewender beschaffenheit / der Zehende Tag Aprilis, hiesigen Landen und Leuten / lange Zeit und Jahre in frischem und vergnügtem Andencken verbleiben wird. Wann dann ein so hohes / und dabey Lebhafftes Alter / heutiges Tages fast seltzsam in der Welt anzutreffen / und gnugsam zu verstehen giebet / daß Seine Fürstl. Durchl. des Biantis oben-erwehnte Lehre / Zeit ihres Lebens / genaw beobachtet haben / und noch hochlöblich practiciren / gestalt sie dem Gemüthe [8] seine Verrichtungen / und dem Leibe seine Pflegung weislich abmessen / aller dinges jenes Römers Wahr-wort; Generosos animos labor nutrit,[WS 3] erfüllende: Als veruhrsachet erwehnter so werther Geburts-Tag bey der Hohen Personen vorgedachter blühender Gesellschaft / umb so viel desto grössere Freude / wie vielmehr Sie anderen hohen Häusern an dieser Glückseligkeit vorgehen / und nicht allein Deutsche / sondern auch auswertige Lande hiemit gleichsam trotzen können. Wird demnach jetweder vernünfftiger Zuschauer oder Leser die allzuscharffen Affecten ruhen lassen / und von gegenwertigem Wercke nicht anders / als milde und sittsam urtheilen / als welches eine öffentliche Anzeigung / und helle Bekentnis Ehr-erbietender Fröligkeit ist.
Und zwar / was dessen Inhalt anlanget / ist es etzlicher massen dem Geburts-Tage bequemet / indem es den Tag selbst mit den zwölff Stunden vorstellet / welche die hierüber-geschöpffete Frewde mit ihrem anmutigen Tantzen zu verstehen geben / daher es auch den Nahmen bekommen / daß es das Ballet des Tages genennet worden. Vor sich selbsten ist es eingerichtet in vier Zeiten des Tages / deren jetwedere ein absonderliches Theil vorstellet / durch voran-gesetzte Uhrheber und Aufführerinnen / dergestalt / daß die Früh-Zeit von der Wachsamkeit / der Morgen von der Embsigkeit / der Mittag von der Scharfsinnigkeit / der Neigende Tag von der Hoheit / aufgeführet und bedeutet wird. Wobey dann zugleich jetzt-gedachte Aufführerinnen / die Kindheit / Jugend / Mannheit / und graues Alter des Menschlichen Lebens begreiffen / zumahlen sie zum Theil mit solchen Personen und Verrichtungen begleitet werden / welche entweder jenen Tages-Zeiten / oder diesen Altern [9] können beygemessen werden. Wiewol hierinn der Freiheit dieser Erfindung nicht das geringste vergeben wird / allermassen dem Erfinder durchaus frey stehet / in dergleichen Dingen / so von der Vernunft und Menschlichem Gutdüncken herrühren / und bloß zur Erlüstigung des Gemüthes angesehen sind / nach seinem befinden zu verfaren: Womit dann auch / dem unzeitigen Urtheil (so welches widriges zu besorgen) begegnet wird / angesehen / damit auch Plinius nicht mit seiner oben angeführeten Rede offtermelter Hoher Gesellschafft unfreundlich zuruffe / hier alles in den Schauplatz alter mercklichen Historien weiset / und mit der in sich habenden Liebligkeit / ein fruchtbares Andencken und Erinnern nach sich zeucht / wie solches die Ordnung richtig ausweiset. Mit Erlaubnis des Caesars bequemen wir zu desto mehrem behuf hierauf / was er im andern Buch von dem Kriege wider die Gallos schreibet: Alle Menschen sind von Natur zur Freyheit geneiget: Daher auch des Quintiliani Urtheil nicht falsch / oder unserm Vorhaben undienlich / wan er ausdrücklich bekräftiget / daß die gezwungene Freiheit sey eine Art der Dienstbarkeit. Schlieslich ist man der Hofnung / es werde niemand so seltzamer Gedancken seyn / der dieser Hohen oftermelten Gesellschaft fröliches und wolgemeintes Vorhaben ungleich verstehen / sondern vielmehr mit ihr dem grauen Hoch-Fürstl. Haupte (in welchem alle die Uberschriften / so theils an dem Theatro, theils an der Vier Aufführerinnen Emblematibus zusehen / warhafftig und bestendig sich annoch mit höchster Verwunderung befinden) alles fernere gesunde Aufwesen / gesegnetes Wachsthum und unverenderliche stetsgrünende Glückseligkeit Dero Fürstl. Durchl. gantzen Hochlöblichen Hauses hertzlich anwünschen / und von dem Allmächtigen inbrünstig erbitten werde.
[Allgemeine Auszierung des Schau-Platzes]
NAchdem Seine Fürstliche Durchläuchtigkeit / unser Gnädigster Landes-Vater / sich aus dero Gemach in den Fürstlichen Saal erhoben / wird eine liebliche / von vielen Violen bestehende Music gehöret / und so balde von jetwedem / nach Standes Gebühr / die Sitze eingenommen / eröfnet sich der Schau-Platz / welcher zu beiden Seiten zwölf zierliche Pyramiden vorstellet / deren je Sechse und Sechse hinter einander Perspectivisch gesezzet sind: Zu Ende aber / und gleich Mitten / ist noch eine etwas höhere zusehen / daran eine Taffel hanget / auf welcher nach Art Alter Römischer Uberschriften / folgende Worte / mit grossen Goldenen Buchstaben zulesen:
[11] Die andern zwölf allbereit-erwehnte Pyramiden haben ihre absonderliche Emblemata und überschriften / welche zugleich auf diesen allgemeinen Titul zielen / und den Nach-Ruhm seiner Fürstlichen Durchläuchtigkeit vermehren. Und zwar ist an der Ersten Pyramide zusehen eine Jungfrau / welche Philosophiam repraesentiret / sitzende auf einem vierecketen / sich wol gründenden Steine / (zum Unterscheid der Fortun, die sonst auf einer unbestendigen Kugel gemahlet wird) diese helt in der Hand einen Lorbeer-Krantz / mit beygefügter Schrift:
Auf der Andern Pyramide ist gemahlet Bucephalus, des Alexandri Magni Pferd / gantz frey und unbendig springende / und reichet aus dem Himmel eine Hand den Zaum herunter / mit der Unterschrifft:
Auf der Dritten Pyramide ist ein verschlossener Tempel / und henget aus den Wolcken herunter an einer Ketten / ein Schlüssel / bis an die Thür des Tempels reichende: Die Schrift dabey heisset:
Die Vierde Pyramis weiset zwey Personen / die im Schach-Spiel ernstlich sich bemühen / dabey ein grosser Geld-Beutel mit der Schrift:
Die Fünfte zeiget einen grossen Wasser-Strohm / von den Bergen herab in ein ebenes Feld fliessend / dabey oben-werts / ein Hund einen Wolf verfolget / unten aber ein Lamb sicher trincket / das Merck-Wort ist:
Sechste stellet einen Pelican vor / welcher durch Eröfnung der Brust seine ermattete Jungen mit dem eigenen Blut nehret: Umb ihn von weitem richten etliche Leute einen Zaun auf zur Sicherheit wider die Nachstellungen. Die Buchstaben dabey heissen:
Siebende hat die Krieges-Waffen des Grichischen Helden Achillis, nachdem er vom Paride überwunden: Die Unterschrift ist:
[12] Achtes Emblema ist ein fliegender Adler / in den Klauen haltende einen Scepter und Schwerdt: Das Merckwort dabey lautet:
Neunde Pyramis hat einen leeren Königlichen Thron / mit unterschiedenen Stuffen erhöhet / und steiget von unten einer hinauf: Die Bey-Schrift ist:
Zehende stellet ein Schif vor mit vollen Segeln / daß von gutem Winde fortgetrieben wird: Die Aufschrift heisset:
Eilfte Pyramis zeiget eine Henne / welche ihre Jungen mit den Flügeln bedecket: über ihr / seitenwerts / wird von einer Hand ein Sack mit Getreyde ausgeschüttet / und stehet darunter:
Zwölfte Pyramis weiset einen aufgerichteten herrlichen Pallast / daran noch immerdar gebauet wird: Die Schrift dabey heisset:
Uber dieses ist noch auf einer jeglichen dieser Zwölff Pyramiden, oben bey der Spitzen / absonderlich ein Buchstabe gesetzet / welche zusammen Perspectivisch / und gleichsam in einem halben Circul gelesen / das Merck-wort machen:
Ist also dieses der Grund des Theatri, welcher mehrentheiles bestendig verbleibet / ausser das bey jeglicher Tages-Zeit letzter Aufführung der hinterste Schau-Platz einige Abwechselung vorstellet / wie solches an seinem gewissen Ort ordentlich zubefinden ist.
[Erster Theil]
Erster Theil.
DEr Tag / als Uhrheber dieser angestellten Geburts- und Frühlings-Freude / kommet in seinem bequemen Habit / alle fügliche Zugehör bey sich habende / auf den Schauplatz und singet unter dem Klang anmuhtiger Musicalischen instrumenten, folgendes Lied.
1.
ICH bin des Goldnen Titans Sohn /
Den ihm die Zeit gebahr /
Als der Europen-Führer / war
Sein Wirth im hellen Wolcken-Thron:
Ich bin ein Liecht der Welt /
Ein Vater aller Stunden /
Sonst keinem je verbunden /
Als Dir / August / Du Grosser Fürsten-Held.
2.
Vergönne mir Dein Fürstlich Hauß
Zu einem Frewden-Spiel /
Daß ich mein vorgesetztes Ziel
Mit rechter Lust kan führen aus /
Und deinen Lebens-Tag /
Darinnen du gebohren /
Und ich mich dir verschworen /
Mit meiner Schaar recht frölich feyren mag.
3.
Nur Deiner Thaten wahrem Ruhm
Geschiehet diese Lust /
Weil er der gantzen Welt bewust:
Er bleibt dein gröstes Fürstenthum.
Wo meine Straalen seyn /
Bey Abend oder Morgen /
Ist dein Lob unverborgen /
Zu dessen Grund leg’ ich den ersten Stein.
4.
Drumb ist Dir eintzig zugedacht /
Was hier wird vorgestellt;
Was unter meiner Hutt sich helt /
Und meines Glantzes Klarheit acht /
Sol Vierfach aufgeführt
Des Tages Ordnung zeigen /
Mit blossem Stilleschweigen /
Und diesem Fest thun / was sich Heut’ gebührt.
5.
Held / der Du numehr hingelegt
Das Achtmahl-zehnde Jahr /
Es wird dein Rühmlich-Weisses Haar
Noch lange tauren unbewegt /
Wann anders Tugend gilt:
Mit grossem Triumphiren
Wirstu den Scepter führen
In Deinem Land’ / als Jovis Ebenbild.
6.
Auf / meine Nymphen seid bereit /
Last dem Spiel seinen Lauf /
Der Tapffre Hertzog sieht schon drauf:
Komm / bring’ den Morgen Wachsamkeit /
Das Fest geht numehr an /
Der Schauplatz stehet offen /
Worauf der Printz wird hoffen /
Muß eilend seyn mit allem Fleiß gethan.
[15] Nach Endigung dieses Liedes / und entwichenem Tage / kommet die Wachsamkeit hervor / als Aufführerin des Ersten Theils / die Frühe Tages-Zeit vorstellende in gewissen Personen und Verrichtungen / die zu selbiger Zeit etwa geschehen pflegen / und in gesetzter Ordnung auf einander folgen: Ihr der Wachsamkeit Habit ist nach gehöriger Beschaffenheit zierlich / und führet sie in der Hand einen Schild / an welchem zwey Kraniche gegen einander über zusehen / in ihren Schnäbeln haltende eine Fahne / darauf zu lesen:
DEr Venus heller Glantz / der Eos zarter Schein /
Der Sternen lichtes Heer / die frühen Himmels-Kinder /
Der stille Silber-Tau / der Perlen Uberwinder /
Und was sonst liebliches in Feldern je kan seyn /
Das bawet meinem Muth den Grund- und Ehren-Stein.
Wann die Heliaden auslassen ihre Rinder /
Und Paris aufferwacht / der schönen Grichin Binder /
Wann Zephyrus die Luft gantz heiter macht und rein /
Bin ich / die Wachsamkeit / vorher schon aufgestanden:
Der Flora Blumen-Volck ehrt mich in allen Landen /
Und thut des Morgens bald die Knospen vor mir auf.
Mein munter Angesicht /der klaren Augen Sonne /
Ist aller Welt Befehl / Altar und Lebens-Wonne:
Mit meinem Blick zwing’ ich Adonis schnellen Lauff.
DIe Jugend bring’ ich hin / als ein gemeiner Knecht /
Doch mag ich gerne seyn bey diesen fromen Hirten /
Die mich zu Hauß und Hoff nach Bauren-Art bewirthen:
Vielleicht wird offenbahr noch künfftig mein Geschlecht.
DEn Himmel sprach mir ab die Ungestalt der Glieder:
Her / ihr Cyclopen / blaast die Glut nur tapfer an /
Wer fertig von der Hand / fein künstlich schmieden kan /
Dem muß noch günstig seyn / was ihm sonst war zuwider.
ICh bin der Albern Lachen /
Ein Spott der jungen Welt /
Die sich doch zu mir helt /
Und meiner Lehre rahtsam Ziel
Muß fassen / wann sie steigen wil:
Mein Schweiß und frühes Wachen
Verlieret manche Zeit
Mit Widerspenstigkeit.
Alhier öfnet sich der hinterste Theil des Schau-Platzes / und stellet den Berg Ida vor / wie er bey früher Tages-Zeit seine lustige Gegend entdecket: Die dabey-befindliche schöne Felder sind von Heerden Schafen hin und wieder anmutig erfüllet.
[17]Blühender Ida, beliebeter Hügel /
Deine Bewohner / das schnelle Geflügel /
Deine Gepüsche / das grüne Gezelt /
Deine Crystalle / so oben-auf quellt:
Deiner umb-irrenden Heerde Gedeyen /
Deine Cypressene helle Schalmeyen /
Machen uns heute zum Tantze bereit /
Bey der angehenden lieblichen Zeit.
Schmücke die Datteln / bekröne die Myrthen /
Stercke mit deinem Geruche die Hirten /
Trieffe mit Balsam von edeler Art /
Welche nicht Gargarus heute befahrt.
Kennstu den Paris und seine Gesellen?
Kennstu die Hürden / und eintzele Zellen?
Welche die Phrygische Schäffer erbaut /
Als Troja dir seine Blüte vertraut.
Vater der Früchte / und Mutter des Wildes /
Mysische Zierde des dicken Gefildes /
Bringe die Menge der Blumen hervor /
Heute zur Beute dem spielenden Chor.
Ander Theil
[18] Genius und Zephyrus, als gesamte Beförderer und Vermehrer gegenwertiger Geburths- und Frühlings-Freude / lassen sich mit freundlichen Geberden / und frolockendem Gemüthe auf dem Schauplatz sehen / und in dem der Violen Liebligkeit hierzu eingerichtet / singen sie so wol Wechsels-weise / als zusammen folgendes Lied.
Des Genii und Zephyri.
DEr Morgen ist nun fast vergangen /
Den uns die Frühe Wachsamkeit
Entzogen wider allen Neid:
Doch muß noch was sein angefangen.
Der Morgen? Ist er schon vergangen?
Ey lieber! Es ist ja noch Zeit /
Eh’ uns verjagt die Embsigkeit /
Was Angenehmes anzufangen.
Was Angenehmers ist zufinden?
Ist nicht der Theure Fürst August
Uhrhebers gnug zu unsrer Lust?
Den lasst uns heute mit anbinden.
August / der Teutschen Fürsten Sonne!
Wen geht nicht dieser Hertzog an /
Der was gelehrtes spielen kan?
Er ist der Musen gröste Wonne.
Er ists / der Heute ist entsprossen
Vor Achtmahl-zehen der Jahres-Zahl:
Ihm jauchzet Heute Berg und Thal /
Ihm dien’ ich Heute unverdrossen.
Ihm sol von meinem sanften Sausen
Die Luft gantz heiter / hell / und rein /
Feld / Wiesen / Gärten / lieblich seyn:
Kein Boreas sol Heute brausen.
O Fürst / der Alten Fürsten Krone!
Was Priamus an Ruhm erreicht /
Hat schon die Zeit von dir erweicht /
Sie opffert deinem hohen Throne.
O Fürst / der Klugen Fürsten Stercke!
Was Cyrus ehmals wol regiert /
Ist von dir weißlich eingeführt:
Auch Solon rühmet deine Wercke.
O Fürst / der Milden Fürsten Ehre!
Was Numa löblich hat gestifft /
Ist wenig / weil es übertrifft
Dein weiser Raht / und frome Lehre.
O Fürst / der Tapffern Fürsten Hoffen /
Was je Augustus hat gethan /
Das rührt kaum deinen Nachklang an:
Drumb steht dir auch ein Tempel offen.
O Fürst / des Landes Lust und Liebe /
Was Titus hat bey Rom erlangt /
Ist klein / weil dein Lob höher prangt:
Dann jenes in der Welt nur bliebe.
Komm Embsigkeit / komm doch geschwinde /
Und stelle dein gesamtes Chor /
Dem Gnaden-reichen Fürsten vor!
Er wartet deiner gantz gelinde.
[20] Nach schliessung dieses Liedes / und wann der Schau-Platz von ihnen verlassen / kommet die Embsigkeit hervor / als Aufführerin des Anderen Theiles / den volligen Morgen vorstellende in solchen Personen / die bey gedachter Morgen-Zeit ihre Verrichtungen etwa am meisten fortzusetzen pflegen / und der Jugend können beygerechnet werden: Sie die Embsigkeit ist mit gebührender Kleidung ausgezieret / und führet in der Hand einen Schild / darauf zwey Camelen zusehen / welche eine Last tragen / worüber stehet:
DEr Ariadnen Hand / Penelopen Gewebe /
Der Daphne keuscher Flor / der Castalinnen Kunst /
Rühmt meine frische Kraft / und Arbeit-volle Brunst:
Der Iphigenien Beweinung / Zeuxis Rebe /
Und diese Blüte Glantz / darinn ich jetzo schwebe /
Macht mir bey aller Welt gantz angenehme Gunst.
Ich hasse Müssig-gang / Betrug / und blauen Dunst:
Das zeugnis / so ich mir mit Recht und Warheit gebe /
Fliegt Himmel-an / und geht den Gratien weit vor.
Mein Fleis eröfnet gantz des milden Opis Thor.
Wer Reichthum / Tugend / Ehr’ und Hoheit wil geniessen /
Der schaue nur auf mich / das Bild der Embsigkeit:
Ich bin der Uberflus / die Fürstin junger Zeit /
Mich müssen Reich und Kron in ihr Gedächtnis schliessen.
DEr Helden Lob trag’ ich zur Ewigkeit /
Augustus lest sein Rom mir gnedig offen:
Es trieget nie die Demuth und mein Hoffen /
Mein Andis bleibt ihm pflichtig jederzeit.
WAs Witz ich kan ersinnen /
Was Wissenschaft gebiehrt /
Was Sonn und Mond berührt /
Wie weit es ist von hinnen /
Bleibt es doch unverborgen /
Dem Urtheil unsrer Kunst:
Gleichwol ist oft umbsonst /
Was wir vor andre sorgen.
KOmmt meine treue Schaar / Thessaliens Geblüthe /
Achilles kennet wol Eur tapferes Gemüthe:
War nicht der Chiron Wirth / als ich die Wissenschaft
Des Degens und Music einsaugte mit dem Saft
Der Kindheit meiner Jahr’? Ich bin ja Peleus Samen /
Von dem mein Pelias noch führet seinen Nahmen:
Die Pallas scheelte selbst die Rinde von dem Schaft /
So meinen Speer umbzog: Vulcanus gab ihm Kraft.
[22] Alhier öfnet sich der hinterste Theil des Schau-platzes / und stellet ein offenes Gemach vor / worinnen eine Taffel mit allerhand Instrumenten beleget / zusehen: Durch die Fenster aber zeiget sich dem Gesichte die lustige Landschaft Bœotia mit dem frischen Brunquell Aon / wie er bey volligem Morgen von den durchscheinenden Sonnen-Straalen gantz Silberfärbig fortfliesset.
SChöne Cephisische Felder und Auen /
Welche vom Helicon frühe betauen /
Welche von ferne begrüssen die Kluft /
Wo der Apollo die eigene Gruft
Ihm hat vorlängst erwehlt /
Uns Schwestern auch zu seinem Chor gezehlt:
Fruchtbare Wiesen / eröfnet euch heute /
Lasset die Flüsse der Heerde zur Beute /
Seid ihr schon unserer aller gewohnt /
Bleibet doch unter euch keine verschont /
Mit diesem Wiederhall /
Der sich vermengt der Freyen Künste Schall.
Herrscherin aller erleuchteten Sinnen /
Gäste der hohen Bœotischen Zinnen /
Welche die Straffe der Tugenden helt /
Lichter und Sterne der unteren Welt
Erkennt uns jederman /
Wer mit Vernunft jemals urtheilen kan.
Attische Schule / du Liebe der Jugend /
Wo wir im Schwange beschützen die Tugend /
Gönne nach Westen auch einigen Blick /
Zeige dem Welphischen Hause das Glück /
Das dir stets wiederfehrt /
Weil Phœbus selbst es heute so begehrt.
Dritter Theil
[23] DIe drey Heliaden, der Sonnen Töchter / als Beywohnerinnen dieser wehrenden Geburths- und Frühlings-Freude kommen / nach Verlassung der Sicilischen Gebirge / auf den Schau-Platz hervor / und erklären die Uhrsach ihrer Ankunft in diese Lande / mit einem angestimmeten / und von Instrumental-Music versterckten lieblichen Gesange.
1.
LIebste Schwestern / Sonnen-Kinder /
Lasst uns Heute doch der Lust
Frölich mit beywohnen!
Wer wil sich verschonen /
Wann der Welpher Fürst / August
Seines Lebens Erstes Licht
Feyerlich hat angericht?
Weide / wer da wil / die Rinder!
2.
Wer mag bey den Feisten Kühen
Immerdar der Hütter seyn?
Sind wir gleich bescheiden /
Stetig sie zu weiden:
Seht / wie ist die Luft so rein /
Auen / Felder / Berg und Thal
Blühen sattsam überal /
Und wir solten uns bemühen?
3.
Unsers Vaters lichter Wagen
Ist gleich jetzt zur Helffte hin /
Es wil Mittag werden
Auf der gantzen Erden.
Lasst uns länger nicht verziehn:
Was dem Fürsten zugedacht /
Muß bald werden ausgemacht /
Wollen wir ihm sonst behagen.
4.
Herr / Dein Ruhm hat uns bewogen /
Daß wir Typhons Vaterland
Und das Vieh’ verlassen:
Wie mag jemand hassen
Diese Gegend und den Sand?
Wo dein Fürstlich Regiment
Unser Vater stets durchrennt /
Wann Diana weg gezogen
5.
Wir sind des Apollo Kinder /
Die ihm Clymene gebahr /
Du wirst uns vergönnen /
Daß wir räuchern können
Deiner Tugend beym Altar:
Ist es uns gleich nicht gelückt /
Daß wir wurden so geschickt /
Als die klugen Kunst-Erfinder.
6.
Laß uns deinem Fest zuschauen /
Unsre Freundin dein Geschlecht
Ist nicht weit von hinnen /
Umb was zu ersinnen /
Wie sie diesem Fest sein Recht
Ferner thue nach Gebühr /
Und ein Lust-Spiel bringe für /
Auf den grünen Welpher-Auen.
7.
Ihr Verstand und reiff Bedencken /
Ist von fernen schon bekand /
Das hat uns gedrungen /
Und hieher gezwungen
In diß weit-entlegne Land.
Wann wir sie nur einst begrüsst /
Und so unsere Lust gebüsst /
Müssen wir zurücke lencken.
8.
Feyre / Herr / dis Fest so lange /
Als Apollo wiederbringt
Seinen goldnen Wagen /
Mit gewünschten Tagen!
Wann es Jährlich wieder klingt /
Wollen wir zur selben Zeit
Beystehn der Scharffsinnigkeit
Mit den Flöten und Gesange.
Als dieses Lied von den Heliaden beschlossen / und sie den Schau-Platz verlassen / trit die Scharff-Sinnigkeit hervor / als Aufführerin dieses dritten Theils / den Mittag vorstellende in solchen Personen / deren Gescheffte und Vorhaben gedachter Zeit / und etwa auch dem Männlichen Alter bequem fallen / und jemahls geschehen können. Sie die Scharff-Sinnigkeit ist wegen ihres zierlichen Aufzuges anmutig anzusehen / und führet in der Hand einen Schild / darauff zwey Lüchse gemahlet sind / habende über ihren Silbernen Halsbändern zusammen gefüget eine fliessende Taffel / worauf zu lesen:
DEs Jovis Tochter-recht / Minerven Schwesterschaft
Gab mir der Parcen Glück / bald als ich ward gebohren:
Mich hatte Grichenland vor andern auserkohren /
Ich gab der Siebenzahl der Weisen rechte Kraft.
Mein scharffer Sinn bezwang hochsteigend und sieghaft
Der Musen festes Schlos mit angesprengten Thoren /
Nun hab’ ich ihnen mich zur Freundin gantz verschworen /
So sehr vertieffet sich mein Geist im Nectar-Saft.
Wer wil das schöne Haus der schönen Seelen richten /
Kein Lob darf Mantua noch Sulmo mir ertichten;
Der Alabaster ziert das zarte Kunst-Gebäu:
Praxiteles erschrickt / Parrhasius erbleichet /
Weil sich den Lilien mein weisser Marmel gleichet.
So ist mein Seelen-Schlos noch allen Künstlern neu.
ZOrn / Hader / Schelten / Zancken /
Ist mein gewöhnlich Spiel /
Ich trau mir selber viel /
Wird aber jemand dancken
Dem tollen Unverstand?
Es fühlet meine Hand
Das gantze Haus-Gesinde /
Red’ ich fast nur gelinde /
Leuft Socrates geschwinde /
Und lesst mir Land und Sand.
ISt Troja doch bekriegt: Wie mus ich dann die Wellen
Der wilden Galathe noch fühlen? alles Feld
Der Ciconer hat schon versöhnet mein Gezelt:
Besucht ist Africa, bezähmt der Circe Bellen.
Wie kan dann Æolus sich noch zuwider stellen?
Polyxena macht mich zum Fremdling in der Welt /
Wo nicht Alcinous mich freundlich auffenthelt.
Wird erst Nausicaë sich wollen mir gesellen /
Ist Schiff und Segel da / mein Ithaca nicht weit /
Penelopen erlangt die edle Tapferkeit /
Die mir / an Pyrrhus stat / Achillis Rüstung schenckte.
Dulichium, du Lust / verlassen lange Zeit /
Wann Pallas nicht die Gunst Areten zu mir lenckte /
So würde noch dein Haupt Ulyssis letzter Streit.
HIer komt das rechte Wunder /
Maul / Nasen / Ohren / Stirn /
Haar / Hocker / aller Plunder
Verschimpfet mein Gehirn.
Wann nicht die schlimmen Knechte
Mir wehren zugesellt /
Würd’ ich als ein Geschlechte
Alleine vorgestellt.
Doch ist mein kluges Tichten
Dem Crœsus wol bekand /
Nach meinen Fabeln richten
Die Phryger ihren Stand.
[28] Alhier öfnet sich abermal zu hinten der Schau-Platz / und stellet einen Persianischen Garten vor / welcher mit seinen hohen schattichten Bäumen eine schöne Perspective zeiget: Die zu beiden Seiten gantz saubere und anmutige Gänge / werden von den frischquellenden Fontainen noch lieblicher gemachet: Auf der Erden aber / weil eben die Sonne oben am Himmel stehet / ist ein Mittages-Mahl / nach Persianischer manier zubereitet.
WEg Macedonien! weg / ihr Ægeer Städte!
Weg du Hephæstion, und Clytus, meine Räthe!
Hier giebet Persen-Land die recht-vergnügte Lust /
Die uns zu Hause war verwehrt / und unbewust.
Wer mag den zarten Flor der Persianerinnen
Ausschliessen aus dem Muth / und überwundnen Sinnen?
Der grosse überflus lockt ja die Fröligkeit
Mit aller Macht heraus bey dieser Mittags-Zeit.
Sind das die Gärten wol der dreyen Hesperinnen,
Wo Hercules bekam die Goldnen Aepffel drinnen?
Doch ist was köstlichers vor unsern Augen hier /
Gantz Asiens Pallast / Persepolis, die Zier.
Der Meder süsser Tranck / die klaren Porzellanen /
Sind die Ergetzligkeit den müden Sieges-Fahnen.
Jetzt wird nicht mehr gedacht Schwert / Lantze / Bogen / Pfeil:
Gastmahle / Seiten-Spiel / bleibt unsers Sieges Theil.
Wem dieses nicht gefellt / der mag Athen begrüssen /
Was vor Leonides gespart / tret’ ich mit Füssen:
Gantz Macedonien mag sagen / was es wil!
Der Persianer Tantz ist unser bestes Spiel.
Vierter Theil
[29] DIe Vier Menschlichen Alter / als ordentliche Pfleger des Lebens / wollen dieser blühenden Geburths und Frühlings-Freude ihre Vollkommenheit geben / derowegen sie auf dem Schau-Platz zugleich und auch Wechsels-Weise ein Jubel-Geschrey anstimmen / welches die Anmuth der darunter klingenden Violen noch lieblicher und angenehmer machet.
EIlende Sonne / bezähme die Pferde /
Steure den muthigen Thieren den Lauf /
Halte den leuchtenden Wagen doch auf /
Daß es so balde nicht dunckeler werde /
Gönne dem Tage / dem heutigen Licht
Mildere Straalen / aus einiger Pflicht.
Heute vor Achtzig erfülleten Jahren
Wurde der Welphische Fürste / der Held /
Meiner erwachenden Blüthe gesellt.
Solte man Heute die Freude versparen?
Dem meine Kindliche Liebe geschmeckt /
Dürfte wol eine Lust werden erweckt.
Eilende Sonne / bezähme die Pferde /
Steure den muthigen Thieren den Lauf /
Halte den leuchtenden Wagen doch auf /
Daß es so balde nicht dunckeler werde /
Gönne dem Tage / dem heutigen Licht
Mildere Straalen / aus einiger Pflicht.
Herr / deine fleissige Jugend gewohnte
Meiner sehr-Embsig-und hurtigen Art /
Als du dich mit der Minerva gepaart /
War keine Mühe die deiner verschonte:
Solte nicht dir / Du Aonische Zier /
Heute geschehen die rechte Gebühr.
Eilende Sonne / bezähme die Pferde
Steure den muthigen Thieren den Lauf /
Halte den leuchtenden Wagen doch auf /
Daß es so balde nicht dunckeler werde /
Gönne dem Tage / dem heutigen Licht
Mildere Straalen aus einiger Pflicht.
Herr / deine wichtige Männliche Thaten /
Deine scharfsinnige Reden und Schlus /
Gab ich dir eiferig unter den Fuß /
Leuten und Lande zum besten zu rathen:
Lebte noch Plato, er würde wol seyn
Heute der erste der frohen Gemein.
Eilende Sonne / bezähme die Pferde /
Steure den muthigen Thieren den Lauf /
Halte den leuchtenden Wagen doch auf /
Daß es so balde nicht dunckeler werde /
Gönne dem Tage / dem heutigen Licht
Mildere Straalen aus einiger Pflicht.
Herr / deine Graue ruhm-würdige Haare /
Herrliches Wesen / und Fürstliche Pracht /
Welche dich lange zum Wunder gemacht /
Schütze ich gerne noch fernere Jahre:
Deme zu folge / mus heute die Lust
Unserer aller auch werden bewust.
Eilende Sonne / bezähme die Pferde /
Steure den muthigen Thieren den Lauf /
Halte den leuchtenden Wagen doch auf /
Daß es so balde nicht dunckeler werde /
Gönne dem Tage / dem heutigen Licht
Mildere Straalen aus einiger Pflicht.
Ehre die mächtige Würde der Grauen /
Ehre das wachende Auge der Stadt /
Welche den Welphen zudancken es hat /
Mitten in Kriegen ihr feste zu trauen /
Welche die Seule des Landes umbgibt /
Fürstlicher Aufsicht und Hofe beliebt.
Herr / aller Kinder erthönendes klingen /
Herr / Aller Jünglinge Freudiges Spiel /
Herr / Aller Männer erbauliches Ziel /
Herr / aller Alten erneuretes Singen /
Rüstet sich Heute zu deiner Geburth /
Dorte bey Cyrrhe und Pegasis Furth.
Schicke zum eusersten Meere die Sorgen /
Ehe noch Hesperus über uns steigt /
Siehe die Hoheit ist schone geneigt /
Deine Palläste zum Tantze zu borgen:
Wehre mit nichten / O Grosser August /
Ihrer ersinneten Heutigen Lust.
[32] Nach geendigtem Liede / wann das Theatrum von den vier Altern wieder entlediget worden / kommet die Hoheit heraus / als Aufführerin dieses Vierten Theils / den Neigenden Tag vorstellende in solchen Personen / die mit Regiments-Sachen geschäfftig sind / und zum Theil können dem Grauen Alter zugeschrieben werden. Ihre / der Hoheit Auszierung / ist nach befindlichen Umbständen bequemet / und führet sie in der Hand einen Schild / darauf zwey gegen einander sich lehnende / und eine Krone haltende Lewen / gemahlet sind / dabey zulesen:
WEr die Semiramis in ihrer Herrligkeit /
Wer zu Carthago wil der Dido Scepter schauen /
Wer der Olympias ein würdig Grab wil bauen /
Das ihrem Helden-Fall gleichförmig sey bereit:
Der sehe meine Pracht / der Kronen eignes Kleid.
Mir untergeben sich die Starcken Adlers-Klauen /
Die Lewen wünschen sich mir sicher zu vertrauen.
Ich schütze mit Gewalt der Thronen Heiligkeit:
Regenten geb’ ich Macht / und Völckern die Gesetze /
Mit Unterthänigkeit verehrt mich jederman /
Andromache weis wol / was mein Abwesen kan:
Mir huldigt Indien, mir bringen Mohren Schätze.
Des Antoninus Haupt bekrön’ ich biß in Todt:
Ich Hoheit bin die Krafft der Helden in der Noth.
WIl Lacedæmon nun mein weises Regiment /
Das meine Majestät vertheidiget / erlernen?
Des Vaterlandes Glück ergetzet mich von fernen:
Wer mein auffrichtig Hertz zu Sparta völlig kennt /
Mag fragen / wie mein Thun die Pythia wol nennt?
Diogenes wird mich noch suchen mit Laternen.
Mein Ordnen und Befehl trägt Phocis zu den Sternen:
Des Landes Heyl ist es / das mir im Hertzen brennt.
Kom Periander, gib den Deinen meine Lehre /
So wird Corinthus wol bestendig sicher seyn.
Peloponnesus legt den Grund zu meiner Ehre /
Der Delpher Jugend wil zutragen Kalck und Stein:
Des Tempels Conterfey ist allbereit erdacht /
Worin Lycurgus sol zum Herren sein gemacht.
IHr Europæer schauet
Uns Amazonen an /
Ob der so kriegen kan /
Der Grosse Wälle bauet?
Der mit Imaus Klüfften
Sich schützet in den Lüfften?
Wir sind Bekriegerinnen
Der schwarzen Pontus-See:
Des Taurus lichter Schnee
Muß uns noch lieb gewinnen /
Die Wir mit Pfeil und Bogen
Die Mannheit angezogen.
Wer kan was von uns sagen /
Als was auf Loben zielt?
Was Asien verspielt
Darf man Europa fragen:
Wir sind die Amazonen /
Ein Wunder aller Kronen.
IHr tapfre Scythe,n meine Zier /
Die mir gefellet für und für /
Beliebet euch der Tugend Rath /
So greiffet nur frisch zu der That /
Eh’ wegen meiner Wissenschaft /
Die durch Gesetze wird bekand /
Und bessert unser Vaterland /
Der Mord-Pfeil endlich mich hinrafft.
NAchdem die Scythen ihren Tantz vollendet / lesset sich die Zeit sehen / als Mutter des Tages / dieses wehrende Ballet Seiner Fürstl. Durchl. bester massen anbefehlende / und die Ankunft des Tages mit allen zwölf Stunden vermeldende / in nachgesetztem Liede / welchem die Instrumental-Music sich gelinde untermenget.
DIe Wolcken flohen ferne /
Dampf / Hagel / Regen / Schnee /
Vergieng / die klaren Sterne
Beschienen Land und See:
Die Luft ward gantz gelinde /
Das Brausen legte sich /
Der scharffen Norden-winde /
Herr / als ich suchte dich.
Mein Kind / der Tag / erschiene
In lieblicher Gestalt:
Die Felder worden grüne /
Der Frost vergieng alsbald /
Als dein Geburths-Licht heute
Mit seinem Freuden-Schein
Ergetzte Land und Leute /
Und sie hies frölich seyn.
Herr / nim von meinem Sohne
Die Ehre gnädig an /
Er nahet deinem Throne /
So viel er immer kan.
Es ist nun fast geschehen /
Was dieses Fest befahl /
Doch soltu ihn noch sehen
Mit der zwölf Stunden Zahl.
Dir ist es übergeben
Was heute wird gespielt /
Auf den Geburths-Tag eben
Ist alles nur gezielt:
Du wirst nach Deiner Güte
Ein Urtheil fellen recht /
Aus Fürstlichem Gemüthe /
Von dem / was klein und schlecht.
Ich bin dir selbst verbunden /
HErr der du diese Welt
Und alles überwunden /
Was Reich und Kron erhelt:
Du hast weit überstiegen
Des Helicons Gebäu /
Wo Pegasus kan fliegen
Ist dir durchaus nicht neu.
Viel Tempel stehen offen /
Zu deinem hohen Ruhm /
Den Zweck hastu getroffen
Zum wahren Fürstenthum:
O Herr / dein Lob verbleibet
Nicht nur die kurtze Zeit /
Du bist schon einverleibet
Der Grauen Ewigkeit.
Nach aufgehöretem Singen / und entwichener Zeit / öfnet sich hinten der Schau-Platz / und stellet einen schönen und prächtigen Himmel vor / darinnen der Tag in der Mitten / und umb ihn her die zwölf Stunden zu sehen / welche zusammen das grosse Ballet tantzen: In gedachtem Himmel ist ein erhobenes Altar / welches von dem Tage Seiner Fürstl. Durchl. zu besonderen hohen Ehren vorher aufgerichtet / und von den Stunden mit Goldenen nachdencklichen Schriften ausgezieret worden / ihre Zahl in den absonderlichen Buchstaben begreiffende / welche zusammen schlieslich die Lobschrifft machen:
GRAND BALLET.
SOl jemals Nemesis die Tugenden vergelten?
Sol sie das übel-thun mit Straffe wircklich schelten?
Wird Hercules gerühmt? Saturnus Himmel-an
Erhoben / weil bey ihm der Goldnen Zeiten Bahn
In voller Blüte stund? Muß Romulus noch leben?
Muß noch Epirus Lob dem tapffren Pyrrhus geben?
Ist wol der Helden Zahl schon allbereit erfüllt /
Und etwa Diesem nur im Welpher-Kreis verhüllt?
Nein / Schöne Gegend / nein: Du hast auf deinem Throne
Gedachter Printzen Hertz / die Graue Fürsten-Krone /
Die Krone / die das Gold der andern Kronen prüft /
Und in dem Regiment der Weißheit sich vertieft.
Dis ist die Zwingerin / so Mich / und diese Stunden
Zu einer Frühlings-Luft auf Heute hat verbunden:
Dis ist der weisse Schnee / dem der Dione Gluth
In gröster Hitze nichts mit ihrem Schmeltzen thut.
Las die Ægyptier am Nilus-Strohm sich grämen /
Arabien mus sich mit seinen Nachbarn schämen /
Das ihre Klugheit nun das Welpher-Schlos erwehlt /
Und Dir / Du Weises Haupt / sich ewig hat vermählt.
Nim / Grosser Hertzog / auf mit gnädigem Belieben /
Der Stunden / und mein Spiel: Es hat uns angetrieben
Dein ungefärbter Ruhm / und diese Liebe Zeit /
Der Achtzig Jahre frist / deß Alters Würdigkeit.
So viel der Stunden hier im Tantze Dir sich neigen /
Wil jede deiner Ehr’ ein Ruhm-Gedächtnis zeigen:
Der Himmel stellet schon mit Goldnen Schriften dar /
Dir Landes-Vater / ein gantz-prächtiges Altar.
[Personenverzeichnis]
Ordnung der Personen / welche in diesem Ballet getantzet.
1.
I. Gr. Gn. Fräulein Anthonia Sibylla / Gräfin zu Barby und Mühlingen.[WS 4]
2.
Wilhelm Bernhard von Hille.
Adam Friedrich von Bornstedt.
Abraham Montherby.[WS 5]
3.
Hieronymus Im-Hoff.[WS 6]
Monsieur Stern.
Jacob Victor von Petersdorff.
4.
Ulric Roboam de la Marche, Tantzmeister.
Daniel Jacob de Ville neuve.
Andreas von Bernstorff.
Zacharias von Quetz.[WS 7]
Christoph Dieterich von Gadenstedt.
5.
I. F. Gn. Herr Anthon Ulrich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg.
I. Gr. Gn. Herr August Ludowig / Graf zu Barby und Mühlingen.[WS 8]
Friedrich von Lenthe.
Dieterich Christian von Lenthe.
Christoph Otto von Steube.
Friedrich Maximilian von Stain.
1.
I. F. Gn. Fräulein Maria Elisabeth / Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg.
2.
Monsieur Stern.
3.
Friedrich Maximilian von Stain.
Christoph Otto von Steube.
4.
I. F. Gn. Herr Anthon Ulrich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg.
Monsieur Stern.
Abraham Montherby.
La Merche Tantzmeister.
5.
I. F. Gn. Fräulein Sibylla Ursula / Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg.
I. F. Gn. Fräulein Maria Elisabeth / Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg.
I. F. Gn. Fräulein Loysa Amœna, Hertzogin zu Schleßwig / Holstein.
I. Gr. Gn. Fräulein Anthonia Sibylla / Gräfin zu Barby und Mühlingen.
Juliana von Molzan.
Magdalena Elisabeth von Penzen.
Margaretha von Gustedt.
1.
I. F. Gn. Fräulein Sibylla Ursula / Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg.
2.
La Marche, Tantz-Meister.
Adam Friedrich von Bornstedt.
Wilhelm Bernhard von Hille.
Daniel Jacob de Ville neuve.
Andreas von Bernstorff.
3.
I. Gr. Gn. Herr August Ludowig / Graff zu Barby und Mühlingen.
Francois Epstein.
Abraham Montherby.
4.
La Marche Tantzmeister.
Monsieur Stern.
Jacob Victor von Petersdorff.
5.
I. F. Gn. Herr Anthon Ulrich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg.
I. F. Gn. Fräulein Maria Elisabeth / Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg.
I. Gr. Gn. Fräulein Anthonia Sibylla / Gräfin zu Barby und Mühlingen.
Juliana von Molzan.
Friedrich Maximilian von Stain.
Christoph Otto von Steube.
1.
I. F. Gn. Frau Elisabeth Juliana / Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg / Gebohrne Hertzogin zu Schleßwig / Holstein.
2.
I. F. Gn. Herr Anthon Ulrich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg.
3.
I. F. Gn. Frau Elisabeth Juliana / Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg.
I. F. Gn. Fräulein Sibylla Ursula / Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg.
I. F. Gn. Fräulein Maria Elisabeth / Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg.
La Marche Tantzmeister.
Friedrich von Lenthe.
Dieterich Christian von Lenthe.
Monsieur Stern.
Francois Epstein.
I. F. Gn. Herr Anthon Ulrich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg.
I. F. Gn. Frau Elisabeth Juliana / Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg.
I. F. Gn. Fräulein Sibylla Ursula / Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg.
I. F. Gn. Fräulein Maria Elisabeth / Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg.
I. F. Gn. Fräulein Loysa Amœna / Hertzogin zu Schleswig / Holstein.
I. Gr. Gn. Fräulein Anthonia Sibylla / Gräfin zu Barby und Mühlingen.
Helena Sophia von Schrotenbach.
Margaretha Maria Urrye.
Maria Elisabeth von Königsmarck.
Magdalena Elisabeth von Penzen.
Margaretha von Gustedt.
Barbara Eva von Kram.
Magdalena Elisabeth von Stauff.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ handschriftlicher Vermerk
- ↑ Du könntest diese Stunden nicht verlieren.
- ↑ Die vornehmen Geister nährt Arbeit.
- ↑ Gräfin Antonie Sibylle von Barby, * 7. April 1641 in Rosenburg an der Saale; † 2. Mai 1684 in Sondershausen.
- ↑ Abraham de Montherby, 1682 Fechtmeister in Schleswig-Holstein.
- ↑ Hieronymus Imhoff, Hofrat Herzog Augusts, * 1606 in Nürnberg; † 1668 in Braunschweig.
- ↑ Zacharias von Quetz, Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, 10. Januar 1590 in Elstra bei Kamenz; † 1650 in Quetz, Kreis Bitterfeld.
- ↑ August Ludwig, letzter Graf von Barby, * 5. September 1639; † 17. Oktober 1659.